Das Klischee ist wie immer simpel: Man schafft ein Wohnmobil an, um damit durch die Gegend zu fahren und stehen bleiben zu können, wo man will, und die grenzenlose Freiheit zu genießen, den herrlichen Blick auf die Berge schon in den frühen Morgenstunden. Welch ein Tageserwachen! Oder: der Sonnenuntergang hoch über dem Meer, welch betörende Himmelsröte! Doch das wahre Leben sieht immer öfter anders aus: Eingezwängt zwischen anderen Traummännlein und Traumfräulein steht man auf einem Parkplatz inmitten eines Autobahndreiecks, der sich Wohnmobilstellplatz nennt, und hofft, dass die Nacht doch wenigstens im Schlaf vorübergehen möge.

Ich wähle für die Zukunft den Wohnwagen, hänge ihn ans Auto und rate Ihnen eindringlich: Gehen Sie ins Hotel!

Foto: Eriba

Es ist vorbei mit dem abenteuerlichen Luxusvagabundendasein. Oder anders gesagt: Das hat es ohnehin nie wirklich gegeben, hat schon seinerzeit überwiegend als romantische Vorstellung existiert. Bereits in den 80er-Jahren war man nie sicher, dass gleich ein Wachdienst, ein Jäger, die Polizei oder gar das Militär um die Ecke biegt, heftig ans taunasse Fenster pumpert und Rechenschaft über das "wilde Campieren" einfordert. Außer im hohen Norden ist Übernachten im Auto außerhalb von Campingplätzen sowieso schon lange praktisch überall in Europa verboten. Und selbst, wenn man ausnahmsweise im Recht wäre, hilft dies wenig, wenn der muskelbepackte Glatzkopf gegenüber bewaffnet ist oder zumindest eine Schreckschusspistole trägt.

Krass verschärft hat sich die Situation nun in den letzten Jahren durch den gewaltigen Wohnmobilboom. Die schönen Campingplätze sind in der Hochsaison voll, um nicht zu sagen: überfüllt. Die Wohnmobilstellplätze trotz rapid zunehmender Zahl ebenso. Corona wirkte noch zusätzlich wie ein Turbo. Die Leute glaubten nämlich, ein Campingplatz sei ein besonders sicherer Ort gegen Ansteckung. Auch das war nur eine romantische Vorstellung. In den Duschen und Toiletten geraten fremde Menschen erst recht auf Tuchfühlung oder klatschen gleich halb nackt aufeinander.

Hohe Flexibilität beim Reisen und technisch in erstklassigem Zustand: Rarität Wingamm Ibis, Baujahr 1996, wenige Kilometer.

Foto: Rudolf Skarics

Im Grunde kann man sagen: Wenn man Camping mit einem Urlaub im Hotel oder einer netten Pension vergleicht, ist es nicht wirklich zu empfehlen. Oder sagen wir so: Es gibt keine plausiblen Gründe, sich einen Transporter zu kaufen, um darin in einem zu schmalen und zu kurzen Bett zu schlafen, zu essen, fernzusehen, egal ob in der Luxusvariante oder selbst ausgebaut. Was man bei den Übernachtungsgebühren und durch Selberkochen einspart, geht mindestens durch den Erhalt des Fahrzeugs und die Mehrkosten für den Sprit drauf. Und in Sachen Umweltbelastung ist Camping auch nicht unbedingt der ideale Ansatz zur Weltverbesserung.

Es gibt immer was zu tun • Und trotzdem: Wer einmal von diesem Thema erfasst wurde, kommt schwer wieder davon los. Da helfen keine rationalen Erkenntnisse. Diese unmittelbare Verbindung von drinnen und draußen, die Füße direkt morgens in den feuchten Tau zu strecken, das Essen über offenem Feuer, sprich Gasgrill, zuzubereiten, ohne dafür auch nur fünf Meter zu gehen, das hat schon was. Und fad wird es den ganzen Urlaub nie, es gibt immer was zu reparieren.

Wer auf Stealth besteht, kann sich auch mit dem Van inklusive Klappdach zufriedengeben.
Foto: Michael Marchetti

Aber der Zugang kann sich ändern. War ich bisher der rastlos Reisende, für den das Wohnmobil die besten Voraussetzungen bot, gewinnt mit zunehmenden Lebensjahren Komfort eine höhere Bedeutung – und auch die Möglichkeit, an einem Ort länger zu verweilen. Seit man auf den Campingplätzen in der Hauptsaison schon Monate im Voraus einen Platz reservieren muss und für spontanes Reisen immer weniger Raum bleibt, kann ich natürlich auch mit einem sperrigen Wohnwagen dorthin fahren. Seit ich bemerkt habe, dass das Mitschwimmen mit den Lkw-Kolonnen auf der Autobahn ein ziemlich entspanntes Reisen garantiert, stört es mich auch nicht mehr, ein wenig länger bis ans Ziel zu benötigen. Auch sind die Platzverhältnisse in einem Wohnwagen für längere Aufenthalte etwas entspannter, und in der Regel ist das Bett besser.

Und das Allerwichtigste, mein vorrangigster Beweggrund: Ich habe am Urlaubsort mein Auto für Ausflüge zur Verfügung. Denn schon die Mitnahme eines Motorrollers bedeutet in den meisten Fällen, das Wohnmobil zu überladen. Dann braucht man erst recht wieder einen Anhänger. Hat man nämlich sein Wohnmobil erst mal am Zielort festgebunden, kommt man damit nicht mehr so leicht los. Das ist eine Tatsache, um die sich alle Entscheidungen drehen.

Für das sogenannte Van-Life kommt ein Wohnanhänger, wie der Name schon verrät, auf keinen Fall in Frage.
Foto: Raphael Poeham

Dabei ist das Fahren mit einem Wohnwagenanhänger noch kein Problem, das Einparken auf dem Campingplatz aber durchaus. Es soll Leute geben, die kaufen sich ein Wohnmobil, weil sie sich den peinlichen Auftritt beim Rangieren des Wohnwagens ersparen wollen. Früher, als noch fast alles besser war, sind die Platznachbarn herbeigeeilt, um beim Justieren des Wohnwagens auf dem Stellplatz zu helfen. Seit es diese sogenannten Mover gibt, die Elektromotoren, die man an die Räder klemmt und damit ferngesteuert einparken kann, ist die gute Sitte verschwunden. Das muss man mit Wohnwagen schon wissen. Kurzum, es gibt heutzutage mehr Häme auf dem Campingplatz als Hilfe, wenn etwas schiefgeht.

Trotzdem wage ich den Umstieg auf den Wohnwagen. Und warum ich Ihnen trotzdem von Wohnmobil und Wohnwagen gleichermaßen abrate? Damit wieder ein bisschen Ruhe einkehrt auf den Campingplätzen! (Rudolf Skarics, 21.2.2023)