In Nigeria hat das nervenaufreibende Warten ein Ende: Tagelang hofften Millionen Menschen, endlich Klarheit zu haben, wer die größte Volkswirtschaft mit einer Bevölkerung von 220 Millionen künftig regiert. Am frühen Mittwochmorgen erklärte die Wahlkommission INEC Bola Tinubu vom regierenden All Progressives Congress (APC) mit 8,7 Millionen Stimmen zum Sieger, gefolgt von Atiku Abubakar von der People's Democratic Party (PDP), der 6,9 Millionen Stimmen erhielt, sowie Labour-Party-Kandidat (LP) Peter Obi (6,1 Millionen).

"Geringe Fehler"

Einen "strahlenden Moment" nannte der 70-jährige Tinubu kurz vor 5.30 Uhr die Bekanntgabe der Ergebnisse und betonte, das stark gespaltene Land einen zu wollen. "Egal, welche politische Gesinnung ihr habt, ihr habt für ein besseres, ein hoffnungsvolles Nigeria gestimmt." Vor Anhängern und Journalisten dankte er außerdem der Wahlkommission INEC für "freie und faire Wahlen". Die geringen Fehler würden das Ergebnis nicht beeinflussen.

Der "Lagos Boy" hat die Wahl gewonnen.
Foto: AP Photo/Ben Curtis

Doch genau das hat die Wahl am vergangenen Samstag, bei der ebenfalls über Senat und Repräsentantenhaus abgestimmt wurde, geprägt. INEC stand in den vergangenen Tagen so stark in der Kritik, dass es am Dienstagnachmittag bereits Proteste vor einigen ihrer Büros gab. Die bisherigen Kontrahenten PDP und LP fordern gemeinsam Neuwahlen und werfen der Wahlkommission außerdem vor, Ergebnisse der Präsidentschaftswahl, die zu ihren Gunsten ausfielen, nicht auf die elektronische Plattform hochgeladen zu haben. Mitunter wurden einen halben Tag lang keine Daten eingepflegt. Das habe das Vertrauen der Wähler untergraben, sagte die gemeinsame Beobachtermission des Nationalen Demokratieinstituts und Internationalen Republikanischen Instituts aus den USA.

Angst vor Unruhen

Jetzt ist der Alltag in Lagos zurück. Am Montag und Dienstag waren die Straßen leerer als üblich in der 20-Millionen-Metropole. Niemand wusste, ob es möglicherweise Ausschreitungen gibt. Die Angst davor bleibt, da die Stimmung schnell kippen kann. Zahlreiche Organisationen riefen die Parteien auf, ihre Anhänger nicht anzustacheln und stattdessen vor Gericht zu ziehen.

Gerade die junge Generation hat Peter Obi vorne gesehen. Durch seine medienaffine Anhängerschaft schien es in sozialen Netzwerken so, als habe er gute Chancen auf das höchste Staatsamt. Ein Trost bleibt: In Tinubus Heimatstadt Lagos holte Obi knapp 10.000 Stimmen mehr als der "Lagos Boy".

Tinubu gilt als reichster Politiker des Landes und war von 1999 bis 2007 Gouverneur von Lagos. Anschließend wurde er zum Königsmacher und baute Politiker wie Noch-Vizepräsident Yemi Osinbajo auf, finanzierte Wahlkämpfe des scheidenden Präsidenten Muhammadu Buhari und schaffte sich ein Netzwerk von Gefolgsleuten. Viele junge Menschen kritisieren allerdings: Tinubu wirke kränklich, ihm fehle es an Dynamik.

Trotz der Kritik an möglicher Wahlfälschung hat er eine große Anhängerschaft. Doyinsola Moore gehört dazu: "Er wird kämpfen und das Land nach vorn bringen. Denn Nigeria ist doch eine großartige Nation." (Katrin Gänsler aus Lagos, 1.3.2023)