"Kommendes Jahr feiere ich mit meinem Geschäft unweit des Stephansplatzes 40. Jubiläum. Ich verkaufe hier Mode, bin aber auch als Änderungsschneiderin tätig und fertige Maßarbeit. Das Geschäft misst circa 40 Quadratmeter.

Ulrike Wehofer-Weihs in ihrem Geschäft Fagiano im ersten Wiener Bezirk, in dem sie auch als Änderungsschneiderin tätig ist.
Foto: Michael Hausenblas

Der Umsatz verteilt sich ziemlich ausgewogen auf alle Bereiche. Ich bevorzuge übrigens keine Tätigkeit gegenüber der anderen. Im Moment verkaufe ich in erster Linie Promptware, die ich unter anderem in München, Salzburg oder Wien einkaufe. Früher hieß mein Geschäft Falconieri, also Falke. Jetzt trägt es den Namen Fagiano, das bedeutet Fasan. Den Namen Falconieri hatte ich mir schützen lassen und dann für gutes Geld verkauft.

Mein ganzer Werdegang ist mit Mode verbunden. Ich habe die Modefachschule Michelbeuern absolviert, dann legte ich die Meisterprüfung ab und arbeitete beim Versandhaus Quelle im Einkauf. Dort war ich als Substitutin beschäftigt und durfte eine ganz andere Seite des Geschäfts kennenlernen. Als Substitutin ist man eine Art rechte Hand im Bereich des Einkaufs. Diese Tätigkeit brachte mich bis nach Hongkong. Später war ich in einem Damenmodegeschäft namens Etoile am Wiener Lugeck tätig und für kurze Zeit bei Chegini, ehe ich mich hier selbstständig gemacht habe. Ach ja, jetzt hätte ich es fast vergessen. Ein einjähriges Praktikum bei Fred Adlmüller in der Kärntner Straße habe ich ebenfalls absolviert. Das war eine witzige Zeit, der Adlmüller war schon eine sehr eigene Persönlichkeit.

"Nennen Sie mir ein elegantes Geschäft auf der Kärntner Straße."

Verändert hat sich vor allem die Eleganz der Menschen. Früher hatte ich Kostüme im Geschäft, die 20.000 Schilling gekostet haben. Die Wiener und Wienerinnen waren früher viel eleganter. Als ich ein Teenager war, sind die Menschen noch mit Hüten und Handschuhen ausgegangen. Die Sache mit der Eleganz hat sich in den vergangenen Jahren allerdings noch weiter verschlechtert. Ich denke, das hängt einerseits mit den vielen Billigimporten zusammen. Da ist nichts Elegantes dabei. Auch der Geschmack ist heute ein anderer. Der wird stark von den USA beeinflusst und von den Stars in ihrem Schlabberlook. Das ist doch nicht attraktiv. Man kann die Entwicklung durchaus als Kulturverfall bezeichnen. Und das gilt für die ganze Innenstadt. Nennen Sie mir ein elegantes Geschäft auf der Kärntner Straße.

Mir tut das alles nicht nur für mein Geschäft leid, sondern ebenso für mich persönlich. Auch ich bevorzuge eher elegantere, aber doch tragbare Looks, nur ist es heute so, dass man direkt auffällt, wenn man mal was Schickeres anhat. Es kommt sogar vor, dass man in der U-Bahn wegen eines schönen Stückes angepöbelt wird. Klar liegt da Wehmut in meiner Stimme. Mir haben übrigens immer Thierry Mugler und Ferragamo gut gefallen. Und Chanel. Eh klar.

Ansonsten fällt mir auf, dass die Kundschaft seit der Pandemie durchaus freundlicher geworden ist. Die Menschen sind dankbar, wenn man auf sie eingeht, vor allem die älteren Kundinnen und Kunden. Die meisten, die zu mir kommen, sind 50 plus. Was ich nicht mag, ist, wenn jemand mit einem Eis reinkommt.

Leichter wird es nicht mit dem Geschäft. Mal schauen, wie lange es noch Spaß macht. Die Frage, ob früher alles besser war, beantworte ich folgendermaßen. Alles war nicht besser. Besser ist nichts geworden, aber man kann es aushalten. Gerade noch. Und überhaupt, was heißt schon besser. Was dem Adlmüller zu diesen Zeiten einfiele? Er würde sagen: 'Man kann gar nicht hinschauen.'" (Michael Hausenblas, 20.2.2023)