In Eisenstadt kam es in einem Terrorprozess um den Sohn eines Hamas-Gründers zu einem Urteil.

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Vor dem Eisenstädter Straflandesgericht sind eine Handvoll Polizisten in einer Traube postiert. Einer der Beamten spielt derweil mit einem angeleinten Polizeihund. Eigentlich sollten die Zeichen aus Sicht des Gerichts aber auf Sicherheitsrisiko stehen.

Auf der Anklagebank sitzt nämlich Suheib Y., ein Sohn eines Gründervaters der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen. Die Vorwürfe drehen sich um Terrorismus und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Bei seiner Einvernahme wird sich der 42-Jährige durchgehend aufgeregt in Richtung der Arabisch-Dolmetscherin vorlehnen, wild gestikulieren, immer lauter werden, aber auch der Richterin ins Wort fallen. Und Y. wird sich darüber echauffieren, dass ihm die Behörden nur einen Teil seiner angeblichen "Fantasiegeschichte" glauben wollen.

"Der grüne Prinz"

Der Angeklagte wurde im Oktober 2021 in einem Asylheim in Eisenstadt festgenommen. Ein Mitbewohner hatte ihn als Hamas-Mitglied enttarnt, heißt es. Zuvor versuchte Y. schon in den Niederlanden, in Deutschland und in Ungarn Asyl zu bekommen – ohne Erfolg. Nach Österreich wollte der Verdächtige angeblich wegen des "guten Rufs" in der ganzen Welt. "Ich wollte das schöne Leben." Doch das glauben ihm die Ermittler nicht.

Die Staatsanwältin geht eher davon aus, dass Y. zumindest 13 Jahre lang für die Hamas Geheimdiensttätigkeiten erledigt und Informationen über "israelische Vorgänge" und "Informationen über Anschläge" gesammelt haben könnte. Danach sei der Angeklagte nach Europa und schließlich in die Türkei geflüchtet, wo er wieder als eine Art Spion für die Hamas gearbeitet haben soll. Dort habe Y. auch damit begonnen, die Organisation seines Vaters in Interviews und Facebook-Videos massiv zu kritisieren und als korrupte Vereinigung darzustellen. Dabei habe er zugegeben, für die Hamas tätig gewesen zu sein, und garnierte das mit allerlei Details über die Organisation.

All das sollen aber nur Lügen gewesen sein, "ein Spiel", um leichter Asyl zu bekommen. Der Angeklagte gibt an, illegal als Koch "bei den Juden" in Israel gearbeitet zu haben, die er liebe. "Israelische Küche, koscher, kann ich", sagt er. "Ich bin ja nicht James Bond."

Israel dürfte Y. tatsächlich nicht als Terrorist klassifiziert haben, wie vor Gericht erläutert wird. Verurteilt wurde er dort nur wegen illegalen Aufenthalts und illegaler Einreise. Auch dem Staatsschutz liegt nicht mehr dazu vor. Die Recherche bestritt man dort aber vor allem mit öffentlichen Internetquellen.

Er habe schlicht die Geschichte seines Bruders Mosab abkupfern wollen, um Asyl zu bekommen, erzählt Y. Dieser infiltrierte die Hamas von innen für den israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet und soll so etliche Anschläge verhindert haben – ehe er sich in die USA abgesetzt hatte. Davon handelt der international viel beachtete Film Der grüne Prinz (2014). Seine angebliche Kooperation mit dem israelischen Dienst Mossad habe er deshalb in den Einvernahmen angegeben, erklärte der Angeklagte vor Gericht: "Alles, was ich gesagt habe, war eine Lüge."

Der in Israel mehrfach inhaftierte Vater soll wegen der kritischen Aussagen seines Sohnes zur Hamas mit diesem gebrochen haben. Angst vor Vergeltung habe Y. zwar in den Einvernahmen gezeigt, heißt es, in Österreich würde er sich aber sicher fühlen, wie er nun betont. (Jan Michael Marchart, 22.2.2023)