Besonders junge Menschen tragen als Hauptzielgruppe das mittlerweile zehnjährige Wachstum von Flixbus.

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Wie baut man als Start-up innerhalb von zehn Jahren ein auf dem halben Globus tätiges Busunternehmen auf? Drei deutsche Ex-Studenten kennen die Antwort. Einer davon ist André Schwämmlein, heute Chef des von ihnen gegründeten Mobilitätsanbieters Flix, der mit 2022 auf das "bisher erfolgreichste Jahr" zurückblickt. Vor zehn Jahren, im Februar 2013, wurde anlässlich der Marktliberalisierung in Deutschland die erste Verbindung unter der Marke Flixbus gestartet – sie hat im Vorjahr 60 Millionen Fahrgäste in 40 Ländern befördert.

Auf diese Weise will das Unternehmen, das erstmals Geschäftszahlen veröffentlicht, im Vorjahr etwas mehr als 1,5 Milliarden Euro erlöst haben, dabei stabil finanziert und auch schon profitabel sein. Wie ist ein so rasantes Wachstum möglich? Steht das Unternehmen auf finanziell gesunden Beinen?

Trend getroffen

"Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt", sagt Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Logistik und Transportwesen der WU Wien. Anstatt eine eigene Fahrzeugflotte aufzubauen, setzte Flix auf Kooperationen mit Busbetreibern. "Sie sind eigentlich ein Plattformunternehmen, wo Busverbindungen vermarktet werden", erklärt der Experte. Die gute und kundenfreundliche IT, modern ausgestattete Busse sowie günstige Preise seien wesentliche Erfolgsfaktoren.

"Flixbus hat zwei wesentliche Trends getroffen", sagt Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich. Bei jungen Menschen, der Hauptzielgruppe, gebe es ein steigendes Bewusstsein für klimaverträgliches Reisen – was bei Bussen im Vergleich mit Autos oder Flugzeugen gegeben sei. "Und sie sind sehr günstig, was gut ankommt."

Einer der Kooperationspartner in Österreich ist das Busunternehmen Dr. Richard, das seit 2014 die Linien Wien–Graz und Flughafen Wien – Graz betreibt. "Wir betreiben die Linien mit eigener Konzession und eigenem wirtschaftlichen Risiko", heißt es dazu. Man setze eigene Busse und Personal ein, Flixbus verkaufe die Tickets, die Abgeltung erfolge auf Provisionsbasis. Offenbar rechnet sich das für Dr. Richard trotz tiefer Preise und knapper Margen, "sonst würden wir es nicht schon so lange machen".

Drei Milliarden Euro

Auch mit Blaguss kooperiert Flix in Österreich. Offenbar zahlt sich das auch für Flix aus, denn das Unternehmen, das neben der Busmarke seit 2018 in Deutschland auch Flixtrain-Zugverbindungen anbietet, hat im Vorjahr laut eigenem Bekunden erstmals einen Gewinn vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern eingefahren, den das Unternehmen allerdings nicht beziffern will. Es dürften also nach Abzug dieser Posten unterm Strich wohl weiterhin rote Zahlen eingefahren haben. "So ganz profitabel ist das noch nicht", sagt WU-Experte Kummer.

Trotz des Kooperationsmodells benötigt das Wachstum Kapital, zuletzt erhielt Flix von Geldgebern im ersten Halbjahr 2021 umgerechnet 531 Millionen Euro, wobei Flix mit etwa drei Milliarden Euro bewertet wurde. "Wir sind gut finanziert, wir haben starke Investoren, wir sind also nicht in Eile", heißt es über einen möglichen Börsengang.

Greyhound erworben

Knapp nach der Geldspritze kaufte Flix 2021 das US-Traditionsunternehmen Greyhound um umgerechnet 148 Millionen Euro. Allerdings ist das Geschäft kapitalintensiver geworden, da Flix mit Greyhound rund 1000 Busse erworben hat. Seit 2017 betreibt man in Deutschland auch Flixtrain, da man auch auf der Schiene einen Wachstumsmarkt ausgemacht haben will.

Flixbus und Dr. Richard beklagen unisono, dass ihre Busverbindungen in Österreich nicht im Klimaticket und in Deutschland nicht im geplanten 49-Euro-Ticket enthalten sind. "Das ist eine Wettbewerbsverzerrung", sagt Geschäftsführer Ludwig Richard. Dabei gebe es in Österreich zahlreiche Destinationen, die mit dem Bus wesentlich besser zu erreichen seien als mit dem Zug. Zudem sei es auch ein Beitrag zum Klimaschutz, wenn mehr Leute statt mit dem Auto mit dem Bus reisen würden.

Längst hat Flix auch Nachahmer wie die 2021 in Italien gegründete Itabus gefunden, die heuer auch hierzulande loslegen will. "Im nächsten Jahr starten wir in ausländischen Märkten, die für uns besonders interessant sind, wie Österreich und Frankreich", sagte Itabus-Chef Enrico Zampone vergangenes Jahr. (Alexander Hahn, 20.2.2023)