Bei einer Blockade am Getreidemarkt wurde vergangene Woche literweise eingefärbtes Pflanzenöl verschüttet.

Foto: APA / Letzte Generation

Die zweite Protestwelle der Letzten Generation in Wien ging zu Ende, und sie brachte Bekanntes wie morgendliche Verkehrsblockaden an zentralen Orten, aber auch Neues. So kam etwa erstmals Speiseöl zur Verwendung. Die Störaktionen sind die prominentesten, wohl auch umstrittensten, wiewohl nicht die einzigen Proteste im Namen des Klimaschutzes. Für Freitag etwa plant die Bewegung Fridays for Future (FFF) anlässlich des weltweiten Klimastreiks Demonstrationen in mehreren österreichischen Städten. Ein Überblick über die Mittel, mit denen hierzulande mehr Maßnahmen für den Umweltschutz eingefordert werden.

Fixieren auf Straßen

Der Kleber ist zum Markenzeichen der Letzten Generation geworden. Ihre Aktionen laufen zumeist so ab: Einige Mitglieder setzen sich auf die Straße, halten Plakate hoch, kleben jeweils eine Hand auf den Asphalt, bringen den Verkehr zum Erliegen, die Polizei trifft ein, löst die Versammlung auf – und den Kleber von den Händen. Vergangenen Montag allerdings blieb ein Mann sechs Stunden lang picken. Er hatte zuvor mit drei weiteren Personen einen Überkopfträger einer Mautanlage im Bereich Praterbrücke bestiegen und sich dort am Geländer festgeklebt. Der Verkehr auf der A23 darunter floss weiter. Das Metall habe das Entfernen erschwert, erklärt die Polizei. Deshalb sei es auch bei einer anderen Person trotz "möglichster Schonung" zu Abschürfungen an den Handinnenflächen gekommen. Am Ende lösten Mitstreiter die letzte Hand, sie werfen den Einsatzkräften vor, sie "bewusst zurückgelassen zu haben".

Die Polizei erwidert, sie sei "zu jeder Zeit anwesend" gewesen, "um bei einer Notsituation rasch der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht nachkommen zu können". Eine in den Medien kolportierte Strategieänderung gibt es der Polizei zufolge nicht. Das Gesetz würde jetzt schon vorschreiben, wann sie einschreiten müsse: im Falle einer blockierten Fahrbahn etwa, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Bei der Praterbrücke sah die Polizei von einer Versammlungsauflösung ab, diese wäre "außer Verhältnis" gewesen.

Mit Öl und anderem schütten

Auch Öl beziehungsweise symbolische schwarze Farbe kommt mitunter zum Einsatz. Aktivistinnen und Aktivisten weltweit setzten in den vergangenen Monaten die schmierige Flüssigkeit bei Beschüttungen von Kunstwerken ein – wobei bisher stets durch Glas geschützte Bilder getroffen wurden. Nicht nur die Letzte Generation, auch andere Gruppen wählten diese Protestform, um, so ihr Argument, auf Umweltzerstörung durch fossile Projekte aufmerksam zu machen. In Österreich traf es im vergangenen November ein Klimt-Bild im Wiener Leopold-Museum. Vergangene Woche sorgte die Letzte Generation hierzulande bei zwei Störaktionen für zusätzliche Aufregung, als einige ihrer Mitglieder Speiseöl auf die Fahrbahn schütteten: Die Folge waren Anzeigen wegen des Verdachts der Gefährdung der körperlichen Sicherheit und des vorsätzlichen umweltgefährdenden Behandelns und Verbringens von Abfällen.

Auch ohne Öl-Einsatz gibt es die Rufe nach einer strafrechtlichen Ahndung schon länger – weil Rettungskräfte potenziell aufgehalten werden könnten, lautete das Argument. Momentan stellen die Aktionen ein Verwaltungsdelikt dar. Die Letzte Generation führt als Rechtfertigung an, dass eine Spur stets für Rettungseinsätze frei bleibe. Im Innenministerium prüft eine Arbeitsgruppe, ob die polizeilichen Befugnisse und bestehenden Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet werden sollen.

Störaktionen und Besetzungen

Es werden aber nicht nur Straßen blockiert, sondern auch Bühnen gestürmt oder Gebäude besetzt. Die Klimabewegungen sind miteinander vernetzt, sie kooperieren bei ihren Aktionen. Lena Schilling etwa, eine der bekanntesten Figuren der Szene, marschiert bei FFF-Demonstrationen mit, sie besetzte die Baustellen für Lobautunnel und Stadtstraße mit, unterbrach eine Diskussionsrunde der Wirtschaftskammer. Zuletzt sah man sie vor der Oper ein Plakat mit den Worten "Ihr tanzt, wir brennen" hochhalten. Der Slogan erinnert nicht zufällig an jenen der wochenlangen Hörsaalbesetzungen in Wien, Innsbruck und Salzburg ab Ende 2022. Sie endeten – ihre Forderungen als Teil der internationalen Bewegung "End Fossil: Occupy!" blieben bestehen. Weitere Besetzungen sind in Planung.

Luft auslassen

Um den Jahreswechsel herum machten Aktivistinnen und Aktivisten von sich reden, die sich als Mitglieder der Gruppierung Tyre Extinguishers, übersetzt in etwa "Reifenzerstörer", auswiesen. Sie ließen im Dezember und Jänner in mehreren Wiener Bezirken bei mehr als 50 SUVs die Luft aus mindestens einem Reifen. Zur Warnung hinterließen sie Zettel an den Windschutzscheiben. Zwei Verdächtige, eine 24-Jährige und ein 25-Jähriger, wurden im Jänner angezeigt. Sie gaben an, nicht gewusst zu haben, dass ihr Vorgehen als Sachbeschädigung gelten könnte. Seither sind keine solche Fälle mehr bekannt geworden. (Anna Giulia Fink, 27.2.2023)