Auch in der EU gibt es Pläne zur Verringerung von Einkommensdiskriminierung.

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Das deutsche Bundesarbeitsgericht hat vergangene Woche ein Grundsatzurteil zu gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit gefällt. Künftig können Arbeitgeber:innen ein höheres Gehalt für einen Mann nicht nicht mehr damit rechtfertigen, dass er dieses wegen besserer Verhandlungen erhalten habe.

Dieses Argument, der Kollege habe besser verhandelt, hörte Susanne Dumas, nachdem sie durch Zufall entdeckt hatte, dass ein Kollege im selben Job deutlich mehr verdiente. Die damalige Mitarbeiterin einer Metallfirma klagte ihren Arbeitgeber, bei dem sie zwischen 2017 und 2021 beschäftigt war, auf die gleiche Bezahlung wie bei dem Kollegen. Dieser verdiente aufgrund seiner Forderung für die Probezeit 1.000 Euro mehr.

Der Arbeitgeber begründete das damit, dass der Mitarbeiter bei seiner Einstellung mehr Lohn gefordert habe. Sowohl das Arbeitsgericht in Leipzig als auch das Landesarbeitsgericht in Sachsen werteten diese Argumentation als "objektiven arbeitsbezogenen Grund" für die bessere Bezahlung, wie deutsche Medien berichten. Ein solcher arbeitsbezogener und objektiver Grund muss seit der 1957 geltenden europarechtlichen Equal-Pay-Vorgabe bei Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen vorliegen.

Nicht verboten, über Gehalt zu reden

Dumas wandte sich schließlich an das Bundesarbeitsgericht, das die Argumentation ihres Arbeitgebers als nicht zulässig einstufte und Dumas recht gab. Wenn Frauen und Männer bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt würden, begründe das die Vermutung der Diskriminierung wegen des Geschlechts, sagte die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing. Das Bundesarbeitsgericht kippte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen in großen Teilen und sprach Dumas 15.000 Euro entgangenen Lohn und 2.000 Euro Entschädigung zu.

Eine der Anwältinnen der Klägerin erklärte auf Twitter, Arbeitgeber:innen müssten nun aktiv prüfen, ob es "Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen, die Vergleichbares leisten, aufgrund höherer Gehaltsforderungen von Männern im Betrieb gibt". Passiere das nicht, hätten in Deutschland Frauen in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten einen Auskunftsanspruch. Damit können Beschäftigte das Medianentgelt in einer Vergleichsgruppe erfahren.

Beschäftigten in kleineren Betrieben rät sie, sich bei Kollegen zu erkundigen, was diese auf vergleichbaren Stellen verdienen. Es sei nicht verboten, über Gehälter zu sprechen.

Auch vonseiten der EU gibt es Pläne zur Verringerung von Einkommensdiskriminierung. Diese sehen unter anderem vor, dass die Mitgliedsstaaten Methoden für geschlechtsneutrale Arbeitsbewertung einführen und Arbeitnehmer:innen schon vor Jobantritt Einblick in Einstiegseinkommen und die im Unternehmen gängige Entwicklung der Gehälter bekommen.

Österreichische Lohntransparenz

In Österreich wurde 2011 ein Lohntransparenzgesetz eingeführt. Seither müssen Unternehmen mit mindestens 150 Beschäftigten Einkommensberichte vorlegen, die die Bezahlung von gleichen und vergleichbaren Tätigkeiten transparent machen sollen – tun sie das nicht, drohen ihnen allerdings keine Konsequenzen. Forscher:innen stellten 2022 fest, dass das Lohntransparenzgesetz bisher keinen Einfluss auf den Gender-Pay-Gap hatte. (beaha, 22.2.2023)