Thomas Stipsits spielt in "Griechenland" den Johannes.

Foto: Andreas Loev

Thomas Stipsits zählt zu den beliebtesten Komödianten Österreichs – und der 39-Jährige ist so beliebt, dass er letztes Jahr wegen Burnouts eine längere Pause machen musste. Sein Rückzugsort war eine griechische Insel, "Griechenland" heißt auch der Film von Claudia Jüptner-Jonstorff und Eva Spreitzhofer, der jetzt in den Kinos läuft.

STANDARD: Sie sind ja kein Burgenländer, sondern Steirer.

Stipsits: Richtig, aus Leoben.

STANDARD: Warum kommt dann der Ort Stinatz immer wieder in Ihren Kabaretts und Büchern vor?

Stipsits: Mein Papa ist aus Stinatz, und ich habe in der Kindheit nahezu alle Ferien dort verbracht. Leoben war für mich riesengroß und das Südburgenland das ländliche Pendant dazu. Obwohl ich Leoben als Stadt unglaublich mag, hat mich Stinatz künstlerisch mehr interessiert.

STANDARD: Was macht Stinatz so besonders?

Stipsits: Darüber habe ich schon mit meinem Freund Lukas Resetarits gerätselt. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Burgenlandkroaten ihre Tradition auf sehr angenehme Art leben, es ganz eigene Bräuche gibt. Mein Nachname ist ja kroatischer Herkunft und wurde eingedeutscht. In Stinatz gibt es viele Volkslieder, die vom Meer handeln, man hat das Gefühl, dort herrscht eine mediterrane Grundstimmung.

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STANDARD: Nun haben Sie Stinatz gegen eine griechische Insel eingetauscht. Was gefällt Ihnen so gut an Griechenland?

Stipsits: Vieles. Ich liebe das Meer. Pathetisch ausgedrückt symbolisiert es für mich Freiheit. Auf der Insel, auf der ich seit zwanzig Jahre immer wieder bin, habe ich enge Freundschaften geknüpft. Mit einem, dem Elias, kann ich am Meer sitzen und schweigen. Das ist etwas Wunderschönes. Dazu die Tagesabläufe auf einer kleinen Insel. Als ich noch jünger war, habe ich hin und wieder längere Zeit am Strand genächtigt. Dann kommt man drauf, dass man mit zwei Badehosen, einem Handtuch, einer Zahnbürste, einer Gitarre und was zum Schreiben fast alles hat, was man braucht.

STANDARD: Darauf sind Sie nicht als Erster gekommen. In Ihrem Film "Griechenland" hat Gert Steinbäcker von STS einen Gastauftritt, der das dortige Lebensgefühl in "Irgendwann bleib i dann dort" besungen hat. Warum?

Stipsits: Es ist das Lied aus Österreich, das den Traum vom Aussteigen, vom Häuschen am Meer am besten beschreibt. Wir wollten es unbedingt im Film haben, und als der Gert in dieser Bucht gespielt hat, ist uns allen das Herz aufgegangen, man hat schön weinen können. Wir wollten ein Asterix-Ende: Es gibt ein großes Fest, und alles geht gut aus.

STANDARD: Und was ist der Zaubertrank in der Geschichte?

Stipsits: Das Olivenöl ist der Zaubertrank.

STANDARD: Das steht auch im Zentrum eines Konflikts auf der Insel. Die eine Seite, die Olivenbäuerinnen, möchte nachhaltig Landwirtschaft betreiben, die andere setzt auf Tourismus. Nehmen Sie die wirtschaftlichen Konflikte auch auf Ihrer Insel wahr?

Stipsits: Sehr sogar. Der Bürgermeister im Film hat nicht zufällig drei Berufe. Mit nur einem wäre es schwierig durchzukommen. Deshalb ist der Tourismus ein Riesenfaktor. Andererseits gibt es die Tradition des Olivenpressens. Wir waren von der Geschichte von "Mani" inspiriert. Fritz und Burgi Bläuel haben in den 1980er-Jahren in einem Dorf in Peloponnes die Olivenölpresse reaktiviert und die Frauen um Unterstützung gebeten. Damals war Griechenland noch sehr patriarchal, es gab unfassbare Widerstände. Dieses Bild hat mir gefallen.

STANDARD: Apropos Patriarchat: Die Olivenbäuerin Rina lebt in einer lesbischen Beziehung. Ist das auf einer kleinen griechischen Insel heute denkbar?

Stipsits: Ich habe den Eindruck, auch von kleinen Dörfern in Österreich, dass Menschen, sobald sie jemanden kennen, damit leben können. Aber es wird immer noch dazugesagt, dass wer schwul oder lesbisch ist. Das wird wohl auch auf der griechischen Insel passieren. Die Rina kümmert sich wie Alexis Sorbas allerdings einen Dreck darum, was die Leute von ihr denken.

STANDARD: Ihre Figur, der Johannes, ist da ganz anders. Wie viel Johannes steckt in Ihnen?

Stipsits: Sehr viel – oder es war viel in mir. Es allen recht machen zu wollen, nicht Nein sagen zu können.

STANDARD: Sind auch Sie ein Mamabub?

Stipsits: Wenn man so will, schon. Mir wurde alles zum Hintern getragen. Das gepaart mit einer unfassbaren Harmoniesucht. Aber Nein sagen kann ich seit meiner Pause viel besser. Ich kann jetzt Dinge absagen und mit den Konsequenzen leben.

STANDARD: Die Pause war ein Burnout Ende 2021.

Stipsits: Ja, nachdem ich eine Panikattacke auf der Bühne hatte. Gott sei Dank habe ich die Reißleine rasch gezogen, denn ohne die Reha hätte ich nicht so schnell wieder zurückgefunden. Jetzt habe ich eine bessere Balance zwischen Leben und Arbeit, nehme mir mehr Pausen für mich und die Familie. Es gibt ja diesen Satz, den man oft hört: "Irgendwie ist sich dann immer noch alles ausgegangen." Das ist nicht gesund!

STANDARD: Ihre Filmeltern sind Mona Seefried und Erwin Steinhauer, aber Ihnen die Schau stehlen Margarethe Tiesel und Andreas Vitásek als sexsüchtige Aussteiger auf einem Boot ...

Stipsits: Es gab auf meiner Insel tatsächlich ein englisches Pensionistenpaar, das den Leuten wahnsinnig auf die Nerven gegangen ist. Um zehn Uhr morgens haben die den ersten Wein geöffnet und immer versucht, Leute aufs Boot zu locken.

STANDARD: Wie viel "Mamma Mia!" steckt in "Griechenland"?

Stipsits: Was die Optik betrifft, haben wir uns an "Mamma Mia!" orientiert. Wir haben uns für das Bunte entschieden, den Kontrast zu Wien. In "Griechenland" sollte einem das Herz aufgehen. Wenn die Leute besser gelaunt aus dem Kino hinausgehen, würde mich das freuen. (Valerie Dirk, 27.2.2023)