Kanzler Karl Nehammer bei einer Veranstaltung der Austrian Business Agency Mitte Februar.

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wird seit seiner Angelobung vor etwas mehr als einem Jahr immer wieder in verschiedenen Abwandlungen ein und dieselbe Frage gestellt – und er hat darauf noch keine klare Antwort gefunden. Nämlich auf jene Frage, wofür er abseits der Krisen eigentlich steht und was die Volkspartei unter seiner Führung ausmacht. Wie es aussieht, haben Nehammer und sein Team nun Antworten gesammelt. Am 10. März will der Kanzler eine Rede halten, in der er laut Ankündigung seinen "Zukunftsplan Österreich 2030" vorstellt.

"Nach einem Jahr des Krisenmanagements ziehen wir nun die Lehren aus diesen Krisen", heißt es in der Einladung zur geplanten Rede, die an Medien ging. "Es ist wichtig, den Menschen in Österreich eine Perspektive zu geben und über den Tellerrand dieser Legislaturperiode zu schauen." Sein "Zukunftsentwurf" werde zeigen, wohin sich das Land entwickeln soll, wenn es nach Nehammer geht.

Anstehende Wahlen, schlechte Umfragen

Konkrete Ideen oder Vorhaben sind der Ankündigung nicht zu entnehmen. "Meine Vision ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es allen Menschen ermöglichen, ihre Zukunft selbstbestimmt zu gestalten", wird Nehammer zitiert.

Auch innerhalb der ÖVP ist zuletzt der Unmut gewachsen, dass die Partei an Profil verloren hat. In österreichweiten Wahlumfragen der vergangenen Wochen liegt die FPÖ an erster Stelle, bei der Landtagswahl in Niederösterreich Ende Jänner hatte die Volkspartei fast zehn Prozentpunkte eingebüßt. Manche politische Beobachter waren davon ausgegangen, dass ein schlechtes Abschneiden der ÖVP in Niederösterreich auch für Nehammer als Parteichef gefährlich werden könnte. Das war nicht der Fall. Nun möchte er offenbar versuchen, in die Offensive zu gehen.

Krisen seien "nicht vorbei"

Die Frage ist, warum gerade jetzt? In dem Schreiben zur geplanten Rede lautet die Erklärung folgendermaßen: "Mein erstes Jahr als Bundeskanzler war geprägt von Krisen." Seine Angelobung habe inmitten eines Lockdowns stattgefunden, es folgten der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und "eine Weltwirtschaftskrise mit Rekordinflation". Die Krisen seien "nicht vorbei", doch nun sei es "an der Zeit, den Blick in die Zukunft zu richten".

Offensichtlich will Nehammer keinen Zweifel daran lassen, dass er seine Partei als Spitzenkandidat in die kommende Wahl führen möchte. Eine Nationalratswahl steht planmäßig im Herbst 2024 an. Davor wählt in zwei Wochen Kärnten, Ende April findet in Salzburg eine Landtagswahl statt. Kärnten ist sozialdemokratisch geführt, Salzburg eine Hochburg der ÖVP. Zugewinne der Volkspartei sind derzeit bei beiden Wahlen nicht zu erwarten. Und auch der Vorwahlkampf auf Bundesebene liegt dann nicht mehr allzu fern. (Katharina Mittelstaedt, 18.2.2023)