Im Gastblog schreiben Philipp Gschwandtner und Johannes Mitterecker über die rechtlichen Hintergründe zur Werbung auf der Ski-Ausrüstung.

Sportmarketing hat sich über die letzten Jahrzehnte rasant entwickelt und Sport zu einem hochprofessionellen Terrain gemacht. Was die Perfektionierung im Sportmarketing anbelangt, sticht ein Unternehmen hervor: Red Bull. Das Unternehmen ist zweifellos kein gewöhnlicher Getränkeproduzent mehr, sondern längst zu einer Lifestyle-Marke avanciert. Besonders im Sportbereich ist das österreichische Vorzeigeunternehmen umtriebig und unterstützt Sportvorhaben, Wettkämpfe und einzelne Sportler auf der ganzen Welt. Mit dem Einstieg von Red Bull bei Van Deer – dem Skiunternehmen des ehemaligen Ausnahmesportlers Marcel Hirscher – sollen unter dem Dach der Van Deer-Red Bull Sports Equipment GmbH im alpinen Skisport neue Akzente gesetzt werden.

Neben der Leidenschaft zum Sport gibt sich Red Bull freilich nicht (nur) aus altruistischen Gründen als großer Unterstützer des Sports, sondern verfolgt damit eine kluge Marketingstrategie. Durch den mit geschicktem Sportmarketing verbundenen Imagetransfer und die Steigerung des Bekanntheitsgrads schafft es Red Bull, effektiv das eigene Kundenportfolio zu erweitern, bestehende Kunden und Kundinnen an das Unternehmen zu binden sowie den Umsatz anzukurbeln. Nicht ohne Grund zählt Red Bull zu jenen Unternehmen mit dem höchsten Markenwert. Für jede (finanzielle) Unterstützung durch Red Bull darf im Gegenzug selbstverständlich das Wichtigste nicht zu kurz kommen: Die Gesponserten sollen das Red-Bull-Logo offen zeigen. So darf natürlich der rote Bulle auch im Firmenlogo von Van Deer-Red Bull Sports nicht fehlen. Folglich ziert nun neben den für Marcel Hirscher beziehungsweise Van Deer stehenden Hirschen ein roter Bulle das Firmenlog (siehe dazu die Grafik unten).

Logo von Van Deer-Red Bull Sports.
Foto: VAN DEER-Red Bull Sports Equipment GmbH | https://vandeer-redbull-sports.com/de

Die Fis hat mit dem Firmenlogo jedoch ihre Probleme. Ob Skisprung-Olympiasieger Andreas Wellinger oder Slalom-Ass Henrik Kristoffersen, sie alle mussten seit dem Launch des neuen Rennmaterials das Logo zunächst zur Gänze verdecken. Mittlerweile kleben sie nur noch den Teil mit dem roten Bullen ab. Doch warum ist das so?

Regelungsdickicht an Werbevorschriften

Die aktuelle Causa rund um das Abkleben des Logos auf den Skiern von Van Deer-Red Bull Sports betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form sich Werbung auf der Ausrüstung der Skistars wiederfinden darf. Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Der Grund dafür liegt nicht zuletzt an der Vielzahl von Fis-Regularien, die an verschiedenen Stellen Bestimmungen über die Größe, Form und Anzahl von kommerziellen Kennzeichen auf Ausrüstungsgegenständen von Skisportlern und Skisportlerinnen zum Gegenstand haben. Um Antworten zu finden, muss man sich daher zunächst einmal durch das von der Fis geschaffene Regelungsdickicht kämpfen.

Zentrales Regelwerk der Fis ist die Internationale Skiwettkampfordnung (IWO). Damit stellt die Fis Regeln für die Veranstaltung und Teilnahme von Fis-Wettbewerben auf. Hier ist zunächst einmal klargestellt, dass jeder Rennläufer und jede Rennläuferin nur dann an einem Fis-Wettkampf teilnehmen darf, wenn die Ausrüstung den von der Fis festgelegten Anforderungen entspricht. Diese Voraussetzungen werden vom Komitee für Werbeangelegenheiten überprüft und nach Genehmigung durch den Fis-Vorstand jedes Frühjahr für die folgende Wettkampfsaison durch die Fis veröffentlicht.

Daneben gibt es noch eine Reihe von speziellen Regeln, wie die allgemeinen Werbevorschriften der Fis ("Advertising Rules") oder die Vorschriften für kommerzielle Kennzeichen auf der Ausrüstung ("Specifications for Commercial Markings on Equipment") sowie Vorschriften für Alpine Wettkampfausrüstung ("Specifications for Alpine Competition Equipment").

