Neues Jahr, neues Headset: Nachdem an dieser Stelle zuletzt ein 250-Euro-Wireless Headset von Logitech besprochen wurde, ist es mal wieder an der Zeit, ein Angebot ein paar Budgetklassen darunter zu sichten. Denn vielen Spielern und anderen Menschen, die Online-Sprachkommunikation nutzen, reicht oft auch ein Gerät mit grundlegender Ausstattung. Ich kann selbst ein Lied davon singen, denn am Zweitrechner, der im Elternhaus in Oberösterreich steht, hängt ein schnödes No-name-USB-Headset. Es hat vor ein paar Jahren circa 20 Euro gekostet und tut nach wie vor zuverlässig seinen Dienst, ohne dabei besonders gut oder schlecht aufzufallen.

Wer sich lieber auf ein Markenprodukt einlassen will, für den gibt es auch einige Auswahl im Segment der mittleren zweistelligen Preisliga. Zu den neueren Optionen gehören frische Gaming-Headsets von Skullcandy. Das US-Unternehmen hat bisher vor allem "normale" Kopfhörer und tragbare Lautsprecher verkauft und seit Jahren nichts mehr für den Gaming-Markt geliefert, versucht sich seit wenigen Monaten mit dem Slyr und Slyr Pro nun wieder an einem Angebot für Videospielfans. DER STANDARD hat das günstigere Basismodell getestet, das der Hersteller mit einer Preisempfehlung von 60 Euro auf den Markt gebracht hat.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Basics

Erreicht hat mich das Testmuster in der "Dorito"-Ästhetik, die man in Zusammenarbeit mit dem gleichnamigen Snackhersteller produziert. Geschmäcker sind – nicht nur bei Tortillachips – bekanntlich verschieden, aber subjektiv könnte das Headset meiner Ansicht nach auch aus einem Kaugummiautomaten gefallen sein. Aber manche mögen's quietschbunt und es zählen ohnehin die "inneren Werte".

Im Lieferumfang befinden sich neben dem Headset auch ein abnehmbares Mikrofon, ein Anschlusskabel für eine vierpolige 3,5-mm-Klinke sowie ein (farblich nicht abgestimmtes) Adapterkabel, falls man diese auf zwei separate Anschlüsse splitten möchte.

Das Headset wiegt eher leichte 265 Gramm und macht einen gut verarbeiteten Eindruck, allerdings verfügt der Bügel nicht über ein Metallelement. Er besteht vollständig aus Kunststoff. Daran hängen zwei verstellbare Over-Ear-Hörer. Auf der linken Seite befinden sich sowohl der Anschluss für das Mikrofon, als auch jener für das Audiokabel und ebenso ein kleines Rädchen zur Lautstärkeregelung. Was auf den ersten Blick nicht auffällt, ist der Mechanismus, um sich stumm zu schalten. Dafür muss man schlicht die Außenseite des linken Hörers drücken.

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Der Anschluss des Headsets ist, je nach Gerät, selbsterklärend. Skullcandy listet Slyr als kompatibel zu PC, Playstation, Xbox, Switch und – sofern ein passender Stecker oder Adapter vorhanden ist – mobilen Endgeräten.

Komfort

Der Bügel kann beidseitig verstellt werden, um die Ohrmuscheln bequem positionieren zu können. Der Mechanismus dafür ist etwas schwergängig, dafür halten die Hörer anschließend stabil ihre Position. Das Headset hat insgesamt einen guten, sicheren Sitz, ohne unangenehm zu drücken. Einzig die gepolsterte Bügelunterseite bekommt man als "Großkopferter" etwas zu spüren.

Die Isolierung zu äußeren Lärmquellen ist durchschnittlich. Man muss ein Spiel oder Musik schon etwas lauter drehen, um üblichen Zimmerlärm "ausblenden" zu können. Bei normaler Raumtemperatur wird es unter der Ohrmuschel spürbar wärmer, wobei der Bezug zumindest keine Erwärmung oder Schweißentwicklung durch Reibung begünstigt. Die Polsterung selbst verfügt allerdings nicht über kühlendes Gel oder besondere Luftdurchlässigkeit, es handelt sich um unspektakulären, formstabilen Kunststoffschaum.

Immerhin: die Polsterung lässt sich einfach abnehmen und damit auch austauschen. Skullcandy selbst bietet aber über seinen Shop aktuell keine Ersatzteile an und verweist auf den Kundenservice. Wer abseits des Garantiezeitraums neue Ohrpolster braucht, muss sich bei Drittherstellern umsehen. Aktuell scheint es hier aber keine Optionen zu geben, die explizit als passend für Slyr (Pro) ausgezeichnet sind. Allerdings lassen sich Polster für die Kopfhörer der Crusher-Reihe erstehen, die zumindest dem optischen Eindruck nach auch hier passen dürften.

