Anja Windl ist seit den vergangenen Aktionswochen der Letzten Generation besonders bekannt.

Foto: Regine Hendrich

Die Klimaproteste der Letzten Generation erregen nicht nur Aufmerksamkeit für klimapolitische Ziele – sondern auch das Aussehen von Aktivistinnen. Über Anja Windl wurde zuletzt besonders viel im Boulevard berichtet. Kaum ein Bericht kommt ohne ihren Spitznamen "Klima-Shakira" aus, den ihr der Boulevard gegeben hat. Wenn sie bei einer Aktion ausrutscht, dann reicht das schon für eine kleine Fotostrecke über sie. Die Forderungen der Letzten Generation wie Tempo 100 oder keine neuen Öl- und Gasbohrungen bleiben außen vor.

Dass Windl nun stets im Zusammenhang mit einem Popstar genannt wird und damit ihr Aussehen als Erstes, vor allem anderen, thematisierte wird, das hält die Aktivistin selbst für eine zweischneidiges Schwert. Erst fand sie es "absurd und auch amüsant", erzählt sie dem STANDARD von ihrer ersten Reaktion auf ihren Spitznamen. Die Reduktion auf das Äußere und die Sexualisierung von Aktivistinnen sieht sie aber grundsätzlich als eine "Ablenkungsstrategie, um sich mit der eigentlichen Thematik – der Dringlichkeit der Klimakrise – nicht auseinandersetzen zu müssen".

"Die Blonde" von der Straße tragen

Trotzdem nutzt Anja Windl die erhöhte Aufmerksamkeit für sie und gibt etwa der Gratiszeitung "Heute" häufig Interviews. "Ich bin privilegiert dadurch, dass ich Medieninteresse auf mich ziehe – ganz ohne dass ich mich dafür in irgendeiner Weise bemühen muss", sagt sie. Andererseits ziehe das auch einen Rattenschwanz an sexistischen Berichten und Kommentaren nach sich. "Ich kann jetzt nichts mehr daran ändern, aber ich kann es für unsere Bewegung in Anspruch nehmen. Wir erreichen dadurch auch eine große Zielgruppe, insbesondere unter den jüngeren Menschen."

Anja Windl: Die Aufmerksamkeit für sie bringt auch viel Sexismus.
Foto: Regine Hendrich

Grundsätzlich sagen die Aktivist:innen keine Interviewanfragen zu Themen zu, die an der Klimathematik "komplett vorbeigehen", sagt Windl. Sexismus stört die Psychologiestudentin allerdings. Auch bei der Polizei. Obwohl der Großteil der Polizei meist professionell bleibe, hört Windl auch Sprüche wie "Jetzt habe ich mal endlich die Blonde von der Straße getragen – Ziel erreicht". Das sei schlicht unprofessionell, sagt die 25-Jährige.

Wachsende Aggression

Während der vergangenen Aktionen auf den Straßen wurde viel über verärgerte bis aggressive Autofahrer:innen gesprochen, Aktivist:innen wurden zu "Klimaklebern" bis hin zu "Klimaterroristen", ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm versorgte Autofahrer:innen, die im Stau standen – allerdings in einem, der nicht durch die Letzte Generation zustande kam –, mit Kipferln. Der Wien-Chef der FPÖ, Dominik Nepp, postete auf Facebook ein Piktogramm, das zeigt, wie ein:e Aktivist:in angepinkelt wird. "Die Rhetorik von Politiker:innen heizt die Aggressionen an", sagt Windl über eine wachsende Aggression während der vergangenen Protestaktionen. Es sei zu spüren, dass das zu einer Enthemmung bei den Protesten beitrage. "Es gibt den Leuten eine Legitimation, wenn das von Personen kommt, die in einer politischen Position sind." (Beate Hausbichler, 28.2.2023)