Die Grenzregion zwischen Äquatorialguinea und Kamerun ist nun betroffen.

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Aus den zentralafrikanischen Staaten Äquatorialguinea und Kamerun werden rund zwanzig Ansteckungsfälle mit dem Marburg-Virus gemeldet, dem neben Ebola tödlichsten Erreger der Welt. In Äquatorialguinea erlagen bereits neun Infizierte dem Virus, während zwei 16-jährige infizierte Jugendliche aus Kamerun in eine Isolierstation eingeliefert wurden – Heilmittel für eine Ansteckung mit dem Marburg-Virus gibt es bislang nicht.

Die Fälle werden aus der äquatorialguineischen Provinz Kie-Ntem gemeldet, die an Kamerun grenzt und von dichtem Regenwald bewachsen ist. Die spärliche Besiedelung der Region komme einer Eindämmung der Infektionskrankheit gelegen, sagen Fachleute.

Entwarnung der Fachleute

Nach Angaben des äquatorialguineischen Gesundheitsministers Mitoha Ondo'o Ayekaba wurden fast 4.500 Personen unter Quarantäne gestellt. Da es bisher auch keinen Impfstoff gegen das Marburg-Virus gibt, ist das die einzige Möglichkeit einer Eindämmung der Krankheit.

Obwohl eine Ansteckung mit dem Erreger mit bis zu 90 Prozent Todesfällen noch gefährlicher als eine Ebola-Infektion ist, messen Epidemiologinnen und Epidemiologen dem jüngsten Ausbruch kein großes Gefahrenpotenzial bei: Fälle von Marburg-Infektionen seien in der Vergangenheit meist relativ schnell eingedämmt worden, meinte der Epidemiologe Jimmy Whitworth von der Londoner Schule für Hygiene und Tropenmedizin.

Der gegenwärtige Ausbruch ist erst der achte in der dem Menschen bekannten Geschichte des Virus, das Wissenschafter 1967 in Forschungslaboren in Marburg, Frankfurt und Belgrad entdeckt hatten. Alle drei Fälle waren auf Grünmeerkatzen genannte Affen zurückgeführt worden, die zu Forschungszwecken aus Afrika importiert worden waren.

Mehr als 300 Tote 2004

Der bislang folgenreichste Marburg-Ausbruch ereignete sich 2004 in Angola, wo 372 Menschen angesteckt wurden und 329 starben. Dagegen wurden in den vergangenen 15 Jahren weltweit lediglich 30 Ansteckungsfälle gemeldet. Der Marburg- ist wie der Ebola-Erreger ein Filovirus, das wesentlich gefährlicher als die Erreger des Dengue-, Lassa- oder Gelbfiebers ist.

Es gilt als sicher, dass der Wirt des Virus die Afrikanische Fruchtfledermaus ist, die in Westafrika als Delikatesse gilt. Der Erreger wird nicht wie das Coronavirus über Luft übertragen. Zur Ansteckung muss man direkt oder indirekt mit einer Körperflüssigkeit einer infizierten Person in Berührung kommen. Die ersten Symptome sind hohes Fieber, Müdigkeit, Durchfall und Erbrechen, die nach spätestens einer Woche von schweren inneren Blutungen abgelöst werden. Der Tod tritt schließlich durch Verbluten ein.

Ausbrüche zu kurz für Entwicklung von Impfstoff

Dass es anders als bei Ebola für eine Erkrankung mit dem Marburg-Virus bislang weder Impfungen noch Medikamente gibt, liegt vor allem an den seltenen und kurzen Ausbrüchen der Krankheit. Während die ab 2014 weit über ein Jahr lang tobende westafrikanische Ebola-Epidemie mit ihren fast 29.000 Ansteckungsfällen und über 11.000 Toten den Fachleuten ausreichend Zeit zur Entwicklung und Anwendung von Gegenmitteln gab, waren die Marburg-Ausbrüche bisher zu kurz, um potenzielle Impfstoffe testen zu können. Das Marburg-Impfstoff-Konsortium (Marvac) geht davon aus, dass es zumindest noch Monate, vielleicht auch Jahre brauchen wird, bis ein Vakzin entwickelt wird, das bei Tests ausprobiert werden kann.

Fachleute rechnen damit, dass es in Zukunft zu immer neuen "zoonotischen Krankheiten" kommen wird – das heißt zu Ansteckungen mit Viren, die aus dem Tierreich stammen. Nach Schätzungen in der Fachwelt gibt es rund 1,7 Millionen Virenarten in der Welt, von denen 500.000 bis 800.000 auch auf den Menschen übertragen werden können. Das immer weitere Vordringen der Menschen in bislang unzugängliche Regionen – durch neue Siedlungsgebiete, Landwirtschaft und Jagd – macht solche Übertragungen auch immer wahrscheinlicher.

Rund 70 Prozent aller "neuen" Infektionskrankheiten wie die Grippe, Covid, Zika oder Ebola stammen aus dem Tierreich. "Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass Menschen und Tiere auf verschiedenen Seiten stehen", sagt Pauline Grentzinger, Veterinärin im Gabuner Nationalpark Lékédi: "Alles was das Tierreich trifft, betrifft auch uns." (Johannes Dieterich, 20.2.2023)