Bedingung für ein Arbeitspapier sind laut Sven Hergovich "spürbare Verbesserungen". Dafür ist dem frischgebackenen SPÖ-Landeschef das Gespräch mit allen Parteien recht.

Foto: Robert Newald

Kurz nach den Verlusten bei der Landtagswahl in Niederösterreich sprang Sven Hergovich als SPÖ-Landesparteiobmann ein. Er befindet sich in intensiven Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer als Landesvize zu verhindern, schließt der 34-Jährige nicht zur Gänze aus.

STANDARD: Am Mittwoch gab es mit der ÖVP erste Verhandlungen. Beide Parteien sprechen von einem sehr konstruktiven Gespräch. Stehen die Zeichen auf Schwarz-Rot?

Hergovich: Das liegt allein an den Inhalten. Wenn wir zu guten gemeinsamen Lösungen kommen, dann freue ich mich. Wenn nicht, dann nicht.

STANDARD: Der SPÖ bleibt neben der ÖVP nur die FPÖ für eine Zusammenarbeit. Ist das eine Zwickmühle für Sie?

Hergovich: Das sehe ich gar nicht so. Für mich steht fest: Ich werde ein Arbeitsübereinkommen unterzeichnen, wenn es Verbesserungen für die Menschen in Niederösterreich bringt.

STANDARD: Die Ressorts in der Regierung werden mit einfacher Mehrheit beschlossen. Ohne Arbeitspapier wird das schwierig.

Hergovich: Genau deshalb ist es mir sehr wichtig, mit allen ein gutes Gesprächsklima zu haben. Das ist etwas, was die Politik total verlernt hat.

STANDARD: Ist es für Sie fix, dass Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau gewählt wird?

Hergovich: Mein Motto ist: Zuerst muss es um Inhalte gehen, erst dann um Personen.

STANDARD: Bleiben wir bei den Inhalten. Wann sagen Sie, dass es mit der ÖVP nicht geht?

Hergovich: Ich möchte klar sagen, dass am Ende substanzielle Verbesserungen spürbar sein müssen. Das ist für mich das Kriterium, an dem jedes Arbeitspapier zu messen ist.

STANDARD: Wann sind diese spürbaren Veränderungen für Sie erreicht?

Hergovich: Die sind zum Beispiel dann erreicht, wenn ich den nächsten Passanten, den ich auf der Straße treffe, ansprechen kann und er mir erklären kann, was sich in seinem Leben verbessert hat.

STANDARD: Kinderbetreuung ist in Niederösterreich ein großes Thema. Sie fordern, Kindergärten ganztägig und ganzjährig offen zu halten. Ist das Projekt realistisch?

Hergovich:Natürlich ist es realistisch, und es gibt sehr gute Konzepte, die man einfach nur umsetzen müsste.

STANDARD: Der Personalmangel in dem Bereich ist recht groß. Sind ganztägige Kindergärten nicht ein immenser Aufwand?

Hergovich: Politik wäre sinnlos, wenn wir nicht auch schwierige Aufgaben bewältigten.

STANDARD: In den nächsten Gesprächen mit der ÖVP ist das Thema Umwelt auf der Tagesordnung. Sind Sie für Temp 100 auf der Autobahn?

Hergovich: Ich stehe für die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs.

STANDARD: Auch die FPÖ ist ein möglicher Koalitionspartner. Ist eine Zusammenarbeit mit der FPÖ realistisch für Sie?

Hergovich: Ich spreche mit allen Parteien. Wenn es in Sachfragen gleiche Positionen gibt, dann nehmen wir das an.

STANDARD: Die FPÖ stellt auf jeden Fall einen Landesvize, der Landtag muss das mit einfacher Mehrheit bestätigen. Werden Sie Udo Landbauer zum Stellvertreter wählen?

Hergovich:Ich werde Udo Landbauer unter keinen Umständen zum Landeshauptmann wählen. Ich schließe auch aus, Gottfried Waldhäusl zum Landesrat zu wählen.

STANDARD: Sie sagen, Sie wollen Herrn Landbauer nicht zum Landeshauptmann wählen. Als Landesvize ist er okay?

Hergovich: Laut Landesverfassung steht der zweitstärksten Partei der Posten zu. Das heißt, die FPÖ darf hierfür jemanden nominieren. Wir werden uns jedenfalls gut überlegen, wie wir vorgehen.

STANDARD: Die Verfassung verbietet aber nicht, die Wahl des Vize zu verweigern. Wäre das eine Option?

Hergovich: Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Mein Ziel ist es, eine Lösung zu erreichen, der wir zustimmen können.

STANDARD: Wäre es nicht für die Verhandlungen einfacher, den Proporz abzuschaffen?

Hergovich: Ich bin ehrlicherweise in der Frage des Proporzes noch unentschlossen. Ich finde, es spricht viel dafür und auch einiges dagegen.

STANDARD: Vor zwei Wochen haben Sie in einem "Presse"-Interview von strukturellen Problemen in der Sozialdemokratie gesprochen. Welche sind das?

Hergovich: Das heißt, dass wir zu viel belehrt und zu wenig zugehört haben. Ich möchte wieder eine ehrliche sozialdemokratische Politik machen, die die Interessen der arbeitenden Menschen klar in den Mittelpunkt stellt.

STANDARD: Sie haben Ihr Regierungsteam neu aufgestellt und sprechen von Erneuerung. Franz Schnabl bleibt aber im Landtag. Wie passt das zusammen?

Hergovich: Franz Schnabl hat Anspruch auf das Mandat, und es ist seine Entscheidung, es anzunehmen.

STANDARD: Sind Sie Team Doskozil oder Team Rendi-Wagner?

Hergovich: Ich bin Team SPÖ.

(Max Stepan, 16.2.2023)