Bei einer Kurskorrektur müsste Österreich ab 2025 pro Jahr rund 6,7 Milliarden Euro einsparen.

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Wien – Wie wird Österreich im Jahr 2060 aussehen? Eine mögliche Antwort darauf: Das Land wird viel älter sein. Die Zahl der Menschen über 65 steigt demnach von aktuell 1,71 Millionen auf dann über 2,86 Millionen an. Dazu kommt, dass die Zahl der Personen im Erwerbsalter zwischen 15 und 64 sinken wird.

Diese Entwicklung wird nicht nur für den Arbeitsmarkt eine Herausforderung sein, sondern führt auch zu großen zusätzlichen budgetären Belastungen.

Das ist eines der Ergebnisse einer Analyse des Budgetdienstes, die auf Basis einer Studie des Forschungsinstituts Wifo erstellt wurde.

Die Experten vom Wifo und dann vom Budgetdienst für den Nationalrat haben analysiert, wie sich die Staatsverschuldung Österreichs bis 2060 entwickeln wird. Eine Reihe von Faktoren sorgen für stark steigende öffentliche Ausgaben. Die beschriebene Alterung sorgt dafür, dass die Kosten für Pflege, Gesundheitsversorgung und Pensionen steigen. "Demografiebedingte Ausgaben" legen von aktuell 48,6 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 55,9 Prozent bis zum Jahr 2060 zu.

Das ist nicht die einzige zusätzliche Belastung für den Haushalt.

In einer Prognose müssen notwendigerweise diverse Annahmen getroffen werden, die mit Unsicherheiten behaftet sind. Angenommen wird konkret bis 2060 ein jährliches Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent. Die Inflationsrate wird auf zwei Prozent zurückgehen. Bei den Zinssätzen wird erwartet, dass diese mittel- und langfristig auf 3,7 Prozent steigen. Das führt dazu, dass der Staat mit deutlich höheren Ausgaben für neue Schulden rechnen muss. Aktuell entsprechen die Zinsausgaben einer Höhe von 1,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im Jahr 2060 wird dieser Wert um mehr als das Dreifache angestiegen sein, auf 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Anstieg um 50 Prozentpunkte

Wie entwickeln sich nun Schulden und Defizite? Nach dem aktuellen Anstieg infolge von Pandemie und Inflationshilfen geht das Budgetdefizit bis 2025 auf 1,7 Prozent zurück. Danach steigt das Defizit laufend an und erreicht 2060 sechs Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP). Das sorgt dafür, dass die Schuldenquote auf 120,8 Prozent des BIPs anschwellen wird. Aktuell liegt die Quote bei etwa 71 Prozent.

Die letzte langfristige Prognose wurde 2019 erstellt. Im Vergleich dazu haben sich die Erwartungen stark verändert. Die nun vorliegenden Zahlen sagen einen doppelt so starken Anstieg der Verschuldung voraus. Was hat sich verändert? "Die Ursachen für diese Abweichungen liegen im zuletzt krisenbedingt deutlich angestiegenen Schuldenstand, im veränderten Zinsumfeld und in geänderten Ausgangswerten für die Fortschreibung der weiteren nichtdemografieabhängigen Ausgaben", heißt es in der Analyse.

Die Prognose wurde unter der Annahme eines No-Policy-Change erstellt: Es wird also davon ausgegangen, dass es keine neuen politischen Schwerpunkte gibt. Sollte eine Regierung in Zukunft sich dazu entschließen, noch mehr gegen die Klimakrise auszugeben, würde das die Schulden etwas weiter hochtreiben.

Wie wirkt Ende der kalten Progression?

Interessant ist, dass das von ÖVP und Grünen beschlossene Ende der kalten Progression, also das der automatischen Steuererhöhungen, keine Auswirkungen auf die Prognose hat. Das liegt daran, dass schon in früheren Berechnungen angenommen wurde, dass die kalte Progression abgegolten wird. Was sich geändert hat ist, dass diese Abgeltung in der Vergangenheit über Steuersenkungen erfolgt ist – nun geschieht das automatisch.

Die große Frage ist, was aus den Zahlen folgt? Das Verständnis von öffentlichen Schulden hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Höhere Ausgaben führen nicht zwingend zu wirtschaftspolitischen Problemen, während ein Sparkurs das Wachstum abwürgen kann. Die Inflation ist viel mehr eine Begrenzung für neue Schulden als irgendwelche fiskalischen Vorgaben, für die sich in Wahrheit oft keine ökonomische Notwendigkeit besteht.

In der politischen Realität führen höhere Schulden allerdings oft zu einem Sparzwang. Dazu kommt, dass höhere Zinsausgaben bedeuten, dass für andere Dinge Geld fehlt. 2060 müsste der Finanzminister oder die Finanzministerin überspitzt formuliert wählen, ob eine neue Schule gebaut wird oder der Staat die Zinsen weiter bedient.

Will Österreich langfristig den EU-Verpflichtungen beim Budget nachkommen, müsste das Land bald zu sparen beginnen, heißt es in der Analyse. Ab 2025 wären Mehreinnahmen oder Minderausgaben in Höhe von 6,7 Milliarden Euro nötig. Neue Steuern einzuführen ist in Österreich politisch nicht einfach. Somit bleiben nur noch Sparpakete übrig. (András Szigetvari, 23.2.2023)