Zwei Generationen des Quantenprozessors Sycamore von Google: Jeder Prozessor besteht aus zwei Chips – einer enthält die Qubits, der andere ist für die Verdrahtung zwischen Qubits und der Außenwelt zuständig. Rechts ist der neueste Sycamore-Prozessor.
Foto: Google Quantum AI

Quantencomputer bieten zahlreiche vielversprechende Anwendungen – etwa bei der Suche nach neuen Wirkstoffen, bei Optimierungsprozessen oder maschinellem Lernen. Doch bevor Quantencomputer tatsächlich in der Praxis eingesetzt werden können, gilt es noch einige Hürden zu nehmen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Fehlerkorrektur.

Fehler in den Griff zu bekommen ist bei Quantencomputern aus unterschiedlichen Gründen viel aufwendiger als bei klassischen Rechnern. Zunächst sind Quantenrechner viel anfälliger, was Störungen durch die Umgebung angeht – das kann zu fehlerhaften Quanten-Bits führen. Zudem ist es nicht möglich, Qubits einfach zu kopieren, wie dies bei klassischen Bits der Fall ist, was für die Fehlersuche und -korrektur eingesetzt werden kann.

Knackpunkt auf dem Weg zur Anwendung

Die Fehleranfälligkeit ist daher derzeit einer der großen Knackpunkte auf dem Weg zu Quantencomputern, die in der Praxis breit einsetzbar sind. Umso erstaunlicher ist daher ein Ergebnis, das Forschende von Google Quantum AI in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Nature" vorstellen. Der Quantencomputer-Forschungsgruppe von Google ist es demnach erstmals gelungen, einen äußerst aussichtsreichen Ansatz der Quantenfehlerkorrektur in einem Experiment umzusetzen. Es handelt sich dabei um den sogenannten Surface Code, eine der bekanntesten Codierungsmöglichkeiten, die mit den größten Fehlern umgehen kann.

Konkret konnten die Forschenden eine Methode umsetzen, bei der die Fehlerraten bei einem größeren System kleiner waren als bei einem kleineren System. Eigentlich würde man genau das Gegenteil erwarten: Ein größeres System mit mehr Qubits bietet natürlich auch mehr Möglichkeiten für Fehler. Doch durch den Surface Code ist es möglich, die Performance der Fehlerkorrektur mit der zunehmenden Anzahl von Qubits zu verbessern.

Von außen ist beim Google Quantum AI vor allem das Kühlsystem zu sehen. Im unteren Teil ist der Quantenprozessor installiert.
Foto: Google Quantum AI

Beachtlicher Meilenstein

Noch unklar bleibt allerdings, bis in welchen Bereich die Skalierung möglich sein wird: Möglicherweise funktioniert die vorliegende Methode bis zu einer gewissen Anzahl an Qubits gut, darüber hinaus könnten die Fehler aber wieder zunehmen. Auch die Forschenden von Google räumen ein, dass das vorliegende Ergebnis nur ein Zwischenerfolg ist und weitere Forschungen nötig sind. "Im Moment ist nur demonstriert, dass es funktioniert, der praktische Vorteil ist noch sehr gering", sagt Andreas Wallraff, Direktor des Quantum Centers und Professor für Festkörperphysik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, der nicht an der Google-Studie beteiligt war. "Trotzdem sind die in der Studie präsentierten Fortschritte ein Meilenstein."

Für Walraff besteht die wichtigste Erkenntnis der aktuellen Publikation darin, "dass die Qualität des Surface Codes besser wird, wenn man die Anzahl der physikalischen Qubits erhöht. Theoretisch war das schon seit einiger Zeit bekannt, aber das Experiment von Google ist jetzt das erste, in dem das auch in der Praxis nachgewiesen werden konnte."

Zentrale Herausforderung für die Forschung

Auch für Martin Ringbauer, Leiter der Forschungsgruppe für Qudit Quantentechnologie an der Universität Innsbruck, der ebenfalls nicht an der aktuellen Publikation beteiligt ist, stellt diese einen "wichtigen ersten Schritt" dar, der zeigen würde, "dass Quantencomputer große Schritte Richtung Fehlerkorrektur und Skalierbarkeit machen".

Um eine zufriedenstellende Fehlerkorrektur bei Quantencomputern erreichen zu können, müsse die Fehlerrate aller Bestandteile des Quantencomputers unter einem gewissen Schwellenwert liegen und entsprechend viele Qubits müssten zur Verfügung stehen, sagt Ringbauer. "Eine Handvoll Forschungsgruppen konnten hier in den letzten Jahren eindrucksvolle Fortschritte machen. Die Arbeit ist aber noch lange nicht getan, und der fehlertolerante Quantencomputer bleibt weiterhin eine zentrale Herausforderung für die aktuelle Forschung." (Tanja Traxler, 22.2.2023)