Manche Problemzonen müssen erst erfunden werden: Die neue Goldgrube der plastischen Chirurgie nennt sich "Buccal Fat" – und diese wird jetzt wortwörtlich ausgegraben. Ausgesprochen "Backal Fät", kommen wir dem österreichischen Ausdruck für die betroffene Gesichtspartie schon recht nahe – es geht den Backerln an den Kragen. Der Trend hat seinen Ursprung wie so oft in Hollywood. Dort verschwinden die Pausbacken gerade aus den Gesichtern vieler Promis.

Schmale Wangenpartien entsprechen einem neuen Schönheitsideal.
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Neuere Bilder von Topmodel Chrissy Teigen, Sängerin Miley Cyrus und Schauspielerin Lea Michele zeigen die Stars mit ungewohnt schmalen, fast hohl wirkenden Wangenpartien. In sozialen Medien wird diskutiert: Haben sie sich einem "Buccal Fat Removal" unterzogen?

Bei den Debatten handelt es sich großteils um Spekulation, nur Chrissy Teigen gab auf Instagram zu: Sie habe "dieses Buccal-Fat-Removal-Ding" machen lassen. Ein solches Geständnis ist aber ohnehin zweitrangig. Kim Kardashian musste sich nie zur Po-Vergrößerung bekennen, um den "BBL" ("Brazilian Butt Lift") zur Trend-OP der 2010er-Jahre zu machen. Während dieser mitunter lebensgefährliche schönheitschirurgische Eingriff (statistisch hat eine von 3.000 Operationen tödliche Folgen) aktuell an Popularität verliert, trendet nun die Fettentfernung im Gesicht.

Diese birgt zwar nicht ganz so viele Risiken, Komplikationen können dennoch auftreten. Und auch die finanziellen Kosten sind nicht zu unterschätzen: Während in Österreich Preise um die 4.500 Euro genannt werden, spricht ein Chirurg in der New York Times von 40.000 Dollar. Das Interesse in sozialen Medien ist dennoch enorm: Auf Tiktok liefert der Hashtag #Buccal über 8,2 Millionen Ergebnisse. Die meisten Clips befassen sich damit, wie man das Wangenfett loswird.

Topmodel Chrissy Teigen gab auf Instagram zu, dass sie Buccal-Fat-Removal machen ließ.

Nur ein kleiner Schnitt?

Doch was ist das buccale Fett eigentlich? "Beschrieben wurde dieser Fettkörper schon im 18. Jahrhundert", erklärt Dr. Ali Saalabian. Er praktiziert als plastischer Chirurg in Wien. Auch bei ihm mehren sich Anfragen für Buccalfettentfernungen. Im Gesicht gebe es über 20 sogenannte Fettkompartimente, in denen Fett gespeichert ist. Das buccale Fett sei ein Sonderfall: "Es bildet sich im Alter weniger zurück und kann auch mit Gewichtsreduktion kaum beeinflusst werden", sagt Saalabian.

Chirurgisch läuft die Entfernung dagegen recht simpel ab – zumindest wenn man den unzähligen Clips auf Tiktok und Co glaubt. Über einen kleinen Schnitt in der Wange wird der Fettkörper aus der Backe gezogen. Dr. Saalabian warnt allerdings davor, die Prozedur zu verharmlosen: "Die einfachsten Operationen sind oft die kompliziertesten." Denn: Mediziner würden so dazu neigen, sich weniger ausführlich mit dem Eingriff zu beschäftigen, da sie ihn unterschätzten. Dadurch steige das Risiko für Komplikationen. Dazu zählen bei einer Buccalfettentfernung temporäre oder auch bleibende Lähmungen der Gesichtsnerven.

In den letzten Monaten ein häufiger Anblick am Red Carpet und auf den Laufstegen: Hohle Wangen.
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Hohle Versprechen

Und nicht nur wegen dieser Risiken rät Dr. Saalabian seinen Patienten, sich den Eingriff gut zu überlegen. "In vielen Fällen kann das Ergebnis einfach nicht mit den Erwartungen mithalten", erklärt er. "Wer mit einem extrem runden Gesicht kommt, wird auch danach kein Modelgesicht haben." Mit dem "Modelgesicht" meint Saalabian jenen Look mit hohen Wangenknochen und eingefallen wirkenden Backen, der aktuell auf den internationalen Laufstegen dominiert.

Und: Saalabian betont, dass es auch bei Gesichtern wandelnde Schönheitsideale gebe: "Früher waren beispielsweise eher runde Gesichter gefragt." Gerade deshalb sieht der Chirurg es nicht gern, wenn sehr junge Patientinnen, oft bewaffnet mit Tiktok-Videos und Instagram-Postings, bei ihm anklopfen. Daher sei hier Beratung durch Fachärzte besonders wichtig. "Das Gute bei der Kleidermode ist ja: In zehn Jahren lacht man darüber, was man da anhatte. Bei Eingriffen im Gesicht sieht das anders aus." (RONDO, Antonia Rauth, 14.3.2023)