Skiausrüstung als Werbefläche

Dabei unterscheiden die Regularien für jeden Ausrüstungsgegenstand auf den Quadratzentimeter genau, welche Kennzeichen wo und wie angebracht werden dürfen. Anders gewendet: Es gibt unterschiedliche Vorschriften für Helm, Handschuhe, Skibrille, Rennanzug, Skier etc. Während bei manchen Ausrüstungsgegenständen – etwa beim Helm und beim Rennanzug – neben dem Hersteller auch Platz für die Werbung von Sponsoren ist, ist das beispielsweise bei Handschuhen und Skiern gerade nicht der Fall (siehe dazu die Grafik unten). Beispielsweise wirbt Red Bull auf dem Helm von Andreas Wellinger, aber eben nicht auf dessen Skiern.

Vorschriften zur Anbringung von Werbung auf dem Helm.
Foto: International Ski and Snowboard Federation FIS | https://www.fis-ski.com/en/inside-fis/document-library/marketing
Vorschriften zur Anbringung von Werbung auf den Handschuhen.
Foto: International Ski and Snowboard Federation FIS | https://www.fis-ski.com/en/inside-fis/document-library/marketing

Spezielle Vorschriften für Skier

Skier dürfen bei Fis-Wettkämpfen nach Artikel 2.1.1 der Vorschriften für kommerzielle Kennzeichen auf der Ausrüstung ausschließlich in ihrem handelsüblichen Design und nur mit dem Herstellerkennzeichen ("Manufacturer’s Identification") verwenden werden: "Skis, ski boots, bindings, ski poles, separate arm and leg protections and other hardware are permitted to be used at Fis competitions with their commercially available designs and may bear only the Manufacturer`s Identification."

Das Privileg, ein solches Herstellerkennzeichen an Wettkampfausrüstung anzubringen, unterliegt sehr strengen Regelungen und ist strikt auf sogenannte tatsächliche Hersteller ("Effective Manufacturers") beschränkt. Weitere Sponsoren sind ausdrücklich verboten. Kurzum: Auf Rennskiern darf nur der Skihersteller sein Firmenlogo zeigen.

Abkleben des Firmenlogos Van Deer-Red Bull Sports

Für den aktuellen Schlagabtausch zwischen der Fis und Van Deer-Red Bull Sports ergeben sich daher aus rechtlicher Sicht zwei Fragen:

  1. Ist die Van Deer-Red Bull Sports Equipment GmbH ein tatsächlicher Hersteller im Sinn der Fis-Regularien?
  2. Verwendet die Van Deer-Red Bull Sports Equipment GmbH ein den Fis-Regularien entsprechendes Herstellerkennzeichen?

Die Regularien umschreiben einen tatsächlichen Hersteller in Artikel 1.1 der Vorschriften für Alpine Wettkampfausrüstung wie folgt: "'Effective Manufacturer' means the enterprise which itself manufactures the Competition Equipment and/or effectively controls and manages the manufacturing of the Competition Equipment under its own responsibility through customary subcontracting processes, and whose Competition Equipment is effectively offered on the market to end users."

Der "Skihersteller" muss also zunächst selbsterklärend ein Unternehmen sein, das die Ausrüstung selbst herstellt oder zumindest unter eigener Verantwortung herstellen lässt. Zusätzlich wird verlangt, dass der Ski auch auf dem Markt tatsächlich den Endverbrauchern und Endverbraucherinnen angeboten wird. Vereinfacht gesagt: Der Durchschnittsmensch muss den Ski im Sportgeschäft kaufen können. Zu Beginn war das bei Van Deer-Red Bull Sports eben nicht der Fall und so musste auch zunächst das gesamte Firmenlogo verdeckt werden. Mit der Verfügbarkeit im Handel war die Abklebe-Thematik erst einmal vom Tisch, wenn auch nur für kurze Zeit.

Die Freude, das Renngerät mit dem vollständigen neuen Firmenlogo bei den Nachtrennen in Schladming live durch Henrik Kristoffersen präsentieren zu können, währte nämlich nicht lange. Die Fis durchkreuzte diesen Plan mit dem Argument, das Firmenlogo erfülle nach wie vor nicht alle Kriterien eines Herstellerkennzeichens, welches in Artikel 1.2 der Vorschriften für Alpine Wettkampfausrüstung wie folgt beschrieben wird: "'Manufacturer’s Identification' means the trade name, brand, logo, or other designation of the Effective Manufacturer under which the particular Competition Equipment is manufactured and commercially offered to the market. (...)The Manufacturer’s Identification must be a sports equipment brand, which means that the Manufacturer’s Identification is principally used for Competition Equipment and is (i) not principally used for non-sports equipment, and/or (ii) cannot be confused with a similar or identical article used in another line of business, unrelated to Competition Equipment."

