Beim Klimastreik in Wien sollen Massen wie 2019 kommen.

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Diese will die Fridays-for-Future-Aktivistin Klara König (links) mit ihren Mitstreitern mobilisieren.

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Die Szene passt auf den ersten Blick nicht ganz zu den Protagonistinnen und Protagonisten. Ein Altbau im Wiener Servitenviertel. Vierter Stock. Die Wohnung ist sauber, fast steril; auf Seminare ausgelegt. Die Küchenzeile, Teile des Mobiliars sowie der Wände sind in Schlammgrün gefärbt. An Mauern prangen Gestecke aus Pampasgras. Im Hauptraum steht ein orangefarbenes Banner: "Empowering a new generation of leaders", ist darauf zu lesen – eine neue Generation an Führungskräften will man hier stärken. Davor befindet sich ein Sesselkreis.

15 Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future Wien haben sich hier getroffen, um die letzten offenen Fragen vor dem großen Klimastreik am Freitag abzustimmen. Auf dem unbesetzten Fauteuil in der Runde lehnen Masken aus Papier: "Die Blockierer" werden sie genannt – darunter das Konterfei von Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer.

Eigentlich würde man die jungen Erwachsenen, die sich hier auf eine Demo vorbereiten, andernorts vermuten. In einer Studierenden-WG oder einem versifften Vereinslokal etwa. Doch die Organisation, der die Räumlichkeiten gehören, habe diese Fridays for Future kostenlos zur Verfügung gestellt, erklärt Aktivistin Klara König schon an der Türe das ungewöhnliche Setting.

Am Freitag werden die Umweltschützerinnen und Klimaaktivisten auf der Straße stehen, so wie sie es bereits zigmal getan haben. Beim weltweiten Klimastreik soll es auch in Wien rundgehen. Doch dafür ist vorab noch einiges zu klären. "Wir brauchen jemanden, der die Müllsäcke und Zangen in der Früh abholt", mahnt ein Aktivist. "Können das die Heroes auch selbst machen?", fragt ein anderer. Zustimmendes Nicken, Hände gehen in Höhe, winken für Zustimmung. Wer sind die ominösen Helden, von denen alle reden? "So nennen wir die Müllsammler", sagt Aktivist Max.

Auftritt von Ulli Sima

Tausende Stunden, sagt König, seien es bestimmt, die es brauche, um das, was am 3. März in der Bundeshauptstadt über die Bühne geht, vorzubereiten. Denn wenn sich um 11.30 Uhr die Teilnehmenden zwischen den Museen auf dem Maria-Theresien-Platz sammeln, haben viele der Organisatoren von Fridays for Future schon einen intensiven Vormittag hinter sich gebracht. Da sollen die Banner und Schilder schon vor Ort, die Demowägen aufgebaut sein und Musik spielen.

Und da gibt es ein Problem: Sigrid Horn ist verkühlt. Die Liedermacherin hätte am Anfang auftreten sollen. Es braucht Ersatz; schnell und unkompliziert. "Kann nicht Ulli Sima spielen?" Händewacheln. Ulli Sima soll auftreten. Ulli Sima? Nicht die Wiener Verkehrsstadträtin der SPÖ, erklärt Max, nein, so heißt die Band eines der Fridays-Aktivisten.

Rund 40 Menschen zählt der harte Kern von Fridays for Future in Wien aktuell. Das war schon einmal mehr. Als die damals 15-jährige Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg 2018 begonnen hatte, den Unterricht zu verweigern, um in Schweden fürs Klima zu streiken, löste sie einen weltweiten Hype aus. Auch in Österreich formierte sich Fridays for Future. Die bisher größte Demo besuchten 2019 laut Organisatoren rund 80.000 Menschen in Wien. Doch dann kam die Pandemie und mit ihr das Homeschooling und die Ungewissheit.

Gerade in letzter Zeit traten aber andere Gruppen in Erscheinung, radikaler als die als Schülerbewegung gestarteten Fridays-Proteste. "Es ist kein Beliebtheitswettbewerb", sagt König. Es brauche verschiedene Aktionsformen, "die kreativ sind". Es sei nicht zentral, "ob wir kleben, streiken oder klagen". Schließlich treten alle für das Gleiche ein: " Eine klimagerechte Welt." Und die betreffe alle, weshalb Fridays for Future die Massen auf die Straßen bringen will. "Wir haben diese Aktionsform gewählt, damit möglichst viele Menschen auf die Straße gehen. Ich hab auch meine Großeltern eingeladen. Es ist ein Thema, das betrifft sie genauso, die unter der Hitze im Sommer leiden", sagt König.

Gestreikt wird nicht nur in Wien, sondern, wie üblich, weltweit. Allein in Deutschland sind Aktionen in mehr als 250 Städten geplant. Dort liegt der Fokus der Proteste diesmal vor allem auf der Verkehrswende.

Öffi-Streik in Deutschland

In sechs Bundesländern und einigen Städten macht die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gemeinsame Sache mit der Bewegung und ruft zu Warnstreiks in öffentlichen Verkehrsbetrieben auf. Eine Verkehrswende werde es nicht geben, wenn nicht auch in die Beschäftigten investiert werde, hieß es seitens Verdi.

Die Klimastreik-Initiatorin Greta Thunberg hat sich bisher noch nicht öffentlich geäußert, wo sie am Freitag demonstrieren wird. Erst am Mittwoch wurde sie in Oslo bei einem Protest gegen einen Windpark festgenommen, der die Rechte indigener Völker verletzt. Immer öfter versteht sich Fridays for Future auch als Bürgerrechtsbewegung.

Was die Erwartungshaltung für Freitag in Wien ist? "Dass die Straßen, die sonst mit Autos gefüllt sind, voller Menschen sind", sagt ein Aktivist. Seine Kolleginnen und Kollegen winken heftig. (Oona Kroisleitner, Philip Pramer, 3.3.2023)