Im Gastblog analysiert die Vizedirektorin des Instituts für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Ljiljana Radonić, wie Frauen in Ausstellungen dargestellt werden – und welche Problematiken dabei entstehen können.

Ein Museum über den Zweiten Weltkrieg zeigt eine Frau mit der Waffe in der Hand – für viele Wissenschafterinnen und Wissenschafter ist das nicht emanzipatorisch, sondern problematischer Ausdruck von Militarismus. Da ich in Jugoslawien aufgewachsen bin, assoziiere ich mit Bildern bewaffneter Frauen den Kampf von Titos Partisaninnen und Partisanen gegen Nationalsozialismus und Ustascha-Faschismus – einen "Militarismus" also, der zum Sieg gegen NS-Deutschland beigetragen hat. Es ist kritisch zu beleuchten, wie sozialistische Geschichtsmythen Frauen zu Ikonen des antifaschistischen Kampfes stilisieren, zugleich sollte die Beteiligung von Kämpferinnen aber nie unterschlagen werden.

Auch wenn diese Frage umstritten bleibt, herrscht in den kritischen Museumsstudien Konsens darüber, dass die Reduktion des Frauenbildes auf Krankenschwestern, die verwundete Soldaten versorgen, Mütter, die für ihre Söhne beten, oder Witwen, die um ihre gefallenen Männer weinen, eine stereotype Verengung ist. Wie lässt es sich dann erklären, dass heutige Ausstellungen, zum Teil sogar in Museen, die erst in den letzten Jahren eröffnet wurden, genau solche Klischees bemühen?

Heldennarrative reproduzieren Stereotype

Im 2019 im kroatischen Karlovac eröffneten Museum des Heimatländischen Krieges (1991 bis 1995) werden nicht etwa die Biografien weiblicher "Verteidigerinnen" (braniteljice) Kroatiens thematisiert, obwohl ihre Autobiografien vorliegen, Filme über sie gedreht wurden und eine von ihnen einem lokalen Veteranenverband vorsteht. Nur wenn man weiß, dass es sich um kroatische Frauennamen handelt, erschließt sich, dass einige der ausgestellten Orden Frauen verliehen wurden. In diesem von Frauen geleiteten, designten und kuratierten Museum werden Frauen in der Dauerausstellung in einen stilisierten Luftschutzbunker verbannt: Zu sehen sind die Organisatorin eines humanitären Transports und Mütter, die für die Entlassung ihrer kroatischen Söhne aus der Jugoslawischen Volksarmee beten und demonstrieren. Das Beispiel zeigt, dass Museen, die nationalistische Heldennarrative nicht kritisch dekonstruieren, sondern befördern, auch heute noch stereotype Frauenrollen reproduzieren.

Das grüne "Sklonište"-Schild bezeichnet den Eingang zum stilisierten Luftschutzbunker im Museum des Heimatländischen Krieges in Karlovac.
Foto: Ljiljana Radonić

Auch finden sich in zahlreichen Museen heute noch Fotos sexualisierter Gewalt, die Frauen in erniedrigenden Posen, fast oder ganz nackt zeigen. In China wurden seit 2015 in Nanjing und Schanghai zwei Museen über sogenannte "comfort women", Sexsklavinnen der japanischen Armee, eröffnet. Doch zeigen beide Ausstellungen diese Frauen nackt. Das Museum im Nanjing am Ort einer ehemaligen "comfort station" zeigt dieselbe Frau vier Mal nackt genau an dem Ort, an dem ihr Gewalt angetan worden ist. Einzig die Geschlechtsorgane sind in beiden Museen mit einem schwarzen Balken verdeckt, was jedoch kaum als Errungenschaft gelten kann.

