Profitänzerin Catharina Malek hat eine der schwierigsten Aufgaben bei "Dancing Stars": Sie muss Hannes Kartnig das Tanzen beibringen.

Foto: ORF/Hans Leitner

Wien – Hannes Kartnig zu führen ist nicht leicht. "Das ist ein Idiotenschritt", sagt der Ex-Präsident von Sturm Graz nicht nur einmal beim Training – mehr zu sich selbst als zur Profitänzerin Catharina Malek. Sie hat die schwierige Aufgabe, Kartnig das Tanzen beizubringen. Das Ex-Schwergewicht des österreichischen Fußballs und die Profitänzerin kämpfen mit neun weiteren Prominenten – darunter Balletttänzerin Karina Sarkissova oder Kabarettist Michael Buchinger – um den Titel "Dancing Star 2023". Zu sehen ab Freitag, 3. März, um 21 Uhr in ORF 1.

STANDARD: Bekommt man viel Geld, wenn man bei "Dancing Stars" mitmacht, oder warum machen Sie es?

Kartnig: Nein, es ist eine Micky-Maus-Gage. Ich mache es nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Bewegung. Ich habe schon sechs oder sieben Kilo abgenommen. Ich habe das Glück, dass ich mit Catharina Malek eine Tänzerin bekommen habe, die sehr geduldig mit mir ist und mir alles erklärt. Ich mache fünfmal den richtigen Schritt, und beim sechsten Mal haue ich ihn daneben. Man muss üben, üben, üben.

STANDARD: Das klingt nach harter Arbeit.

Kartnig: Wir trainieren jeden Tag bis zu drei Stunden. Samstag und Sonntag auch. Das ist mehr als meine Spitzensportler, die haben alle nur zwei Stunden trainiert. Ich hätte damals auch viel trainieren können mit den besten Trainern, aber ich war etwas bequem, esse gerne, und die Quälerei hat mir nicht so gefallen. Was die laufen müssen, mit Gewichten auch noch, das war mir zu anstrengend. Ich habe immer mit dem Hirn gearbeitet, weil ich das Marketing gemacht habe und den Kontakt mit den Sponsoren hatte. Ich bin ein Genussmensch, sonst hätte ich einen Mörderkörper und wäre wahrscheinlich nicht mehr da, sondern in Hollywood. Dann hätte ich die Rollen von Richard Gere (lacht).

STANDARD: Sie fangen also mit 70 Jahren an zu trainieren?

Kartnig: 71, junger Mann. Ich bin der Älteste in dem Haus, aber auch der Lustigste.

"Millionär möchte ich nicht mehr werden. Was habe ich davon? Ich möchte nur glücklich leben und gesund bleiben."

STANDARD: Es geht Ihnen vermutlich schon auch darum, wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu stehen?

Kartnig: Ja, na, meine Geschäfte macht jetzt der Sohn. Der Name ist wieder in aller Munde, aber unser Geschäft geht gut. Wir haben viele Großfirmen, die mit uns die Plakatwerbung machen. Wir arbeiten auch für alle Parteien bei den Wahlkämpfen. Weil: Das Geld hat keine Farbe. Ist so. Ich bin Pensionist und arbeite ein bisschen in der Firma mit. Es läuft, wir sind zufrieden. Millionär möchte ich nicht mehr werden. Was habe ich davon? Ich möchte nur glücklich leben und gesund bleiben. Ein bisschen Bewegung und Show. Ein bisschen Spaß muss sein.

STANDARD: Deswegen sind Sie dabei?

Kartnig: Einer meiner Freunde ist der Roberto Blanco. Der lebt in Mallorca und hat gesungen: Du bist ja spaßig. Dann hat er mir gleich eine Anweisung gegeben, wie ich mich bewegen muss. Dann habe ich gesagt: Roberto, hör zu, ich weiß, du bist weltklasse und seit 40 oder 50 Jahren Entertainer. Der ist jetzt 85 Jahre alt, aber super beieinander. Er sagt mir, wie ich die Hände und den Kopf bewegen soll. Ich habe gesagt: Komm rauf und mach ein Training mit mir. Der ist leiwand. Durch den Sport kenne ich viel Leute. Irre.

STANDARD: Das kann ich mir vorstellen.

Kartnig: Ich bin ja kein Kind von Traurigkeit. Ich habe meine Bayern auch alle gehäkelt. Beckenbauer, Hoeneß, Rummenigge und so weiter. Im Fußball waren die viel stärker als wir, aber ich habe gesagt: Burschen, im Match werden wir keine Chance gegen euch haben, aber bei dem Bankett einen Tag davor, da sind wir Europacupsieger, das sage ich dir gleich.

