Die Raiffeisenbank International (RBI) steht wegen ihres Russland-Geschäfts laufend in der Kritik.

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Der Rubel rollt für die Raiffeisen Bank International (RBI). Im Kriegsjahr 2022 hat die österreichische Bank noch besser als sonst verdient. Zu Buche steht ein Rekordgewinn von 3,6 Milliarden Euro. Rund 60 Prozent davon stammen aus Russland und Belarus. Der Gewinn hat sich im Vergleich zum Vorjahr damit fast verdreifacht. Aber wie kann es sein, dass die Bank trotz der Sanktionen gegen Russland Rekordgewinne schreibt?

Einen Hinweis darauf könnte ein aktueller Bericht der "Financial Times (FT)" liefern. Die britische Tageszeitung zitiert darin einen anonymen Raiffeisen-Manager. Die Bank wickle demnach mittlerweile "40-50 Prozent aller Geldflüsse zwischen Russland und dem Rest der Welt ab." Die RBI könnte also indirekt vom Rückzug anderer Unternehmen und von den Sanktionen gegen Russland profitieren. Für eine entsprechende Anfrage des STANDARD war die Bank am Sonntag vorerst nicht erreichbar.

Wie viel Prozent des Zahlungsverkehrs Russlands tatsächlich über die RBI läuft, ist laut Stefan Pichler, Bankexperte an der Wirtschaftsuniversität Wien, schwer zu beziffern. Realistischerweise könne das nur die Russische Zentralbank wissen. Pichler vermutet daher, dass es der anonymen Quelle in der "FT" um den Anteil am internationalen Zahlungssystem Swift ging. Dort sei der Anteil der Bank zuletzt zwar gestiegen, der Anteil des Swift-Zahlungsverkehrs am gesamten Zahlungsverkehr Russlands ist gleichzeitig aber stark gesunken.

"Enormer" Liquiditätszufluss

Bei einer Pressekonferenz Ende Jänner hatte RBI-Chef Johann Strobl den hohen Gewinn auf mehrere Faktoren zurückgeführt. Man lukriere einen "enormen" Liquiditätszufluss" und profitiere von der Aufwertung des Rubels. Die RBI ist in Russland eines der wenige Institute, die noch an Swift teilnehmen dürfen. Die Zinserträge hätten 1,5 Milliarden Euro erreicht, die Provisionserträge rund zwei Milliarden Euro, hieß es seitens der Bank. Der Profit muss aber in Russland bleiben, die Dividenden dürfen nicht abfließen.

Expertinnen und Experten dürfte es jedenfalls wenig überrascht haben, dass die RBI zuletzt ins Visier der US-Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) gekommen ist. Wie der STANDARD Mitte Februar berichtete, haben die amerikanischen Ermittlerinnen und Ermittler der Bank eine Brief mit Fragen zu ihren Geschäften in Russland, Belarus und in den besetzten Gebieten der Ukraine übermittelt.

Dabei handle es sich um Fragen "allgemeiner Natur", die darauf abzielen, "das Zahlungsverkehrsgeschäft und die damit verbundenen Prozesse der RBI im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Bezug auf Russland und die Ukraine zu klären", teilte eine Banksprecherin damals mit. Man kooperiere in vollem Umfang und stelle mit Überwachungsinstrumenten sicher, dass die Sanktionen eingehalten werden.

Rückzug wird geprüft

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor einem Jahr dreht sich vieles im Konzern um die Frage, ob man sich aus dem russischen Markt zurückziehen solle. Auf Medienanfragen heißt es stets, dass man alle Optionen bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus dem Land prüfe. Ein Rückzug wäre aber "komplex und langwierig", heißt es. Dazu komme, dass sich die "Rahmenbedingungen ständig ändern".

Was einen Verkauf zusätzlich erschwert ist, dass Banken nur mit Genehmigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin verkauft werden können und der Verkäufer bei strategisch wichtigen Unternehmen wie einer Bank beim Verkaufspreis einen Abschlag von 50 Prozent hinnehmen muss. Wer von einem Rückzug der RBI tatsächlich profitieren würde, ist deshalb umstritten. Im schlimmsten Fall könnte die Bank für wenig Geld an einen russischen Oligarchen gehen.

Die Ukraine will die RBI jedenfalls sanktioniert sehen. Bereits im Jänner verhängte sie Maßnahmen gegen die russischen Leasingtöchter der Raiffeisen. Vergangene Woche sanktionierte sie Sergej Monin, den Chef der russischen Raiffeisenbank. (japf, 26.2.2023)