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Akustik

Skullcandy bewirbt die Soundqualität des Slyr in blumigen Worten. Es wurden von Experten getunte 50-mm-Treiber verbaut, die eine hohe Frequenzabdeckung für kräftige Bässe und klare Höhen bieten sollen. Ausgelistet ist ein Bereich von 20 Hz bis 20 kHz. Dazu das bidirektionale "Boom"-Mikrofon, das speziell für Sprachkommunikation konfiguriert sein soll.

Im ersten Hörtest zeigt sich der Klang des Slyr allerdings recht "flach". Will heißen: Ohne Spielerei mit dem Equalizer der Soundtreibersoftware am Windows-Testsystem, fehlte es akustisch etwas an der Abgrenzung zwischen nahe aneinander liegenden Tonhöhen. Mit entsprechend angepassten Einstellungen treten Bässe und insbesondere Höhen besser zutage. Im mittleren Spektrumsbereich blieb aber eine gewisse "Verschwommenheit". Für die 60-Euro-Klasse ist das Klangergebnis aber durchaus akzeptabel. Positiv fällt auf, dass es kein wahrnehmbares Grundrauschen gibt, wobei dieser Aspekt und auch generell die Soundqualität auch vom Endgerät abhängen, an welchem das Headset angeschlossen ist.

Schwieriger wird es beim Mikrofon. Das erweist sich als extrem unflexibel und lässt sich aufgrund seiner Konstruktion nur minimal repositionieren. Die Aufnahmequalität entspricht der Beschreibung, übertragen werden bevorzugt mittlere und höhere Frequenzen im typischen Bereich der menschlichen Stimme. Für Gesang oder sonstigen höheren Aufnahmeanspruch ist es nicht zu empfehlen.

Weiters ist die Aufnahmelautstärke, auch wenn man sie in den Soundeinstellungen des Systems aufs Maximum dreht, eher gering. Schaltet man künstliche Verstärkung dazu, bezahlt man dies mit einsetzendem Rauschen. Am Slyr-Headset selbst lässt sich die Aufnahmelautstärke nicht ändern, das Rädchen regelt ausschließlich, wie laut die Wiedergabe von Sound erfolgt.

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Wer sich selbst beim Sprechen auch hören will, muss dies ebenfalls über die Systemeinstellungen bewerkstelligen. Damit handelt man sich aber recht flott dauerhaftes Grundrauschen ein, denn eine merkbare integrierte Filterung findet nicht statt. Hier verlässt sich Skullcandy auf entsprechende Features in Sprachkommunikationssoftware wie Discord oder Teamspeak.

Sonstiges

Der Stummschaltmechanismus über den Schalter am linken Hörer funktioniert zuverlässig. Das Headset meldet die (De-)Aktivierung der Funktion zwar nicht akustisch, aber ein rotes Licht am Mikrofon informiert darüber, wenn man die Aufnahmefunktion abgedreht hat.

Da es sich um ein ausschließlich per Klinke anschließbares Headset handelt, gibt es auch keine eigene Treiber- oder Konfigurationssoftware. Die ist aufgrund des Fokus auf grundlegende Funktionen auch nicht notwendig, denn auch auf zusätzlichen "Bling" wie LED-Beleuchtung wird verzichtet.

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Fazit

Skullcandy Slyr richtet sich an alle, die ein einfaches Headset für Sprachkommunikation und Gaming suchen. Dem Anspruch wird es auch gerecht. Es bietet, mit etwas Equalizer-Nachhilfe, guten, wenn auch nicht spektakulären Sound. Dazu kommen solide Verarbeitung und durchschnittlicher Tragekomfort, leider mit unklarer Verfügbarkeit von Ersatzohrpolstern. Das Mikrofon liefert für Sprachkommunikation ebenfalls brauchbare Qualität, fällt aber durch recht leise Aufnahme und mangelnde Flexibilität auf.

In der Preisklasse bis 60 Euro mangelt es allerdings nicht an Konkurrenz. Die besteht längst nicht nur aus chinesischen No-name-Marken, sondern auch aus Geräten von namhafteren Anbietern wie Logitech, Razer, Sennheiser, HyperX und Lioncast, nur um ein paar zu nennen. Diese liefern in der Regel auch Produkte mit ordentlicher Akustik und bieten zumindest auf den Spezifikationszetteln mehr Features für oft weniger Geld. Für Slyr ist es da eher schwierig, beim aktuellen Preis herauszustechen – außer mit der grellen Farbgebung. (Georg Pichler, 20.2.2023)