"Dann hat es geheißen: Beim kleinen Kartnig sind die schönsten Feste, und bei den Milliardenklubs, da kriegst du ein Schmalzbrot und ein Glaserl Wasser."

STANDARD: In Sachen Trinkfestigkeit?

Kartnig: Einen Tag davor ist immer ein Bankett. Ich hatte das Glück, dass mir mein Landesrat und meine Landeshauptfrau immer das Schloss Eggenberg zur Verfügung gestellt haben. Dann haben wir feudal aufgewirtet. Das war eine Erscheinung, da sind alle mit mir gegangen. Real Madrid, Manchester und wie sie alle heißen. Dann hat es geheißen: Beim kleinen Kartnig sind die schönsten Feste, und bei den Milliardenklubs, da kriegst du ein Schmalzbrot und ein Glaserl Wasser. Das konnten wir, das Zelebrieren. Da waren alle glücklich. Man lernt sehr viele Leute kennen. Weltstars. Maria.

STANDARD: Im Rückblick: War die Champions-League-Zeit die schönste?

Kartnig: Ja, wenn du dort dreimal spielst, kommst du schon mit Leuten zusammen. Der Sean Connery zum Beispiel war ein guter Freund der Glasgow Rangers und des Präsidenten. Der Präsident hat mich dort in den VIP-Klub mitgenommen und stellt mich dem Sean Connery vor. Wenn du kommst und sagst: Das ist der Kirschenkern-Karli, dann bist du eine Null. Wenn du aber sagst, das ist der Präsident, nimmt der eine Haltung an und er verneigt sich vor dir. Auf einmal bist du eine Persönlichkeit. Weltklasse. Der Sean Connery war aber ein super, netter Bursche. Er ist hinter mir gesessen, wir waren schon 0:4 im Rückstand, dann sagt er: Sorry, my team is better. Und ich sage: Aber nur heute. In Graz beim Rückspiel schaut es dann anders aus. Oder der Pavarotti. Na bist du.

STANDARD: Was war mit dem Pavarotti?

Kartnig: Mit dem bin ich einmal nach Barbados geflogen. Bei Sturm Graz hatten wir immer super Weihnachtsfeiern, und da wollte ich den Pavarotti verpflichten. Du kommst aber an den Mann nicht dran. Im Flieger konnte ich nicht hin. Er war ganz verliebt, da hatte er eine junge Dame an seiner Seite, mit der er herumgeturtelt hat. Da wollte ich nicht stören. Er hat aber im gleichen Hotel wie ich gewohnt. Dort hatte ich aber wegen der vielen Bodyguards, die ihn abgeschirmt hatten, keine Chance, Kontakt aufzunehmen.

"Der kleine Kartnig neben dem großen Pavarotti. Bist du narrisch. Da kommst du dir vor, als wärst du auch im großen Himmel."

STANDARD: Aber es ist gelungen?

Kartnig: Dann habe ich mich eine halbe Stunde auf die Seite hinter die Bodyguards gestellt und gewunken. Er hat wirklich hergeschaut, und ich habe Speaking, speaking gesagt. Und er hat gesagt: Come on. Es hat geklappt. Ich habe gesagt, ich bin der Präsident von Sturm Graz, wir machen immer schöne Weihnachtsfeiern, ob er nicht einmal kommen will, weil wir große Fans von ihm sind. Er hat seinen Manager geholt und wegen Terminen geschaut. Leider war er schon vergeben. Dann wollte ich aufstehen, er wollte aber, dass ich dableibe. Der kleine Kartnig neben dem großen Pavarotti. Bist du narrisch. Da kommst du dir vor, als wärst du auch im großen Himmel. Maria, es gibt schon schöne Geschichten. Oder die Tina Turner.

STANDARD: Was war?

Kartnig: Die Tina Turner habe ich in Dubai kennengelernt. Oder Cassius Clay, der hat mit mir unten in Dubai im Hotel gezaubert. Damals war er noch ein junger Knabe. Das erlebt man nur, wenn man viel unterwegs ist. Das war schon lustig. Maria.

STANDARD: Sie sind ja durchaus kontaktfreudig.

