Wer kennt sie nicht: die scheinbar perfekten Paare, die sich alles partnerschaftlich aufteilen? Sie machen Karriere, ziehen Kinder groß und führen eine harmonische Beziehung – und das alles auf Augenhöhe. Zumindest mag der Blick von außen diesen Anschein erwecken. Eine nähere Betrachtung zeigt häufig, dass diese gleichberechtigte Beziehung oft mehr Schein als Sein ist.

Wie funktioniert eine gleichberechtigte Partnerschaft?
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Wen man kennenlernt und in wen man sich verliebt, hängt zum Teil auch davon ab, in welcher Bubble man sich bewegt. Gehört Gleichberechtigung zu einem wichtigen Eckpunkt der eigenen Lebensgestaltung, strebt man vermutlich auch eine gleichberechtigte Beziehung an. Dazu gehört, dass sich beide zu gleichen Teilen sowohl für die Sorge- als auch für die Erwerbsarbeit verantwortlich fühlen und auch sind.

Schieflage bei der Aufteilung der Arbeit

Ein Blick in die Zeitverwendungserhebung 2008/09 zeigt, dass es hier eine erhebliche Schieflage gibt. Demnach wenden Frauen im Schnitt drei Stunden und 42 Minuten täglich für Hausarbeit auf und Männer eine Stunde und 58 Minuten. Betrachtet man den Anteil der Erwerbsarbeit, schaut es gleich ganz anders aus. So arbeiten vor allem Männer Vollzeit. Die Teilzeitquote bei Männern liegt bei knapp zwölf Prozent, die der Frauen bei knapp 50 Prozent.

Viele kennen das Phänomen vor allem, sobald Kinder ins Spiel kommen. Dann wird in vielen Familien die Rollenverteilung plötzlich recht klassisch. Das beginnt schon bei der Aufteilung der Karenzzeiten. Bei acht von zehn Paaren geht der Mann weder in Karenz noch bezieht er Kinderbetreuungsgeld. Jene zehn Prozent, die in Karenz gehen, nehmen sich weniger als drei Monate Zeit dafür. Sechs Monate Karenz oder mehr nimmt überhaupt nur ein Prozent der Väter in Anspruch. Das zeigt das Wiedereinstiegsmonitoring der Arbeiterkammer.

Fast automatisch beginnen Frauen nach der Karenz nur in Teilzeit zu arbeiten, während der Großteil der Männer ihre Vollzeittätigkeit beinahe ungestört weiterführen. Als Gründe dafür wird vor allem angegeben, dass Männer meist das höhere Einkommen beziehen und sie auch Angst vor beruflichen Nachteilen haben. Frauen haben oft auch mit beruflichen Nachteilen zu kämpfen, diese werden aber offenbar eher in Kauf genommen. Und damit ist auch eine gewisse finanzielle Abhängigkeit der Frau vorprogrammiert, was Einfluss auf die Gleichberechtigung hat.

Vielfach erfahren Frauen zwar Unterstützung von ihren Partnern, aber oft fehlt es an der Selbstverständlichkeit, wie dieser Tweet eindrucksvoll zeigt:

Gleichberechtigte Partnerschaft bedeutet ja auch, dass man nicht Hilfe des Partners erwartet, sondern sich beide Teile gleichermaßen für alles verantwortlich fühlen. Oft spielen sich Abläufe mit der Zeit ein, und man sieht das Ungleichgewicht gar nicht. Ist eine gleichberechtigte Partnerschaft mehr Schein als Sein?

Wie ist das bei Ihnen?

Scheitern Sie in Ihrer Beziehung manchmal an Ihren feministischen Ansprüchen, oder können Sie gut damit leben, dass Ihnen die Gleichberechtigung im Alltag entgleitet? Ist es einfacher, eine klassische Rollenverteilung zu leben und keine Arbeit in die Gleichberechtigung zu stecken? Diskutieren Sie im Forum! (Judith Wohlgemuth, 9.3.2023)