Ebrahim Raisi wurde in Peking von Xi Jinping empfangen.

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Wie komplex diplomatische und geopolitische Allianzen sein können, zeigt sich derzeit vielleicht nirgendwo besser als am Beispiel der iranisch-chinesischen Beziehungen. Am Dienstag ist der iranische Präsident Ebrahim Raisi zu einem dreitägigen Besuch in Peking eingetroffen. Dort bespricht er mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping, wie beide Staaten die Zusammenarbeit im Rahmen der Shanghai Cooperation Conference (SCC) und der Uno vertiefen können.

All das geschieht in einer Zeit, in der die Befürchtungen über die Entstehung einer Achse Peking–Teheran–Moskau wachsen. Die Volksrepublik beteiligt sich nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland und hat ihre Öl- und Gasimporte seit Beginn des Embargos deutlich erhöht. Der Iran liefert massenhaft Drohnen nach Russland, die Moskau zur Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur einsetzt.

"Malakka-Dilemma"

Die Verbindungen zwischen Peking und Teheran aber reichen weit über den aktuellen Konflikt hinaus: China steigert kontinuierlich seine Ölimporte aus dem Nahen Osten und versucht dabei, das "Malakka-Dilemma" zu lösen: Dies bezeichnet die Abhängigkeit vom Nadelöhr Singapur, das noch immer rund 80 Prozent der chinesischen Energieimporte passieren müssen. Der Iran spielt dabei eine wichtige Rolle – und das lässt sich Peking einiges kosten.

Der Iran gilt als eines der größten Empfängerländer der "Neuen Seidenstraße", Chinas geopolitischem Großprojekt, um seinen Einfluss global auszudehnen. Im März 2021 hatten beide Staaten eine Absichtserklärung unterzeichnet, wonach China in den kommenden 25 Jahren die gewaltige Summe von umgerechnet 400 Milliarden US-Dollar im Iran investiert.

Das Geld soll vor allem in Infrastrukturprojekte und in den Energiesektor fließen. Ein Hochgeschwindigkeitszug soll Qom im Nordosten des Landes mit der Hauptstadt Teheran und Isfahan verbinden. Derzeit befindet sich bereits eine Bahnstrecke von Teheran nach Mashad in Bau. Das von westlichen Investitionen abgeschnittene Regime kann das Geld aus China gut gebrauchen.

Pekings Annäherung an Riad

Gleichzeitig aber ist Teheran wenig erfreut über die jüngste Annäherungen zwischen China und Saudi-Arabien. Noch am Montag vor seiner Abreise hatte Raisi geklagt, die wirtschaftlichen Beziehungen seien hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Und während der iranische Präsident nach Peking gekommen ist, um mit mehr Geld nach Hause zu kommen, flog Xi Jinping im vergangenen Dezember persönlich in die saudische Hauptstadt Riad.

Auch hier ging es um Erdöl und die Möglichkeit, dieses in chinesischen Yuan anstatt in US-Dollar abzurechnen – was den Status des Dollars als globale Leitwährung empfindlich treffen dürfte. Die sunnitischen Saudis wiederum galten bisher wiederum als Erzfeinde der schiitischen Mullahs im Iran. Einen Zwischenstopp in Teheran aber hatte Xi nicht eingeplant.

Ballon-Affäre

Darüber hinaus hat Peking in den vergangenen Monaten ein Interesse daran gehabt, die diplomatischen Beziehungen zu den USA wieder etwas zu verbessern. US-Verteidigungsminister Antony Blinken wollte vor zwei Wochen eigentlich in Peking sein – hätte die Affäre um den Spionageballon dem Gipfeltreffen nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Besuch des iranischen Staatschefs dürfte in dieser Gemengelage nicht zur Entspannung beitragen.

In diesem Komplex versucht Peking das Beste für sich herauszuschlagen, in dem Fall sind das Öl, Einfluss und Absatzmärkte. (Philipp Mattheis, 15.2.2023)