Kartnig: Ja, das ist richtig. Wenn ich heute zehn Sprachen könnte, wäre ich nicht mehr da, sondern weltweit unterwegs, aber macht ja nichts. Mir geht es so auch gut. Ich bin glücklich, und wichtig ist die Gesundheit. Meinen Darmkrebs hatte ich schon. Das ist zehn Jahre her, zum Glück gut überstanden. Das war ein fünf Zentimeter langer Tumor. Wenn du halt gut isst, baba, es war Glück, dass ich das entdeckt habe.

STANDARD: Zur Vorbereitung auf "Dancing Stars" waren Sie ja sogar in einem Trainingslager auf Gran Canaria mit einem Tanzlehrer.

Kartnig: Den Tanzlehrer kenne ich schon sehr lange. Ich habe zu ihm gesagt: Komm runter, du kannst bei uns wohnen. Der hat mit mir die Schritte geübt. Auf der Bühne. Die Leute sind stehen geblieben, es sind ja viel Österreicher dort, und haben gesagt: Der Kartnig trainiert. Ich habe gesagt: Ich probiere es, ob es mir gelingt, weiß ich nicht. Sie haben mich tanzen gesehen und fotografiert. Maria. Es war warm, die Hitze hat runtergehaut. Irre. Das war lustig. Der Tanzlehrer war vier, fünf Tage da.

STANDARD: Dass Sie einen Tanzlehrer einfliegen lassen und trainieren, zeugt schon davon, dass Sie einen ordentlichen Ehrgeiz haben, oder?

Kartnig: Du musst das ja machen, wenn du nicht weißt, wie die Schritte gehen. Die Profitänzerin macht aber ein anderes Programm mit dir. Aber es ist gut, wenn du die Schritte kannst und nicht vergisst. Es sind acht Tänze, und jeder hat eigene Schritte. Spitzentanzen muss ich bei ihr, ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie die Zehen bewegt (lacht). Jetzt habe ich zwei rote Zehen, weil sie mir wehtun.

Hannes Kartnig und Catharina Malek. Er ist Gründer einer Außenwerbeagentur und Ex-Präsident von Sturm Graz, sie ist Staatsmeisterin in den Standardtänzen, österreichische Meisterin in der Kür und tanzte im Dezember 2019 ins Finale der Show-Dance-Weltmeisterschaft.
Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

STANDARD: Was ist das Minimalziel? Wie weit wollen Sie kommen?

Kartnig: Dabei sein. Schau, da sind so gute Tänzer. Jeder will gewinnen. Wir schauen, was möglich ist. Ein Wundertänzer bin ich nicht. Es bemüht sich ja jeder, der dabei ist.

STANDARD: Sie setzen vermutlich eher auf das Publikumsvoting und weniger auf die Jurywertung.

Kartnig: Ja, und vielleicht kann ich die Quoten etwas erhöhen in ORF 1. So viele Leute haben mich angerufen und angeschrieben, die ich gar nicht kenne. Sie sagen, sie schauen die Sendung nie, aber jetzt werden sie das tun. Dann habe ich ihnen gesagt: Aber votet auch und schlaft nicht ein. Mich reden wildfremde Leute an. Ich kenne die Leute ja. Die erzählen alle Gschichtln. Mit dem Erfolg rennt dir jeder nach, jetzt mache ich mir aber einen Spaß daraus.

STANDARD: Sie haben viel Zuspruch bekommen, aber auch Kritik?

Kartnig: Ein paar sind es immer. Die schreiben aber nur anonym. Ein Interviewer hat gefragt, ob ich den Tango Corrupti tanze. Sag ich: Ja, klar, den werde ich vorführen. Ich habe dann zu meiner Tanzpartnerin im Scherz gesagt: Tanzen wir den, dann nehme ich ein paar alte, gezinkte 500er-Scheine. Ein bisschen ein Schwarzgeld ist mir geblieben (lacht).

STANDARD: Die Geschichten in den sozialen Medien, die über Sie und Ihre Vergangenheit kursieren: Ist Ihnen das völlig egal?

Kartnig: Das ist mir egal. Das Ganze ist schon Jahre her. Es ist alles erledigt, alles bezahlt. Allen Schaden, der entstanden ist, hat die Finanz bekommen, und jeder Gläubiger hat sein Geld erhalten. Die Leute wissen nichts und sind halt neidig, oder die sind von einem Gegenverein, den ich seinerzeit gehäkelt habe, dass sie sich jetzt revanchieren. Aber die schreiben ja alle nur anonym. Ich habe schon so viel mitgemacht, dass mir das so was von egal ist. Maria.

"Es hat gute Zeitungen gegeben, eure gehört eh dazu, aber dann kommen so Kirchenblattln und andere. Die schreiben halt auch einen Blödsinn."

