Fast alle Notenbanken weltweit arbeiten an digitalen Ausgaben ihrer Währungen. Bis zu deren Einführung wird es in den meisten Fällen aber noch etliche Jahre dauern.

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Spitznamen kann man sich oft nicht aussuchen, da kann auch die Bank of England nicht viel daran ändern. Wie viele Notenbanken arbeitet sie derzeit an einer digitalen Ausgabe ihrer Landeswährung, ist aber mit ihrer landläufigen Bezeichnung als Britcoin unglücklich, wie Vizechef Jon Cunliffe betonte. "Das digitale Pfund kann in den Köpfen der Leute mit Kryptowährungen wie Bitcoin verwechselt werden", klagte er. "Ich sollte diese Möglichkeit nutzen, dieses Missverständnis aufzuklären: Tatsächlich kann nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein", sagte Cunliffe. Viele Kryptowährungen seien hochspekulativ und ohne inneren Wert.

Um den Eindruck einer Nähe zum geplanten digitalen Pfund zu zerstreuen, ergänzte er, dass noch nicht einmal entschieden sei, ob dieses wie Bitcoin technologisch auf der Blockchain-Technologie aufgesetzt werde. Wie auch immer, der Schaden ist längst angerichtet, sowohl die Medien als auch der Volksmund haben längst am Ausdruck Britcoin Gefallen gefunden.

Zeitplan vorgelegt

Dessen ungeachtet gaben Schatzkanzler Jeremy Hunt und Notenbankchef Andrew Bailey einen Zeitplan für die mögliche Einführung des digitalen Pfunds, wie die offizielle Bezeichnung lautet, bekannt. Demnach läuft derzeit eine Designphase, die bis 2025 oder 2026 dauern soll. An deren Ende soll schließlich eine Entscheidung über die tatsächliche Einführung des digitalen Notenbankgelds fallen, die in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts Realität werden kann.

Dazu sind wesentliche Investitionen notwendig, zu denen sich Hunt und Bailey derzeit noch nicht verpflichten wollen. Zudem muss die Bevölkerung für dieses Unterfangen an Bord geholt werden. "Seine Einführung würde großes Vertrauen der Öffentlichkeit in diese neue Form von Geld erfordern – Vertrauen, dass ihr Geld sicher, zugänglich und nicht öffentlich bleibt", erklären die beiden.

Aufgeschreckt von Libra

Wie die Bank of England arbeiten viele Notenbanken, darunter auch die Europäische Zentralbank (EZB), an digitalen Ausgaben ihrer Währungen. Aufgescheucht wurden sie weniger durch die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen wie Bitcoin, sondern vielmehr durch das versuchte Vorpreschen von Technologieunternehmen wie Facebook in diesem Bereich.

Zunächst Libra, dann Diem hätte die Facebook-Kryptowährung heißen sollen – doch der Traum ist inzwischen geplatzt. Zu groß war der Widerstand der US-Notenbank Fed und anderer Behörden gegen das Projekt – schließlich will sich kein Staat die Währungshoheit aus der Hand nehmen lassen. Allerdings leiteten die meisten Notenbanken daraus die Notwendigkeit ab, das von ihr ausgegebene Bargeld, also Banknoten und Münzen, um eine digitale Version zu ergänzen. Sie betonen seitdem mantraartig, dass Bargeld in Zuge ihrer Einführung nicht abgeschafft werde.

EZB entscheidet im Oktober

Wie weit ist die EZB mit ihrem Projekt eines digitalen Euro? Die Währungshüter wollen im Oktober nach einer zweijährigen Prüfungsphase entscheiden, ob es eine digitale Version des Euro geben soll. Bis diese verfügbar wäre, würden wohl noch einmal rund drei Jahre vergehen. Erwartet wird, dass die EU-Kommission im Mai einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegt, der dann von den Mitgliedsstaaten und vom EU-Parlament beraten wird.

Langfristig wird es Bargeld entgegen allen Beteuerungen wohl doch an den Kragen gehen. Weltweit haben bereits elf Länder Digitalversionen ihrer Währungen eingeführt – über hundert Staaten arbeiten daran. Nutzungstrends würden gegen Bargeld sprechen, sagt Cecilia Skingsley von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich: "Wenn man die Bargeldverwendung in vielen Ländern hochrechnet, wird Bargeld in der Zukunft nicht mehr als Zahlungsmethode genutzt werden." (Alexander Hahn, 18.2.2023)