Ein Herstellerkennzeichen darf demnach – vereinfacht gesagt – nur das Firmenlogo des Skiherstellers sein, unter dem die jeweilige Wettkampfausrüstung hergestellt und auf dem Markt angeboten wird. Unternehmen dürfen daher nicht abgebildet werden, wenn ihr Kerngeschäft nicht die Herstellung von Sportausrüstung betrifft beziehungsweise bestimmte Ausrüstungsgegenstände nur zu Werbezwecken hergestellt werden. Außerdem soll das Firmenlogo nicht zu einer Verwechslung mit einem ähnlichen oder identischen Artikel führen, der in einer anderen Branche verwendet wird, die nichts mit Wettkampfausrüstung zu tun hat.

Der im Logo von Van Deer-Red Bull Sports integrierte rote Bulle führte nun zu Diskussionen, ob das Firmenlogo den Richtlinien der Fis entspricht. Nach den Argumenten der Fis ist Red Bull kein Skiausrüstungs-Unternehmen und erfülle daher nicht die an das Herstellerkennzeichen gestellten Anforderungen. Das Abbild des roten Bullen auf Skiern bei Fis-Wettbewerben könne als verbotene Schleichwerbung angesehen werden.

Bei genauerem Durchlesen der relevanten Bestimmung zum Herstellerkennzeichen werden geschulte Juristen und Juristinnen feststellen, dass diese sehr wohl Raum für Interpretationen zulässt. Immerhin ist die Van Deer-Red Bull Sports Equipment GmbH ein eigenständiger Rechtsträger, dessen Unternehmensgegenstand nach Punkt 3.1(A) des Gesellschaftsvertrags die "Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Sport- und Freizeitgeräten, Sport- und Freizeitartikeln sowie Sport- und Freizeitbekleidung aller Art" umfasst.

Bei der Ski-WM in Courchevel/Méribel wurde das gesamte Logo auf den Skiern von Henrik Kristoffersen abgeklebt.
Foto: APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Aufgrund der schwammigen und daher interpretationsbedürftigen Herstellerkennzeichen-Definition in den Fis-Regularien liegen daher alle Zutaten für einen juristischen Schlagabtausch bereit. Da der Sanktionskatalog der Fis von Geldstrafen bis hin zum Ausschluss von Rennläufern von Fis-Wettkämpfen reicht, hat sich Van Deer-Red Bull Sports vor Klärung dieses juristischen Scharmützels vorsichtshalber dazu entschieden, weiter mit Klebeband über den roten Bullen an den Start zu gehen. Bei der Ski-WM in Courchevel/Méribel ging man wohl auf Nummer sicher und verdeckte wieder das ganze Logo. Beim Slalom-Sieg von Kristoffersen war daher weder der Hirsch noch der Bulle zu sehen.

Fazit und Ausblick

Neben dem andauernden Machtkampf innerhalb der Fis und den Diskussionen rund um die Vermarktung der Skiweltcup-Rennen hält der Skisport mit der aktuellen Causa ein weiteres juristisches Gustostückerl parat.

Der Fis-Vorstand ist jene zuständige Instanz, der entscheidet, ob ein Firmenlogo den Fis-Regularien entspricht. Somit könnte er Van Deer-Red Bull Sports den Weg ebnen, bald das vollständige Logo bei Fis-Bewerben präsentieren zu können. Dabei müsste die Fis freilich einen schwierigen Spagat vollziehen. Denn man möchte nicht fahrlässig die Büchse der Pandora öffnen und den ungebremsten Weg für versteckte Werbungen durch Sponsoring Tür und Tor öffnen.

Auch wenn Van Deer-Red Bull Sports nach wie vor nicht ihr vollständiges Logo auf den Skiern der Athleten freilegen darf, hat das Unternehmen eines geschafft: Publicity. Denn über den Ski des Newcomers auf der Skiherstellerbühne wird nun mehr geredet als bei so manchem Triumph eines ihrer Sportler. Insofern hat das Unternehmen das Abkleben für eine geschickte Werbeaktion genutzt. Vielleicht wird Van Deer-Red Bull Sports die Marketingmaschinerie neu ankurbeln und bald ein neues Logo präsentieren. Es ist daher mit Spannung abzuwarten, wie es in dieser Angelegenheit weitergehen wird. (Philipp Gschwandtner, Johannes Mitterecker, 21.2.2023)