Der britische Verlag Puffin hat aus den Büchern von Roald Dahl Wörter wie "fett" oder "hässlich" eliminieren lassen, weil diese politisch untragbar seien.

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Es gibt Tragischeres auf Erden als die jüngsten Exzesse aus der wunderbaren Welt der Woken. Was da aber aus Großbritannien berichtet wird, ist doch starker Tobak. Nicht unbedingt neuer Tobak, denn selbstherrliches Zensorinnen- und Zensorengefummel in Kinderbüchern hat es im deutschen Sprachraum auch schon gegeben. Starker Tobak aber gleichwohl.

Der britische Verlag Puffin hat aus den Büchern von Roald Dahl Wörter wie "fett" oder "hässlich" eliminieren lassen, weil diese politisch untragbar seien. Deshalb fühlt man sich bei Puffin, gemeinsam mit Dahls Nachlassverwaltern, im Recht, posthum in dessen Werk herumzufuhrwerken. Die Problematik, dass Dahl in etlicher Hinsicht ein Fiesling und zugleich ein großartiger Schriftsteller war, ist dabei von nachrangiger Bedeutung. Der Fall ist interessant, weil in ihm die morbiden Denkfiguren und Charakteristika zeitgenössischer Kulturkämpfer mustergültig zutage treten.

Pädagogischer Aplomb

Anmaßung zum Beispiel. Was sollte jemanden dazu legitimieren, anderen Leuten mit ungebührlichem pädagogischem Aplomb vorzuschreiben, was sie zu lesen haben und was nicht? Keine Ahnung, aber wurscht. Man stellt sich partout auf den Standpunkt "Das Recht gebührt mir, und das nehm’ ich mir auch".

Zimperlichkeit und Weltfremdheit. Anstatt gegen veritable politische und soziale Probleme anzutreten, beschäftigt sich der Kulturkämpfer lieber mit Scheingefechten. Zu glauben, die Entfernung des Wortes "fett" in Kinderbüchern trüge ein Jota zum Fortschritt der Menschheit bei, ist illusorisch. Keine Illusion dagegen ist, dass derlei Absurditäten eine Steilvorlage für Wladimir Putin und alle anderen sind, die politische Korrektheit als westliches Dekadenzphänomen brandmarken wollen.

Scheinheilige Legitimation

Scheinheiligkeit spielt auch eine Rolle. Zur Legitimation zensorischer Eingriffe wird gerne so getan, als arbeite man tapfer an der Verbesserung der Welt. Schnecken. Ich halte es eher mit dem britischen Historiker Edward Gibbon, der meinte: "Man traue keinem erhabenen Motiv für eine Handlung, wenn sich auch ein niedriges finden lässt." Als da wären: kleinkarierte Lust am Schurigeln anderer, ungebremstes Ausleben aller selbstgerechten Impulse.

Übrigens: Jemanden als Fettsack zu traktieren ist etwas, was man auch ohne zensierte Kinderbücher unterlässt, weil es der guten Kinderstube widerspricht. Obwohl: Wenn ich im Fernsehen ... aber lassen wir das. (Christoph Winder, 25.2.2023)