Das Wrack des russischen T-72-Panzers als Mahnmal für die Folgen des Krieges. Eine Kunstaktion, die weltweit für Aufsehen sorgt.

Foto: Enno Lenze, Twitter, @ennolenze

Vergangenen Freitag jährte sich der Beginn des russischen Angriffskriegs gegen Ukraine zum ersten Mal. Gleichzeitig wurde mit dem überraschenden Besuch Joe Bidens in Kiew Geschichte geschrieben und ein unmissverständliches Signal der Unterstützung für die ukrainische Bevölkerung gesetzt. Doch Unterstützung kam nicht nur vom US-Präsidenten – auch Bilder von eindrucksvollen Protestaktionen gingen in den vergangenen Tagen dank Social Media um die Welt.

Panzer vor russischer Botschaft in Berlin

Ein Mahnmal der besonderen Art sorgt seit Ende letzter Woche in Berlin für Aufsehen. Das Kanonenrohr direkt auf die russische Botschaft gerichtet, steht seit Freitagmorgen ein Panzerwrack in der Berliner Innenstadt. "Ein Symbol des Untergangs" sei das 44 Tonnen schwere Wrack eines T-72, erklären die Organisatoren Enno Lenze und Wieland Giebel vom Berlin Story Bunker bei einem Pressetermin.

Die Kunstinstallation mit einem zerstörten russischen T-72-Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin sorgt seit vergangenem Freitag für Aufsehen.

Brandspuren und Einschusslöcher

Die Spuren des Kampfes sind unübersehbar: Brandspuren zieren nicht nur die Räder, sondern auch die Stahlplatten der Karosserie – es sind die Folgen eines Angriffs auf Kiew, bei dem der Panzer Ende März auf eine Mine fuhr. Einschusslöcher unterschiedlichen Kalibers und Treffer durch Handfeuerwaffen zeugen außerdem von einer aktiven Beteiligung am Gefecht.

Gemeinsam mit Verteidigungsminister Oleksij Resnikow organisierten Enno Lenze und Wieland Giebel vom Berlin Story Bunker die Beschaffung des Panzerwracks.

Tausend Seiten Unterlagen

Gefunden hat Lenze das Relikt auf einem Panzerfriedhof im Ort Dmytriwka – neben einem Schild, das eine Mitnahme verbietet. "Aber genau solche Panzer wollte ich in Deutschland zeigen, um den Leuten in Deutschland die Vergänglichkeit von Mensch und Maschine zu zeigen, ohne sie direkt mit Schockbildern der getöteten Opfer zu konfrontieren", schreibt Lenze auf "Berlin Story News". Bereits seit Juni 2022 stehe er mit der ukrainischen Botschaft in Berlin in Kontakt, die ihm bei der Durchführung der ungewöhnlichen Aktion "eine große Hilfe" gewesen sei. Unterstützung erhielt er außerdem von seinem Rechtsanwalt Patrick Heinemann, tausend Seiten Unterlagen habe er mittlerweile für den Panzer, erzählt Lenze.

Heimreise für das Panzerwrack

Trotz bürokratischer Hürden und vereinzelter Versuche, die Aktion in ein falsches Licht zu rücken, wurde das Panzerwrack ein medialer Erfolg. Am Montagabend muss der Panzer allerdings seine Heimreise antreten: Der Trailer mit dem er transportiert wurde, muss zurück in die Ukraine. Der Panzer selbst nach Amsterdam, schreibt Lenze auf Twitter. Finanziert hat Lenze die Aktion übrigens selbst – und er habe noch weitere Ideen, die man unterstützen könne.

Paint the town blue and yellow

"I see a line of cars and they’re all painted black", sangen die Rolling Stones in ihrem 1966 veröffentlichten Hit. Ähnlich aber farbenfroher gestaltete sich eine Aktion der aktivistischen Gruppe Led By Donkeys, die 2018 als Anti-Brexit-Bewegung ins Leben gerufen wurde. Ihr neuester Coup ist in einem Video zu bewundern. "Drive slowly, washable paint" steht auf einem Schild, mit dem sich eine junge Frau den nahenden Autos entgegenstellt und den Verkehr zum Stillstand bringt. Im Hintergrund eilen schon zwei in gelbe Schutzanzüge gehüllte Personen ins Bild – sie schieben schwere Scheibtruhen mit blauen Plastiksäcken auf die Fahrbahn.

Die Gruppe Led By Donkeys legte vergangene Woche den Verkehr für den guten Zweck lahm – und bescherte dem Personal der russischen Botschaft in London eine farbenfrohe Aussicht.

Aus einem Ventil strömt knallgelbe Farbe, die von zwei weiteren Mitstreitern in feinster Straßenkehrermanier mit Besen auf dem Asphalt verteilt wird. Der frische Anstrich wird durch die Reifen vorbeifahrender Autos letztendlich vollendet, bis die Straße vor der russischen Botschaft in London in Blau und Gelb erstrahlt. Staunende Passanten bewundern das Kunstwerk, halten es mit ihren Handys fest und sorgen dafür, dass die Bilder um die Welt gehen. Ob die Reaktionen in der Botschaft ähnlich freudig waren, darf bezweifelt werden.

Politische Pasta

Wer hätte gedacht, dass Spaghetti sich einmal als beliebtes Politikum etablieren? Mit der Religionsparodie des "Fliegenden Spaghettimonsters" und verwandten Aktionen wie jener von Niko Alm, der 2011 das Nudelsieb zur offiziellen Kopfbedeckung des "Pastafaritums" erheben wollte, hat dieser Vorfall allerdings nichts zu tun.

Mikhail Abdalkin trägt seine Pasta zwar ebenfalls aus politischer Überzeugung, aber aus wesentlich ernsthafteren Beweggründen. In seiner knapp zweistündigen "Rede zur Lage der Nation" versuchte Wladimir Putin vergangenen Dienstag sein Volk mit bekannten Propagandanarrativen in Atem zu halten. Den Vizechef der Regionalduma Samara konnte er damit aber offensichtlich nicht beeindrucken. Denn kurz nach dem Großereignis kursierte ein Bild von Abdalkin in den sozialen Medien, auf dem er in seinem Büro die Rede verfolgt – und dabei Spaghetti auf den Ohren trägt.

Mit einer mutigen Protestaktion zeigt der Abgeordnete Mikhail Abdalkin, was er von Putins Rede hält.
CNN

Die Erklärung für das sonderbare Bild liefert die Website "Kulturportal Russland". In der russischen Sprache gibt es eine Redewendung, die man mit "Nudeln auf die Ohren hängen" übersetzen könnte – und die so viel bedeutet wie "jemanden für dumm verkaufen". Mikhail Abdalkin stellte mit dieser Aktion also – für russische Zuseherinnen und Zuseher – wenig subtil die Glaubwürdigkeit Putins infrage. Abdalkin ist Abgeordneter der kommunistischen Partei Russlands, die eigentlich als Kreml-treu gilt. Die Aktion wurde von einem Sprecher bereits als "Dummheit" bezeichnet, der Vorfall würde parteiintern aufgearbeitet. (red, 28.2.2023)