Johan Eliasch verspricht, auf die Klimaerwärmung zu reagieren und den CO2-Fußabdruck zu minimieren.

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Johan Eliasch steht stoisch vor einer gut gefüllten Haupttribüne im Zielbereich von Méribel und blickt durch seine Sonnenbrille gebannt hinauf. Der Fis-Präsident scheint keinen Schwung jener Läuferinnen zu verpassen, die sich die Roc-de-Fer-Piste runterstürzen, während er immer wieder in kurze Unterhaltungen verwickelt wird. DER STANDARD geduldet sich, bis ihm Zutritt in den abgesperrten Bereich gewährt wird, wo der prinzipiell eher medienscheue Milliardär Rede und Antwort steht.

STANDARD: Es überrascht, dass ein kleines Familienunternehmen wie Zgonc Hauptsponsor der WM ist. Audi hat den Sponsorvertrag mit dem Ski-Weltcup im Oktober bis einschließlich 2025/26 verlängert, ist aber im November als Hauptsponsor kurzfristig abgesprungen. Ist die Ski-WM nicht mehr attraktiv genug?

Eliasch: Audi ist der Titelsponsor im alpinen Skirennsport. Sie begleiten uns schon eine sehr lange Zeit. Ihre Entscheidung, nur mehr den Weltcup zu unterstützen, ist vor mehr als zwei Jahren gefallen und basiert darauf, dass sie den Eindruck haben, in anderen Disziplinen nicht genug herausholen zu können. Sie haben auch gezögert, im alpinen Bereich zu expandieren. Doch als wir unsere Pläne vorlegten und erklärten, was wir vorhaben, sagten sie, sie wollen mit uns weitermachen. Aber sie wollen Fortschritt sehen, sie wollen, dass wir das Potenzial erhöhen, weil wir in manchen Bereichen anderen Sportarten weit hinterherhinken. Wir müssen uns mit vielen anderen Sportarten messen, und wir müssen in allen Bereichen attraktiv sein.

STANDARD: Junge Menschen bevorzugen kurze Videos in sozialen Medien und Streams. Welche Pläne gibt es, den Skirennsport für dieses Publikum interessanter zu gestalten?

Eliasch: Das ist eine große Herausforderung und auch der Grund, warum wir die Marketing- und Medienrechte zentralisieren müssen. Mit dem bestehenden System können wir Livestreams und gewisse Formate, wie sie jeder andere Sport hat, nicht in der gewünschten Form bringen. Das erwartet aber jeder von uns, weil Jugendliche heutzutage nicht mehr TV, sondern über ihr Handy schauen. Wir müssen eine Plattform haben, über die wir das alles anbieten.

STANDARD: Was ist aus Ihrer Sicht das Hauptproblem? Warum sind die großen nationalen Verbände wie Österreich, die Schweiz und Deutschland gegen eine Zentralvermarktung, wenn letztlich angeblich mehr Profit für alle herausschaut?

Eliasch: Wir sind ein Verband mit 142 Mitgliedern. Wir vertreten alle Disziplinen auf der ganzen Welt, nicht nur den Alpinbereich in Mitteleuropa. Und die ganz große Mehrheit unserer Mitglieder will in diese Richtung gehen: die Medien- und Marketingrechte zu zentralisieren. Nur eine kleine Minderheit sieht es anders, alle anderen fragen mich, warum wir die Pläne nicht längst umgesetzt haben. Das werden wir machen. Es ist nicht die Frage, ob wir es machen, sondern wann.

STANDARD: Es gibt aber längerfristige Verträge, die nicht so einfach zu stornieren sind.

Eliasch: Wir als Fis vergeben die Rechte jedes Jahr. Wenn wir das nicht machen, dann haben die Verbände keine Rechte an den Medienvermarkter Infront zu liefern, um für die Bewerbe Sendezeit zu bekommen. Das ist etwas, was bereits in der Schweiz in einem Rechtsstreit vor Gericht getestet wurde. Die Entscheidung des Gerichts war ein klarer Schnitt.

STANDARD: Der Streit zwischen der Fis und den großen nationalen Verbänden bezüglich der zentralen Vermarktung ist eskaliert. Gibt es Fortschritte bei den Verhandlungen?

Eliasch: Ich möchte keine laufenden Diskussionen kommentieren, weil es wirklich "private business" ist. Wir hatten sehr viele Treffen und Gespräche über die Details und wie das bei Verbänden implementiert werden kann. Sie haben alle Details vorliegen. Es war und ist der Plan, dass sie mehr Geld bekommen.

STANDARD: Geht es wirklich nur darum, dass die großen Verbände mehr vom Kuchen wollen?

Eliasch: Nein. Sie haben bereits einen großen Teil des Kuchens. Das ist etwas, woran sie sich erinnern müssen. Wir sind eine demokratische Vereinigung, und natürlich gibt es in einer gesunden Demokratie unterschiedliche Meinungen, aber am Ende müssen wir die Wünsche der Mehrheit erfüllen. Jeder kann seine Argumente vortragen, dann wird eine Entscheidung getroffen, und jeder sollte der Mehrheit folgen.

STANDARD: Skifirmen und die Fis wollen nach Asien expandieren. Sind Pläne, wonach allein 300 Millionen Chinesen zum regelmäßigen Wintersport animiert werden sollen, realistisch?

Eliasch: Sie können Realität werden, wenn wir unseren chinesischen Freunden helfen, den Wintersport zu entwickeln. Deshalb habe ich bereits vor eineinhalb Jahren ein Joint Venture mit der chinesischen Regierung gegründet, um die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking zu nutzen und das Skifahren in China zu bewerben und entwickeln. Wir haben schon viel erreicht und mehr Chinesen zum Wintersport animiert. Das setzen wir fort.

