Bei der Dogs-of-the-Dow-Methode – im Bild geht eine Frau mit Hund die Wall Street entlang – setzt man auf hohe Dividenden.

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Das Jahr 2022 stellte an den Weltbörsen einen markanten Wendepunkt dar. Die zuvor jahrelang extrem gut gelaufenen Wachstumstitel aus der Technologiebranche fielen im Zuge der Zinserhöhungen förmlich aus allen Wolken. Seitdem sind an der Börse wieder sogenannte Value-Aktien gefragt, also Unternehmen mit langsamerem Wachstum, aber robusten Geschäftsmodellen und hohen Gewinnausschüttungen. Das unterscheidet sie auch von der Technologiebranche, wo viele Konzerne keine oder kaum eine Dividende an den Aktionärskreis ausschüttet. Dabei sind gerade in schwierigen Börsenzeiten wie im Vorjahr Gewinnausschüttungen bedeutend.

"Dividendenausschüttende Unternehmen halten sich in volatilen und unsicheren Märkten in der Regel über Wasser, da ihre laufenden Erträge den Anlegern einen Halt bieten", sagt Fondsmanager Michael Clarfeld vom US-Vermögensverwalter Clearbridge Investments. Demnach haben im Vorjahr unter den Mitgliedern des S&P-500-Index jene mit Dividende weniger als zehn Prozent verloren, Aktien ohne Ausschüttungen mehr als 30 Prozent. Derzeit seien die Ausschüttungsquoten, also der Anteil der ausgeschütteten Dividenden am Gesamtgewinn der Unternehmen, gering, es gebe also durchaus Spielraum für erhöhte Gewinnausschüttungen. "Trotz der sich abschwächenden Konjunktur sind wir zuversichtlich, was das Dividendenwachstum betrifft", sagt Clarfeld.

Dogs of the Dow

Schön und gut, aber wie kann man als Privatperson aus den fast unzähligen Unternehmen die passenden Dividendenaktien herausfischen? Eine simple und relativ einfach umsetzbare Strategie stammt von dem US-Wirtschaftswissenschaftler Benjamin Graham. Er gilt als geistiger Vater des Value-Investings sowie als Lehrmeister der Anlegerlegende Warren Buffett und hat 1949 die Dogs-of-the-Dow-Methode entwickelt. Wobei der Begriff Dogs in diesem Zusammenhang eher abschätzig gemeint ist.

Warum? Man setzt dabei oft auf jene Aktien, die im Jahr zuvor nicht gut gelaufen sind – denn als Value-Investor will man bei fundamental unterbewerteten Titeln zugreifen. Und diese haben oft eine hohe Dividendenrendite, da Graham zufolge die Kurse stärker schwanken als die meist stabile Entwicklung der Dividenden. Zugegeben, psychologisch ist es schwer, sich gegen den Markttrend zu stellen und jene Titel zu kaufen, die zuletzt schlecht gelaufen sind – es kann sich aber lohnen.

Gewinn im Vorjahr

Berechnungen des Wall Street Journal zeigen: Wer 2022 sein Geld nach der Dogs-of-the-Dow-Methode angelegt hatte, konnte damit 2,2 Prozent Gewinn einfahren, während der Dow-Jones-Index inklusive Ausschüttungen 6,9 Prozent verlor. "Das hat im Vorjahr Sinn gemacht", sagt Analyst Markt Hackett vom US-Finanzkonzern Nationwide über die Methode. Er erwartet, dass sie sich weiterhin besser entwickelt als der Gesamtmarkt.

Und so holt man sich die Dogs ins Depot: Zu Jahresbeginn investiert man gleichgewichtet, also stets denselben Geldbetrag, in die zehn Aktien mit den höchsten Dividendenrenditen des 30 Titel umfassenden Dow-Jones-Index. Diese werden über das Jahr gehalten, und zu Beginn des Folgejahres wird ersetzt, wer aus den Top Ten gerutscht ist. Das Vorgehen lässt sich immer weiter fortsetzen und auf andere Leitindizes wie den Dax 40 oder den Euro-Stoxx-50 übertragen. Weniger geeignet sind Nebenwerteindizes oder der österreichische ATX: Wählt man fünf der 20 Aktien aus, könnten sich darunter nur Banken und Versicherungen befinden, was schlecht für die Risikostreuung wäre.

Wenn die Zeiten an der Börse unsicher sind, hat die Methode meist gut funktioniert – außer in der Corona-Krise mit der Sonderkonjunktur für dividendenarme Tech-Titel. Langfristig können die Dogs den Dow-Jones-Index aber nicht schlagen: Seit dem Jahr 2001 kommt man inklusive Dividenden jeweils auf etwas mehr als eine Verfünffachung des investierten Kapitals. (Alexander Hahn, 19.2.2023)