Das Institute of Virology im chinesischen Wuhan steht bei der Suche nach dem Ursprung der Pandemie erneut im Rampenlicht. China weist alle Vorwürfe, es könnte sich um einen Laborunfall gehandelt haben, zurück.

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Auch mehr als drei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Ursprung des Sars-CoV-2-Virus nicht vollständig geklärt. Viele Fachleute gehen davon aus, dass die Pandemie am Fisch- und Wildtiermarkt im chinesischen Wuhan ihren Ausgang genommen hat. Allerdings konnte bislang auch die Theorie, dass das Virus durch einen Laborunfall im Institut für Virologie in Wuhan freigesetzt wurde, nicht vollständig widerlegt werden. Das US-Energieministerium hält nun offenbar eine Laborpanne für wahrscheinlicher, wie das "Wall Street Journal" am Sonntag berichtete.

Ein unter Verschluss gehaltener Bericht des Ministeriums soll kürzlich dem Weißen Haus und Mitgliedern des Kongresses vorgelegt worden sein. Das Energieministerium, das mit den National Laboratories große wissenschaftliche Einrichtungen betreibt, darunter auch Biolabore, soll seine Einschätzung aufgrund neuer Erkenntnisse getroffen haben. Welche neuen Informationen dem Ministerium vorliegen, die zu einem Umschwenken geführt haben, ist allerdings nicht bekannt. Bislang hatte sich die Behörde in der Frage unentschieden gezeigt.

"Geringe Gewissheit"

Insidern zufolge sei die Beweislage weiterhin schwach, die Bewertung des Ministeriums sei mit "geringer Gewissheit" getroffen worden, berichteten US-Medien. Andere Behörden hätten ihre Schlussfolgerungen zum Corona-Ursprung demnach auch nach Kenntnisnahme des neuen Berichts nicht geändert. Die US-Bundespolizei FBI war hingegen schon 2021 zu dem Schluss gekommen, dass Sars-CoV-2 mit "einiger Wahrscheinlichkeit" aus einem Labor stammen könnte.

Unter den US-Geheimdiensten gibt es keine Einigkeit über den Ursprung des Coronavirus. Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte, dass er den aktuellen Bericht weder bestätigen noch zurückweisen könne. "Im Moment gibt es noch keine endgültige Antwort der Geheimdienste auf diese Frage. Einige Teile der Geheimdienste sind zu Schlussfolgerungen auf der einen Seite gekommen, andere haben gesagt, dass sie einfach nicht genug Informationen haben, um sicher zu sein", sagte Sullivan.

Empörung in China, WHO-Studie auf Eis

Die chinesische Regierung zeigte sich indes empört über die erneut aufflammende Diskussion zum Ursprung des Virus. Es müsse damit aufgehört werden, "China zu besudeln und das Thema der Ursachenforschung zu politisieren", sagte Pekings Außenamtssprecher Mao Ning am Montag. Experten Chinas und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien zu dem Schluss gekommen, dass ein Laborleck nicht die Ursache für die CoV-Pandemie gewesen sei.

Die WHO hat ihre Untersuchungen zum Ursprung des Coronavirus in China allerdings nicht abgeschlossen. Mitte Februar wurde eine mit Spannung erwartete Studie abgebrochen, da der nötige Zugang zu Einrichtungen in China nicht gewährleistet war. Wissenschafter zeigten sich darüber enttäuscht und betonten, dass die Klärung des Pandemieursprungs wichtig für die Bekämpfung und Vermeidung zukünftiger Pandemien sei.

Hinweise auf Marktszenario

Zwei im Vorjahr im renommierten Fachblatt "Science" veröffentlichte Untersuchungen internationaler Forschungsteams hatten einen Laborunfall als eher unwahrscheinlich eingestuft. So deuteten Analysen des geografischen Ausbreitungsmusters der ersten Wochen des Ausbruchs auf den Huanan-Wildtiermarkt in Wuhan als infektiologisches Epizentrum hin. Auch konnte nachgewiesen werden, dass mehrere mögliche Wildtier-Zwischenwirte von Sars-CoV-2-Vorläuferviren bis zumindest November 2019 lebendig auf dem Huanan-Markt verkauft wurden.

Eine "smoking gun" konnten die Forschenden aber nicht vorlegen und räumten auch ein, dass die Theorie eines Laborlecks nicht vollständig widerlegt sei. Wahrscheinlicher sei jedoch das Szenario, dass die Pandemie am Wildtiermarkt ihren Ausgang nahm, lautete das damalige Fazit. (David Rennert, 27.2.2023)