STANDARD: Ist es vertretbar, nach Saudi-Arabien zu gehen, um dort Skirennen auszutragen?

Eliasch: Im Moment haben sie noch nicht einmal begonnen. Aber wenn sie bereit sind und ein klimaneutrales Resort anbieten können und es keinen negativen Einfluss auf die Umgebung hat, warum nicht?

STANDARD: Im Weltcup gab es diese Saison viele witterungsbedingte Absagen. Wie muss auf den Klimawandel reagiert werden?

Eliasch: Wir haben gesehen, dass wir den Start nach hinten verschieben und die Saison verlängern müssen. Wir müssen uns genau überlegen, wo wir wann welche Rennen austragen, um sicherzustellen, dass wir Schnee haben. Wir brauchen das Snowfarming, Ausweichmöglichkeiten, wenn wir Rennen absagen müssen. Und bezüglich des CO2-Fußabdrucks ist es wichtig, dass wir die Reisepläne so effizient wie möglich gestalten. Wir wollen zum Beispiel Wärmetauscher oder erneuerbare Energiequellen verwenden. Das ist alles sehr wichtig. Unsere Strategie ist, unseren CO2-Fußabdruck bis 2030 zu halbieren. Wir sind seit vergangenem Jahr der erste internationale Sportverband, der klimapositiv ist. Wir binden sozusagen zehnmal so viel, wie wir emittieren.

STANDARD: Ist es notwendig, öfter als einmal in Amerika Station zu beziehen?

Eliasch: Für den Sport ist es wichtig, dass wir den US-Markt entwickeln. Er hat großes Potenzial. Hier in Europa können wir nicht mehr wachsen. Der amerikanische und der asiatische Markt können uns helfen, mehr Popularität zu erreichen, mehr Geld in den Sport zu investieren und uns auch außerhalb Österreichs, Deutschlands und der Schweiz zu entwickeln.

STANDARD: Die Fis erwirbt große Flächen an Regenwald. Kritiker wie Greenpeace vermuten dahinter Greenwashing. Können Sie das auszuschließen?

Eliasch: Es ist kein Greenwashing. Ich war stark in das Auswerten der Protokolle involviert. Es folgt alles strengen Richtlinien. Ein Kriterium ist, dass es von Dauer sein muss. Wenn man in die Mitte des Regenwalds geht und dort schützt, wo niemand hinkommt, leistet man kein Service. Ein anderes Kriterium ist, dass man nicht einfach ein Gebiet schützt und, wenn es nicht funktioniert, woanders hingeht. Wenn diese Kriterien nicht erfüllt würden, wären das Argumente für Greenwashing. Zudem machen wir neue Projekte und kaufen keine Kohlendioxid-Kredite von Leuten, die schon etwas gemacht haben. Und wir reduzieren unseren CO2-Fußabdruck.

STANDARD: Ist es vereinbar, dass Sie als Vorstandsvorsitzender von Head 250 Fis-Mitarbeiter mit Head-Winterbekleidung ausstatten?

Eliasch: Sehen Sie hier jemanden von der Fis mit Head-gebrandeter Bekleidung?

STANDARD: Nein. Man sieht zumindest keine Logos auf den Jacken.

Eliasch: Schauen Sie, aber ich trage die Kleidung. Ich persönlich wollte nicht, dass es gemacht wird. Aber unser Marketingdirektor fand während der Covid-Zeit niemanden, der uns ausstatten wollte. Sie haben mich gebeten, die Ausstattung mit Head nicht zu blockieren. Ich habe es erlaubt, wenn es kein Branding gibt und es unter den aktuellen Kosten möglich ist. Glücklich war ich trotzdem nicht. Das sind dumme Geschichten, die aus einigen Verbänden kommen, die sabotieren wollen, was wir tun.

STANDARD: Ihre erneute Wahl zum Fis-Präsidenten wurde beim Sportgerichtshof CAS angefochten. Es gab keinen Gegenkandidaten, und man konnte nicht gegen Sie stimmen. War die Wahl aus Ihrer Sicht rechtskonform?

Eliasch: Ich kommentiere diese Causa nicht. Es hat ein Hearing gegeben, und wir werden sehen, wie der CAS entscheidet.

STANDARD: Die Parallelbewerbe werden nicht selten kritisiert, auch von Rennläufern. Hat der Bewerb eine Zukunft?

Eliasch: Es braucht viele Zuschauer und die besten Athleten. Wir überlegen und diskutieren, wie wir dieses Format am besten für die Zukunft gestalten. Wir müssen uns erst zusammensetzen und entscheiden, in welche Richtung es exakt weitergehen soll.

STANDARD: Ganz anderes Thema: Hat die nordische Kombination eine Zukunft?

Eliasch: Wussten Sie, dass die nordische Kombination in Skandinavien erfunden wurde und einer der ersten Athleten der norwegische König Olav V. war? Die nordische Kombination hat Zukunft, aber wir müssen das Format attraktiver und TV-freundlicher gestalten.

STANDARD: Wie sieht Ihre Vision für den Skirennsport aus?

Eliasch: Ich will die Fis in den erfolgreichsten, umweltfreundlichsten und besten Sportverband der Welt verwandeln. Das ist meine Vision. Ich will auch, dass die Athleten mehr Geld verdienen. Aktuell verdienen sie im Jahr, was ein Tennisspieler pro Woche bekommt. Wir müssen diese Lücke schließen. Und wir müssen den Athleten die bestmöglichen Bedingungen bieten, weil sie es sind, warum wir hier sind. Wir haben eine einzigartige Möglichkeit, die kein anderer Sport hat. Dafür brauchen wir Ressourcen und die richtigen Ideen, um unseren Sport voranzubringen. (Thomas Hirner, 18.2.2023)