Herrscht in Österreich ein echter Mangel an Arbeitskräften, der unseren Wohlstand bedroht, oder sind solche Warnungen bloß Panikmache? Schon diese Eingangsfrage ist nicht leicht zu beantworten. Denn viele Unternehmen klagen über Personalnot wohl auch einfach deshalb, weil sie es nicht gewohnt sind, sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bemühen.

Trotzdem ist AMS-Chef Johannes Kopf überzeugt: Österreich hat ein Problem durch demografischen Wandel und Alterung. Wenn wir nicht gegensteuern, könnte das langfristig den Wohlstand bedrohen. Tun wir nichts, "werden wir zu einem Venedig für die Welt", sagt Kopf in der Videodiskussion "STANDARD Mitreden". "Dann leben hier irgendwann die alten Leute zwar inmitten einer schönen Landschaft und eines reichhaltigen Kulturangebots. Aber die wirkliche Wirtschaft ist dann woanders. "

Wie groß ist das angebliche Problem mit den fehlenden Arbeitskräften wirklich, und was können wir dagegen tun: Diese Fragen standen im Zentrum der Videodiskussion.

Ist Teilzeit privilegiert?

Gestritten wurde dabei über die Rolle der Teilzeit, die Arbeitsminister Martin Kocher ja zurückdrängen will. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker sieht wie Kopf mehrere Anreize im Steuer- und Pensionssystem, mit denen Teilzeit gefördert werde.

Loackers Beispiel: Wer ein Leben lang nur Teilzeit arbeitet und 600 Euro im Monat verdient, bekomme dennoch eine Pension von etwas über 1.100 Euro monatlich. "Das ist ein falsches Honorieren von Teilzeit im Pensionssystem", so Loacker. Die Gewerkschafterin Anna Daimler von Vida konterte: Das sei aktive Vermeidung von Armut im Alter. Teilzeit zu arbeiten sei ein gutes Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so Daimler. Viele tun das aber nicht freiwillig. Was es eigentlich bräuchte, wäre ein Rechtsanspruch auf Vollzeit.

Soll die Geringfügigkeitsgrenze fallen?

Sehen Sie außerdem in dem von STANDARD-Journalist András Szigetvari moderierten Talk: Der Ökonom Helmut Mahringer skizziert, warum die Angst vor einem Arbeitskräftemangel nicht übertrieben werden sollte. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter gehe zwar in den kommenden Jahren zurück. Aber das Arbeitskräfteangebot werde weiter steigen. Wie es dazu kommt? Sehen Sie Antworten im Talk.

Außerdem: AMS-Chef Johannes Kopf erklärt, warum er Arbeiten in der Geringfügigkeit als problematisch ansieht. Aktuell fallen kaum Versicherungsbeiträge unter der Schwelle von 500,91 Euro an. Kopf würde das ändern, schlägt eine Halbierung vor. Warum? Sehen Sie die Antworten im Talk.

Außerdem werde auch mehr Migration bei der Entschärfung des Problems eine Rolle spielen, so Kopf und Loacker.

Im Talk spricht die Bildungsexpertin der Arbeiterkammer, Ilkim Erdost, über den Mangel an Lehrerinnen und Lehrern in der Schule. Würd ein Teilzeitverbot für Lehrkräfte angesichts des Mangels sinnvoll sein? Sehen Sie die Replik der Expertinnen im Talk. (Video: Laura Schmidt, 19.2.2023)