Dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Ermächtigung zur Strafverfolgung von FPÖ-Chef Herbert Kickl erteilt, gilt Insidern zufolge als unwahrscheinlich.

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Gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl laufen Ermittlungen wegen Ehrenbeleidigung. Grund dafür ist seine Rede am politischen Aschermittwoch in der Jahnturnhalle in Ried am Innkreis. Dort ritt er heftige Attacken gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Diese Mumie in der Hofburg" und "dieses politische Chamäleon", wetterte Kickl wörtlich. Dass Van der Bellen "senil" sei, habe man vorher schon gewusst, "aber jetzt hat er vergessen, dass er Bundespräsident eines neutralen Landes ist", und glaube, er sei Staatsoberhaupt in einem Nato-Staat. Van der Bellen sei "der größte Demokratie- und Staatsgefährder", der "des Amtes enthoben" gehöre, polterte der FPÖ-Chef im Rahmen seiner ersten Aschermittwochsrede.

"Keine Frage der Gerichte"

Wird ein Bundespräsident beleidigt, wird die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv – in diesem Fall ist das die Staatsanwaltschaft Ried. Diese muss jedoch beim Bundespräsidenten anfragen, ob er denn auch möchte, dass der Täter strafrechtlich verfolgt wird. Montagnachmittag hieß es seitens der Staatsanwaltschaft, dass sie bis Dienstag ein Schreiben an den Bundespräsidenten richten wird, um zu erfragen, ob er in der Causa die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt. Ist das der Fall, werden die Ermittlungen weiter verfolgt, anderenfalls wird das Verfahren eingestellt.

Das Schreiben hat die Präsidentschaftskanzlei mittlerweile auch erreicht. Wie im Vorfeld seitens der Kanzlei angekündigt, hat diese nach dessen Einlagen zügig reagiert und eine Entscheidung getroffen – wohl auch, um das Thema schnell wieder vom Tisch zu haben. "Der Bundespräsident wird keine Ermächtigung zur Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft geben", heißt es in einer Stellungnahme. Dass das Staatsoberhaupt eine solche Ermächtigung erteilen würde, galt Insidern zufolge von Anfang an als unwahrscheinlich – würde er Kickl damit doch zum Märtyrer machen.

Darüber hinaus wird in der Stellungnahme darauf verwiesen, dass es "Aufgabe der Politik" sei, "dem Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern zu dienen und für Sicherheit und Wohlstand zu sorgen". Dies würde am besten gelingen, "wenn Politiker miteinander und auch mit den Institutionen des Staates respektvoll umgehen. Wenn überzeugt und nicht versucht wird, zu beleidigen." Aus vielen Gesprächen wisse der Präsident, dass sich die Bevölkerung "ein konstruktives Arbeiten, manchmal auch hartes Ringen um die besten sachlichen Lösungen" erwarte. Die Angelegenheit sei "keine Frage der Gerichte, sondern des Respekts vor den Bürgerinnen und Bürgern und den Institutionen der Republik".

Immunität schützt Kickl

Ein weiterer Grund, der gegen eine Ermächtigung zur Strafverfolgung gesprochen hatte, ist, dass Kickl als Abgeordneter durch die parlamentarische Immunität geschützt ist. Hätte Van der Bellen eine Ermächtigung erteilt, wäre der Immunitätsausschuss im Parlament am Zug, der den FPÖ-Chef an die Behörden ausliefern müsste. Dass Kickl ausgeliefert worden wäre– dafür braucht es eine einfache Mehrheit –, ist jedoch unwahrscheinlich. Ausgeliefert wird in der Regel lediglich dann, wenn das mögliche Delikt in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit steht. Kickl hingegen hat dieses während einer politischen Rede begangen.

Die Immunität schützt allerdings nur, solange Kickl tatsächlich Parlamentarier ist. Nach dessen Ausscheiden aus dem Parlament – weil er seine politische Karriere beendet oder nach Neuwahlen eine Funktion in der Regierung, etwa die des Kanzlers, bekleidet – wäre die Strafverfolgung wieder möglich. (Sandra Schieder, 28.2.2023)