Blick ins Alltägliche: Roy Lichtenstein versah seine Siebdrucke mit typischen Punkten, Linien, dicken Konturen und satten Farbflächen.
Foto: Albertina Wien

Ein ganzer Konvoi an Rennautos flitzt über bunte Bahnen, eine Armee angepinselter Tse-tungs blickt trotz roter, blauer und grüner Miene stoisch vor sich hin, und die zehnfache Abbildung eines elektrischen Stuhls befördert sich durch ihre neonpinke und grellgelbe Inszenierung ins Lächerliche.

Andy Warhol, der exzentrische Papa der Pop Art, wusste, wie er alltägliche Gegenstände aus Werbung und Medien wirkungsvoll transformieren musste: Auch seine Campbell’s Soup-Serie steht exemplarisch für die Erhebung eines banalen Objekts zur unverkennbaren Kunst ikone. Durch den Einsatz des Siebdrucks für seine seriellen Produktionen ermöglichte Warhol nicht nur eine massenhafte Herstellung von Kunstwerken – der Künstler gab seinem Atelier den Namen "Factory" –, sondern leistete auch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Druckgrafik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Papa der Pop-Art: Andy Warhols Armee angepinselter Maos mit bunter Miene.
Foto: Albertina Wien / The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Bildrecht, Wien 2023

Dieser widmet sich nun die Schau Andy Warhol bis Damien Hirst. The Revolution in Printmaking in der Albertina modern und setzt sich zum Ziel, die Errungenschaften der Druckgrafik der letzten Jahrzehnte aufzuzeigen. Diese Revolution beginnt mit grellen, großformatigen Bilderserien in den 1960ern und knüpft somit an den ersten Teil des aktuellen Ausstellungsschwerpunkts des Museums an: Im Haupthaus der Albertina legt Dürer. Munch. Miró. The Great Masters of Printmaking, im 15. Jahrhundert beginnend, quasi den Grundstein.

Monumentale Serialität

Unbedingt seien die beiden Sammlungsausstellungen als eine zusammenhängende Großpräsentation zu verstehen, betont Direktor Klaus Albrecht Schröder, der diese gemeinsam mit Constanze Malissa kuratiert hat. Idealerweise starten Interessierte also bei Albrecht Dürers kleinformatigen, schwarz -weißen Holzschnitten im Haupthaus und enden bei Damien Hirsts aufgeblasen-poppigen Siebdrucken in der Dependance am Karlsplatz.

Diese Reihenfolge ist jedoch nicht nur aus inhaltlicher Chronologie zu empfehlen, wirkt der zweite Teil für sich allein doch eher wackelig. Primär entsteht dieser Eindruck durch einige willkürliche Kombinationen, die sich bis auf stilistische Schwerpunkte wie Serialität, Monumentalität oder Drucktechnik durchziehen. Die umfassende Schau öffnet großzügig mit Warhol und Robert Rauschenberg und versammelt mittig deutsche Großformatvertreter wie Anselm Kiefer oder Jörg Immendorff, verästelt sich aber zunehmend in der Aufzählung einzelner Positionen. Der Dialog fehlt.

Mittig versammelt die Ausstellung prominent deutsche Großformatvertreter wie Markus Lüpertz.
Foto: Albertina Wien

Beliebigkeit mit Comics

So wird Hermann Nitschs Das letzte Abendmahl mit weiblichen Körpern von Kiki Smith, Hirsts Medikamentenbilder werden mit Ameisenstraßen von Peter Kogler kombiniert. Dieses Manko an thematischen Verbindungen verursacht eine gewisse Beliebigkeit. Obwohl Roy Lichtensteins typische Szenen mit Science-Fiction-Comics von Michaela Konrad ästhetisch passend ergänzt werden – die mittels der App Artivive sogar belebt werden können –, wirkt die vergleichsweise unbekannte Künstlerin neben den Kapazundern etwas fehl am Platz.

Statt in dieser Fortsetzung nach großen Narrativen zu suchen, sollte man sich also auf Einzelwerke – wie beispielsweise die fotorealistischen Holzschnitte von Franz Gertsch – und ihre beeindruckende Technik konzentrieren. (Katharina Rustler, 24.2.2023)