Lange hielten Finnland und Schweden an ihrer Bündnisfreiheit fest, jetzt drängen sie in die Nato.

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In die geplante Norderweiterung der Nato kommt Bewegung: Am Dienstag soll das Parlament Finnlands über den Beitritt zum nordatlantischen Verteidigungsbündnis abstimmen. Präsident Sauli Niinistö hat angekündigt, die nötige Gesetzgebung rasch nach dem Beschluss des Parlaments abzusegnen. Aus finnischer Sicht wäre damit der Weg für einen Nato-Beitritt frei.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Finnland gemeinsam mit Schweden im Mai 2022 den Antrag auf Mitgliedschaft in der Nato gestellt. Dabei haben allerdings auch die bestehenden 30 Mitgliedsstaaten ein gewichtiges Wort mitzureden, sie alle müssen der Aufnahme neuer Partner nicht nur zustimmen, sondern auch entsprechende Gesetze in ihren Heimatländern ratifizieren. Bis jetzt haben 28 von ihnen das getan, Widerstand kommt derzeit noch aus der Türkei und aus Ungarn.

Ungarns Fidesz "nicht sehr begeistert"

In Budapest will sich das Parlament am Mittwoch mit der Frage befassen. Zu einer Abstimmung soll es aber erst in der zweiten Märzhälfte kommen. Kanzleiminister Gergely Gulyás hat zwar kürzlich die Zustimmung des Kabinetts signalisiert, allerdings sagte er auch, er verstehe die teils negative Haltung in der Fraktion der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz: Finnland und Schweden hätten Ungarn immer wieder unbegründet angegriffen, erklärte er in Anspielung auf den Konflikt, der seit Jahren zwischen Budapest einerseits und Brüssel sowie den meisten EU-Partnern andererseits ausgetragen wird.

Dabei geht es unter anderem um Vorwürfe von Korruption und mangelnder Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Auch Regierungschef Viktor Orbán ließ wissen, ein Teil der Fidesz-Fraktionsmitglieder sei "nicht sehr begeistert", zumal die EU-Staaten und Nato-Aspiranten Finnland und Schweden offensichtlich "Lügen über die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn" verbreiten würden. Dennoch habe er die Fraktion ersucht, die Nato-Mitgliedschaft der beiden Länder zu unterstützen.

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó sagte am Montag in Stockholm nach einem Treffen mit seinem schwedischen Amtskollegen Tobias Billström, das ungarische Parlament werde eine Delegation nach Schweden und Finnland entsenden, um klärende Gespräche zu führen. Auch Szijjártó sprach dabei von "Gespaltenheit" innerhalb der Fidesz-Fraktion.

Türkischer Widerstand gegen Schweden

Der Widerstand aus der Türkei richtet sich wiederum in erster Linie gegen Schweden. Ankara wirft Stockholm vor, nicht konsequent genug gegen Personen und Organisationen vorzugehen, die von der Türkei als terroristisch eingestuft werden – darunter die kurdische PKK, die auch auf der Terrorliste der EU steht. Schweden hatte bereits im vergangenen Juni einen verstärkten Einsatz gegen Terrorismus zugesagt, spätestens diesen Sommer soll ein entsprechendes Gesetz in Kraft treten. Die bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und Schweden blieben dennoch angespannt. Öl ins Feuer gegossen hatte auch eine Aktion von Rechtsextremen in Schweden, bei der ein Koran verbrannt wurde.

Das nächste Schlüsseldatum nach den Parlamentssitzungen in Helsinki am Dienstag und in Budapest am Mittwoch dieser Woche dürfte der 9. März werden. An diesem Tag will die Türkei in Brüssel ihre Gespräche mit Schweden und Finnland zum Nato-Beitritt fortsetzen. Laut Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson könnte die Regierung in Stockholm am selben Tag einen Beschluss zur geplanten Terrorgesetzgebung fassen. "Ich arbeite hart daran, dass wir beide gemeinsam beitreten", sagte Kristersson.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg peilt nach eigenen Angaben einen Beitritt Finnlands und Schwedens bis zum Gipfel des Bündnisses im Juli in Litauen an. Das Wichtigste sei jedoch nicht, dass beide zeitgleich, sondern dass sie so schnell wie möglich Mitglieder würden. (Gerald Schubert, 28.2.2023)