Aufzeigen des Blicks

Viele andere Museen zeigen erniedrigende, von Tätern aufgenommene Fotos von Jüdinnen in Unterwäsche Minuten vor ihrer Erschießung, wie etwa die oft reproduzierte Fotoserie des NS-Massenmords im lettischen Liepāja 1941. Manche der neueren Ausstellungen entscheiden sich zwar bewusst dafür, Bildmaterial von sexualisierter Gewalt zu zeigen, tun dies jedoch auf eine Art, die den voyeuristischen Charakter dieser Aufnahmen problematisiert. So zeigt das Museum für die Geschichte der polnischen Juden in Warschau die Liepāja-Fotos klein in einem düsteren stilisierten Wald hinter Baumstämmen, sodass sich die Besuchenden anstrengen müssen, diese zu sehen – das Gegenteil von überdimensionierten Fotos, die einen beim Betreten des Raumes überwältigen.

Stilisierter Wald im Museum für die Geschichte der polnischen Juden, im Hintergrund die Fotos sexualisierter Gewalt.
Foto: Ljiljana Radonić

Aufnahmen des Lemberger Pogroms von 1941, bei dem Jüdinnen und Juden in Unterwäsche oder nackt durch die Straßen gejagt wurden, sind in diesem Museum so platziert, dass man den Kopf direkt über ein Loch bewegen muss, in dem unten versenkt die Aufnahmen zu sehen sind – wenn man nur davor steht, sieht man sie nicht. Solche Stilmittel sollen zum Nachdenken über den voyeuristischen Charakter dieser Aufnahmen anregen.

Andere Museen verzichten hingegen explizit auf von Tätern aufgenommene Fotografien sexualisierter Gewalt und verwenden andere Quellen, wie Berichte von Überlebenden, um dieses lange marginalisierte Thema zu beleuchten. In letzter Zeit rücken sogenannte Lagerbordelle für KZ-Häftlinge vermehrt ins Blickfeld. In den KZ-Gedenkstätten Buchenwald, Neuengamme oder Mauthausen etwa werden sie in Plänen, Audioguides und Überlebendenberichten thematisiert, nicht jedoch durch "Anschauungsmaterial".

Darstellung von Täterinnen

Frauen als Täterinnen werden in Ausstellungen immer noch selten gezeigt. In der NS-Zeit verabreichten sie als Pflegerinnen Euthanasiespritzen, denunzierten, setzten antisemitische Maßnahmen in der Fürsorge durch, gründeten NS-Frauenorganisationen und waren nicht zuletzt KZ-Aufseherinnen. Letztere wurden im KZ Ravensbrück ausgebildet, und so verwundert es nicht, dass sie in der Gedenkstätte auch zu sehen sind. Zu den seltenen im ostmitteleuropäischen Raum gezeigten Aufnahmen gehören etwa zwei Fotos im Holocaust-Gedenkzentrum in Budapest – von Frauen beim Plündern eines Ghettos. Im Haus der Geschichte Österreich wurden unlängst Kurzbiografien österreichischer NS-Täter und NS-Täterinnen, Männer wie Frauen, in der Dauerausstellung hinzugefügt.

So selbstverständlich es für manche Museumsmacherinnen und Museumsmacher ist, feministische Perspektiven einzubeziehen, so völlig undenkbar scheint das immer noch in vielen anderen Ausstellungen. Um aber mit einer positiven Entwicklung zu schließen: Im argentinischen ESMA-Museum im Gebäude des früheren Anhalte- und Folterzentrums der Militärdiktatur wurde unlängst eine "Korrektur" vorgenommen.

Argentinisches ESMA-Museum.
Foto: Markéta Bajgerova Verly für das GMM-Projekt

Mit einem Rotstift wurden alle Texttafeln, denen eine geschlechtsspezifische Perspektive fehlte, so ergänzt, dass die Rolle von Frauen, Geschlechterverhältnissen und sexueller Gewalt nun sehr sichtbar wird. Nehmen wir uns an dieser Museumsinitiative ein Vorbild. (Ljiljana Radonić, 8.3.2023)