Wann haben Sie zuletzt einen Opel Commodore gesehen oder einen Monza? Ewig her? Bei mir auch. Selbst in der Oldtimerszene haben sie Seltenheitswert, doch was haben die Rüsselsheimer damals für Autos gebaut, bauen dürfen, unter GM-Ägide. Da war Opel noch wer, wurde bis zur Oberklasse ernst- und wahrgenommen.

Der Astra GSe als Kombi, etwas länger als sein fünftüriger Kollege.
Foto: Opel

Den Anlass des Wiedersehens, nämlich konkret mit dem Monza, entnehmen Sie unschwer dem Vorspann: Unter dem Stellantis-Dach entsinnen sich die Marktstrateginnen und -strategen eines durchaus mythenbehafteten, somit gewinnbringend verwertbaren Kürzels, das mit dem Commodore A 1970 sein Debüt hatte, sich erst GS/E schrieb, dann GSE, ohne Solidus. Wobei nicht die römische Goldmünze gemeint ist, von der sich bekanntlich auch die Begriffe Sold und Soldat herleiten.

GS/E, GSE: Das stand weiland für die Top-Ausstattungslinie, stand für Grand-Sport-Einspritzung und für mächtig Schmalz. Mit dem Neustart schrumpft das E zu e und aus Einspritzung wird zeitgemäß elektro, so weit, so mobilitätswendig.

Beide Astrae und der Grandland, die Mannschaftsaufstellung zum GSe-Start.
Foto: Opel

Die ersten GSe heißen Astra und Grandland, beim Astra stehen beide Karosserieversionen zur Auswahl, also Fünftürer und Sports Tourer. Doch wo das e etwa beim Corsa-e auf batterieelektrische Antriebsausformung hinweist, ist bei GSe zunächst Plug-in-Hybrid die Rede.

Bevor wir bei der Fahrpräsentation einmal um die Autos herumgehen und dann loslegen, gleich einmal die wesentlichen technischen Parameter. Die Ingredienzien stammen ja allesamt aus dem PSA-Baukasten, sprich aus der französischen Reichshälfte des Riesenkonzerns.

In beiden Astras erbringt der 1,6-Liter-Turbobenziner (133 kW / 180 PS) gemeinsam mit der Elektromaschine (81,2 kW / 110 PS) eine Systemleistung von 165 kW (225 PS), der 12,4-kWh-Akku ist im Normtest für 64 Kilometer Elektroreichweite gut, also über dem von der Gesetzgeberin auf 60 km angehobenen förderwürdigen Reichweitenlimit. Kostenpunkt für den Fünftürer, der Ende April Marktstart hat: 47.849 Euro – die Preise für den Kombi liegen noch nicht vor, das Fahrzeug wird erst später im Jahr verfügbar sein.

Und das ist der Ahnherr: Commodore GS/E – hier das Coupé (Commodore B) aus den 1970ern.
Foto: Opel

Beim Grandland GSe lautet das entsprechende Paket: 1,6-Liter-Turbobenziner mit 147 kW (200 PS), ein E-Motor vorne mit 81,2 kW (110 PS), einer hinten mit 83 kW (113 PS), sprich Allradantrieb, Systemleistung: 221 kW (300 PS). Und der 14,2-kWh-Akku bringt eine und auch einen elektrisch bis zu 66 km weit weg. Ende Februar geht es los, mit 59.999 Euro sind Sie dabei – da also bleibt Opel unter der 60er-Grenze, zumindest beim nackigen Fahrzeug. Psychologisch nicht unwichtig wenn auch trotzdem sauteuer, wie die Autos heute alle geworden sind.

Charakteristischer Auftritt

Die Welt in Schwarz-Weiß: Bei der Farbgebung setzt Opel auf ein charakteristisches bicolores Erscheinungsbild, weißer Korpus, schwarzes Dach und schwarze Designelemente an Front, Heck und seitlich unten, beim Grandland GSe ist zusätzlich noch die Motorhaube optional kohlrabenschwarz.

Erster persönlicher Eindruck? Bei den Astras passt das perfekt, gleich kriegt man Lust aufs Schachspielen, beim Grandland ist man mit der blütenweißen Haube besser beraten.

Ein gutes Retro Revival hat noch nie geschadet, am besten gleich elektrisch. Diese Studie zeigt einen elektrischen Opel Manta, mit 150 PS Heckantrieb und einem "Pixel Vizor" Bildschirm an Stelle des Kühlergrills.
Foto: Opel

Als weitere GSe-Spezifika bei den Astras bringt die Opel-Mann- und -Frauschaft GSe-eigene Frontstoßfänger und Heckdiffusoren ins Rennen, und die Leichtmetallräder seien vom Manta GSe inspiriert, jener E-Retro-Studie, mit welcher der Hersteller 2021 für Aufsehen sorgte.

Damit aber nicht der Eindruck entsteht, Opel lackiere nur ein bisschen herum, und damit habe es sich: Das Astra-Fahrwerk wurde um zehn Millimeter tiefergelegt, außerdem wurde die Dämpfercharakteristik adaptiert – auch beim Grandland.

Jetzt aber. Reinsetzen, los geht’s. Fährt sich alles hochgradig sauber und ausgewogen, der Grandland wirkt straffer abgestimmt als der Astra, dessen Stärke eindeutig in dieser wunderbar wankarmen Auslegung bei gleichzeitig hoher Komfortanmutung liegt. Und im (Alcantara-Sport-)Gestühl sitzt es sich wie immer bei Opel vorzüglich.

Leise Kritik auf hohem Niveau mag hingegen bei Lenkung und Bremsen vermerkt sein. Nicht dass es da grobe Unstimmigkeiten gäbe, gar nicht, aber beides fühlt sich mitunter ein wenig synthetisch an. Mehr direkte Rückmeldung am Volant und eine direktere Übersetzung würde man sich angesichts der Erwartungshaltung, die das Kürzel GSe nun mal weckt, wünschen. Und beim Verzögern ein besseres Verschleifen zwischen Rekuperieren und mechanischer Bremse.

Im Inneren erstreckt sich eine Bildschirmfläche von Armaturenbrett bis zur Mittelkonsole. Anders als bei Mercedes gibt es hier einen Knick in der Mitte.
Foto: Opel

Der Grandland ist übrigens bärenstark, bei den Astras hätte man sich, wiederum: GSe!, ein etwas zupackenderes Temperament erwartet.

GSe also. Was Opel noch vorhat mit dieser Submarke? Für Opel-Chef Florian Huettl, der bei der Fahrzeugpräsentation zugegen war, ist dies ein weiterer Markstein auf dem Weg zur reinen Elektromarke Opel, was in Europa ab 2028 der Fall sein wird.

Da liegt die Mutmaßung nahe, dass bald einmal auch ein batterieelektrischer Opel mit GSe-Kennung auftaucht. Der für 2025 avisierte Manta würde sich perfekt anbieten. (Andreas Stockinger, 27.2.2023)