Die Mehrheit der Befragten will keine Gebühr für die Finanzierung des ORF bezahlen.

Foto: imago

So wirbt die GIS bisher um Gebührenzahler.

Foto: www.gis.at

Wien – Die Regierung bereitet eine neue Finanzierung für den ORF vor, statt der GIS mit Ausnahmen für Streamingnutzung kommt 2024 eine Abgabe für alle Haushalte. Eine Mehrheit von 63 Prozent lehnt in einer Market-Umfrage für den STANDARD Gebühren für den ORF grundsätzlich ab.

Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Befragten spricht sich für eine Budgetfinanzierung des ORF aus. Höchstwerte für die geplante Haushaltsabgabe gibt es unter ÖVP-Anhängern sowie unter Fans der Neos und der Grünen. Und 65 Prozent der Befragten sprechen sich für eine Streichung der Bundes- und Landesabgaben auf die ORF-Gebühr aus.

Warum Haushaltsabgabe – und wie funktioniert sie?

  • Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) hat vorige Woche erstmals öffentlich erklärt, dass sie sich eine Haushaltsabgabe statt der GIS vorstellen kann. Kommende Woche dürften die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner Grüne anlaufen, der sich ebenfalls für eine Haushaltsabgabe ausgesprochen hat.
  • Haushaltsabgabe bedeutet: Alle Haushalte müssen diese Abgabe unabhängig von Nutzung und Empfangsgeräten zahlen, also auch bisher von der GIS ausgenommene Streamingnutzer. Der Verfassungsgerichtshof verlangt, ab 2024 alle wesentlichen Nutzungsmöglichkeiten in eine künftige ORF-Finanzierung einzubeziehen. Streaming auszunehmen widerspreche der Verfassung.
  • Viele wesentliche Details der Haushaltsabgabe sind noch unklar – etwa Regelungen für Zweitwohnsitze und Firmen. Bisher gibt es auch keine konkreten Informationen, ob und welche bisherigen Landes- und Bundesabgaben auch auf die künftige ORF-Haushaltsabgabe eingehoben werden. Sie machen rund ein Drittel der aktuellen Abgabe aus. Kolportiert wird ein Entfall der Mehrwertsteuer und womöglich des Kunstförderungsbeitrags des Bundes, aber weiterhin Landesabgaben.
  • "ORF-Rabatt": Als Bedingung für die Haushaltsabgabe formulierte die Medienministerin einen geringeren ORF-Anteil an der Abgabe als die bisher 18,59 Euro monatlich pro Haushalt, weil künftig ja mehr Haushalte zahlen müssen. Und ein großes Sparprogramm im ORF, das nun RSO, ORF Sport Plus und Flimmit treffen soll – was die Grünen irritiert und zu massiven Protesten aus Kultur, Sport und Politik geführt hat.

Gebühr für ORF nicht gerechtfertigt

Das Linzer Marktforschungsinstitut Market fragte in seiner jüngsten Umfrage für den STANDARD grundlegend nach der Akzeptanz von Gebühren für öffentlich-rechtlichen Rundfunk: "Es ist in Österreich gesetzlich geregelt, dass für die Leistungen und Informationen durch den ORF Gebühren zu bezahlen sind. Ist dies Ihrer Meinung nach gerechtfertigt oder eher nicht?"

63 Prozent der Befragten sehen solche Gebühren für den ORF als nicht gerechtfertigt an, 30 Prozent stimmen zu.

Weniger ablehnend zeigen sich jüngere Menschen zwischen 16 und 29 – zu 58 Prozent – gegenüber dem Beitrag, allerdings entschieden sich hier mit 16 Prozent deutlich mehr für "weiß nicht" oder keine Angabe als ältere Befragte.

Die höchste Ablehnung von ORF-Gebühren äußern Anhänger der FPÖ, von denen 87 Prozent diese Finanzierung nicht gerechtfertigt finden. Die höchste Zustimmung äußern Grünen-Fans, von denen 55 Prozent solche Gebühren gerechtfertigt sehen.

Von den im Nationalrat vertretenen Parteien kommt die zweithöchste Ablehnung aus dem ÖVP-Lager mit 57 Prozent, nur 36 Prozent finden Gebühren für den ORF gerechtfertigt.

Höchstwerte für Haushaltsabgabe bei ÖVP-Anhängern

Unterstützung für das bevorzugte Modell der konservativen Medienministerin zeigt die Umfrage vor allem unter Anhängerinnen und Anhängern der ÖVP. Motto: wenn schon Gebühr für den ORF, dann Haushaltsabgabe.

47 Prozent der ÖVP-Fans sprechen sich in der Umfrage für eine Haushaltsabgabe aus, 38 Prozent für die Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget und nur zehn Prozent für eine um streamingtaugliche Geräte erweiterte GIS.

Für die Haushaltsabgabe äußern sich auch Anhänger der Neos (46 Prozent) und der Grünen (45 Prozent).

Eine Dreiviertelmehrheit für eine Budgetfinanzierung sieht die Umfrage unter FPÖ-Fans. Die FPÖ betrieb eine Budgetfinanzierung des ORF und ein Ende der GIS in der türkis-blauen Koalition mit der ÖVP von Sebastian Kurz.

Budgetfinanzierung kann – je nach Ausgestaltung – zu einer höheren Abhängigkeit des ORF von der jeweiligen Regierung führen.

Bundes- und Landesabgaben auf GIS sind 45 Prozent unbekannt

Ein Drittel der Mittel, die die GIS Haushalten derzeit vorschreibt, geht nicht an den ORF, sondern an den Bund und sieben von neun Bundesländern (Vorarlberg und Oberösterreich verzichten auf Landesabgaben).

Das ist laut STANDARD-Umfrage offenbar nicht wirklich breit bekannt: 49 Prozent der Befragten erklären, dass ihnen diese Abgaben bewusst waren. Aber fast ebenso viele, 45 Prozent, erklären, das sei ihnen neu.

Zwei Drittel der ÖVP-Fans gegen Bundes- und Länderabgaben auf ORF-Gebühr

65 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, die Bundes- und Landesabgaben auf eine ORF-Gebühr zu streichen und die Gesamtgebühr dadurch um ein Drittel günstiger zu machen.

66 Prozent der ÖVP-Fans sprechen sich für diesen Entfall von Bundes- und Landesabgaben aus, ebenso viele sind es unter den SPÖ-Anhängern.

Gleich 74 Prozent der FPÖ-Fans sähen diese Abgaben gerne gestrichen und 71 Prozent der Neos. 56 Prozent der Grünen-Fans könnten auch gut darauf verzichten, der niedrigste Wert unter den Parteien im Nationalrat.

An den Bundes- und Landesabgaben rechnet nach STANDARD-Infos gerade das Finanzministerium. Die derzeit mit der GIS eingehobenen Mittel sollen die sieben Bundesländer weiterhin erhalten, ob mit einer Haushaltsabgabe eingehoben, wird noch überlegt. Mehrwertsteuer und Kunstförderungsbeitrag des Bundes könnten bei der Haushaltsabgabe wegfallen, sagen Menschen mit Einblick in die Verhandlungen. (Harald Fidler, Conrad Seidl, 25.2.2023)