Dass China und Russland ihre unverbrüchliche Freundschaft beschwören, lässt die Unterstützer der Ukraine an Pekings Eignung als Vermittler zweifeln. Dort aber bleibt man unbeirrt.

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In den meisten westlichen Medien wurde er zerrissen, bevor er irgendeine Form von Wirkung entfalten konnte: Der chinesische Friedensplan für die Ukraine. In den chinesischen Staatsmedien dagegen wird die Bedeutung des 12-Punkte-Papiers auf eine eingeschnappte Art hervorgehoben: "Die Zeit wird den enormen Wert von Chinas Positions-Papier zeigen", schreibt die Zeitung "Global Times". Chinas Position könne als "aktive Neutralität" beschrieben werden, heißt es in dem Essay, der am vergangenen Samstag veröffentlich worden war. "Wir glauben, dass es besonders für die politischen Eliten in den USA und im Westen notwendig ist, diesen Plan genau zu studieren".

Der chinesische Friedensplan war am vergangenen Freitag veröffentlicht worden. Er sieht zwölf Eckpunkte vor, in denen Peking vor allem vor einer nuklearen Auseinandersetzung warnt. Er betont eine diplomatische Lösung des Konflikts und ruft zu Verhandlungen auf. Die Lebensmittelversorgung solle sichergestellt und die ukrainischen Atomkraftwerke geschützt werden.

"Interessantes Dokument"

Von der Nato wurde auf den Plan mit Ablehnung reagiert. "Zu diesen Vorschlägen und Punkten ist zunächst zu sagen, dass China nicht glaubwürdig ist, da sie noch nicht einmal in der Lage waren, die illegale Invasion der Ukraine zu verurteilen", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass in dem Friedensplan auch von einer Expansion der Nato und einer "Kalter-Krieg-Mentalität" die Rede ist. Zudem fehlt eine Aufforderung an Moskau, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen. Insofern ist der Begriff "Friedensplan" auch nicht treffend – geht es doch zunächst um einen Waffenstillstand. Nicht so ablehnend gegenüber dem Plan dagegen äußerte sich der ukrainische Außenminister Kuleba. Er sprach am Sonntag von einem "interessanten Dokument".

Tatsächlich fährt Peking seit Ausbruch des Krieges einen Schlingerkurs. Kurz vor der Invasion im vergangenen Jahr sprachen der chinesische Präsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Putin noch von einer "ewigen Freundschaft". Peking betont zwar das Prinzip der territorialen Integrität, aber beteiligt sich nicht an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Im Gegenteil: Die Öl- und Gasexporte aus Russland nach China haben im vergangenen Jahr stark zugenommen. Der belarussische Präsident Lukaschenko, ein enger Verbündeter Russlands, wird diese Woche in Peking zu einem viertägigen Staatsbesuch eintreffen.

Gegen die Sanktionen

Auch haben beide Staaten durchaus Interessen an einer "multipolaren Weltordnung", bei der die Führungsrolle der USA geschwächt wird, und der US-Dollar als Leitwährung abgelöst wird. Darüber hinaus schwelt die Taiwan-Frage weiter und belastet das Verhältnis zwischen den USA und China. Gleichzeitig ist Peking aktuell an einer wirtschaftlichen Entspannung interessiert: Die amerikanischen Halbleiter-Sanktionen belasten die chinesische Wirtschaft zunehmend, und eine schwache globale Konjunktur belastet auch die kommunistische Partei Chinas.

Für Peking wäre zudem die Tatsache, als Vermittler in einem internationalen Konflikt aktiv zu sein, ein großer diplomatischer Erfolg. (Philipp Mattheis, 26.2.2023)