Da es allmählich zur Selbstverständlichkeit wird, Gesamtbilanzen zu erstellen, erfahren wir nun auch leichter, was alles noch zur CO?-Bilanz beiträgt außer das Benzin, das wir beim Fahren verbrennen. Zum Beispiel bei der Herstellung des Automobils. Mehr als die Hälfte seines Gewichts entfällt bei einem Pkw auf Stahl. Das heißt, die Umweltbilanz der Stahlerzeugung ist ein ganz wesentlicher Faktor dafür, wie viel CO? alleine schon bei der Produktion eines Automobils ausgestoßen wurde. Die Stahlindustrie ist stolz darauf, dass der Gewichtsanteil des Stahls durch Leichtbau von ungefähr 70 Prozent auf 54 Prozent reduziert werden konnte. Wobei man nicht übersehen darf, dass die Autos in der Zwischenzeit immer schwerer wurden und sich in absoluten Zahlen beim Gewicht des Eisens wohl nicht gar so viel verändert hat. Die schweren Batterien verschieben den Anteil genauso wie deren Gehäuse, wenn sie aus Aluminium sind. Und trotzdem: Mit Leichtbau durch hochfeste Stähle konnte immerhin der Gewichtszuwachs im Zaum gehalten werden.

Su-Steel-Pilotanlage am Standort Donawitz: Hier wird Stahl mit grünem Wasserstoff erzeugt, ohne Umweg über die Roheisenstufe.

Foto: Voestalpine

Jetzt packt man das Thema aber an der Wurzel. Bei der klassischen Eisenherstellung im Hochofen kommen neben Eisenerz auch große Mengen Kohlenstaub und Koks zum Einsatz. Daraus alleine schon ergibt sich eine miserable CO?-Bilanz. Der fossile Kohlenstoff dient gleichermaßen dazu, im Hochofen eine Hitze von 1600 Grad zu erreichen und das Eisenoxid zu reduzieren. Die Voestalpine verbraucht im Jahr über 30 Terawattstunden Energie, einen Großteil davon in Form von Kohle und Koks (veredelte Form der Kohle) im Hochofenprozess. Das entspricht rund zehn Prozent des heimischen Energieverbrauchs.

Das heißt, der Hebel ist groß, wenn es gelingt, die Eisenproduktion von Kohlenstoff auf Wasserstoff aus regenerativer Energie umzustellen. Die Umweltbilanz der Automobilherstellung würde sich mit einem Schlag enorm verbessern. So forscht und erprobt die Voestalpine an beiden Komponenten. Einerseits an einer effizienten Herstellung des grünen Wasserstoffs, andererseits an einer kohlenstoffarmen und in der Folge kohlenstofffreien Roheisen- und Stahlerzeugung.

H2Future: Wasserstoff- Pilotanlage in Linz zur Wasserstoffelektrolyse nach PEM-Technologie. Voraussetzung zur CO?-Freiheit ist der Betrieb mit Grünstrom.
Foto: Voestalpine

In einer ersten Stufe bis 2030/35 sollen die fossilen Energieträger mit zunehmender Verfügbarkeit durch Wasserstoff ersetzt werden. Beim Direktreduktionsverfahren ersetzt Wasserstoff das Erdgas, im klassischen Hochofen werden Koks und Kohle substituiert.

Bei der Weiterverarbeitung von Roheisen zu Stahl soll der Elektrolichtbogenofen neben dem LD-Verfahren zusätzlich an Bedeutung gewinnen. Er kann mit Grünstrom betrieben werden.

Der direkte Weg • Während dieser Umstellungsphase arbeitet man intensiv an der Entwicklung eines komplett neuen Verfahrens namens Su Steel (Sustainable Steel). Im Werk Donawitz steht bereits eine Versuchsanlage, in der das Erz mittels Wasserstoff direkt zu Stahl verwandelt werden kann, ohne vorher Roheisen erzeugen zu müssen. Diese Abkürzung verspricht komplett CO?-frei abzulaufen. Mithilfe der neuartigen Wasserstoff-Plasmatechnologie wird mit extrem hohen Temperaturen bis 5000 Grad aus Eisenerzstaub und Wasserstoff in einem Lichtbogen ohne Umweg Stahl erzeugt. Bis dieses Verfahren allerdings im industriellen Maßstab angewendet werden kann, dürften noch Jahre vergehen. Aber es wird ja auch noch dauern, bis tatsächlich grüner Wasserstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen wird. (Rudolf Skarics, 14.3.2023)