STANDARD: Aber werden Sie öfter auf Ihre Vergangenheit angesprochen?

Kartnig: Nein, eigentlich nicht. Die meisten Leute sind sehr freundlich, und die paar, die anonym schreiben, ignoriere ich. Ich schaue das ja gar nicht an. Instagram und wie diese ganzen Furoremedien heißen, das ist auch nichts für mich. Nur die Medien lesen den Blödsinn und schreiben das nach. Es hat gute Zeitungen gegeben, eure gehört eh dazu, aber dann kommen so Kirchenblattln und andere. Die schreiben halt auch einen Blödsinn. Jeder muss was anderes schreiben.

STANDARD: Wäre ja fad, wenn man immer das gleiche lesen würde.

Kartnig: Ich kenn eh das Geschäft. Das ist wie beim Fernsehen. Jeder will eine andere Redewendung. Im Sport habe ich oft gesagt: Kinder, was soll ich sagen? Ich verstehe ja, dass jeder eine andere Geschichte haben will. Schau dir an, was da geschrieben wird. Man kann schon Kritik üben, das soll aber korrekt und fair passieren.

STANDARD: Welche Beziehung haben Sie zum Tanzen? Waren Sie als Jugendlicher im Tanzkurs?

Kartnig: Als Jugendlicher war ich bei Kern-Theissl (Tanzschule in Graz, Anm.). Die waren einmal Europameister im Standardtanz und Latein. Mit denen habe ich die Weltmeisterschaften in Graz organisiert. Da haben wir die besten Tänzer aus der ganzen Welt geholt, das hat die Helga Theissl gemacht. Ich hatte zum Glück immer tolle Sponsoren in der Grazer Stadthalle, und es waren super Veranstaltungen mit 4.000 bis 5.000 Leuten. Mit VIP-Tischen, Eleganz, Blumen und toller Musik. Tanzen ist ein elitärer, schöner Sport. Das sind keine Wilden. Wenn du vom Fußballfeld kommst und hörst, wie die reden, dann ist diese Gesellschaft sehr angenehm.

"Da hörst du nicht: du Arschloch, du Depp, du Trottel, Buachana. Eine Wohltat war das immer, wenn man mit diesen Leuten geredet hat."

STANDARD: Da fallen weniger Schimpfwörter?

Kartnig: Da hörst du nicht: du Arschloch, du Depp, du Trottel, Buachana (ein Mann aus Schrot und Korn, Anm.). Eine Wohltat war das immer, wenn man mit diesen Leuten geredet hat. Tanzen war immer schön. Mein Vater war als Junger im Theater. Er hat mir den Walzer beigebracht, aber heute wird mir schwindlig, wenn ich sehe, wie die alle tanzen. Ich tanze gerne, mir fehlt aber die Bewegung. In einer Disco kannst du ja gar nie so tanzen, auch auf den Bällen nicht. Da sind so viele Leute. Gehst du heute auf den Opernball, tust nur rempeln mit den Ellbogen. Das ist schrecklich, und in der Disco kannst du ja selten einen Walzer oder einen Cha-Cha-Cha tanzen. Zwei Schritte, und aus ist es.

STANDARD: Aber auf Bällen waren Sie sicher öfter, oder?

Kartnig: Bin ich gegangen, aber jetzt sind ja alle Bälle überfüllt. Ich möchte mich nicht wichtig nehmen, und ich will nicht glänzen, dass die Leute sagen: Der kann gut tanzen. Ich brauche das alles nicht. Mein Leben ist anders geworden. Als Jugendlicher oder Jüngerer hast du das gerne, aber im Alter wirst du bescheidener.

STANDARD: Sie waren ja damals auch mit der Fußfessel auf dem Ball, oder?

Kartnig: Das war alles erlaubt. Und das war die Oper. "Tosca". Es gibt auch in Justizanstalten Theateraufführungen und Musikveranstaltungen, alles. Die Medien haben mich verfolgt, nicht die Justiz. Die Grazer Chefs haben gesagt, es ist erlaubt, sie haben auch mit Wien telefoniert. Aber dann sind sie doch in die Knie gegangen. Vom Gesetz her war es erlaubt. Und die Anstaltsleitung in Graz hat gesagt: Es tut mir leid, aber was soll ich machen?

STANDARD: Sie haben sich das vorher absegnen lassen?

Kartnig: Ich durfte in ganz Österreich arbeiten, bin überall hingefahren und habe der Justiz auch viel Geld im Monat gebracht. Über 5.000 Euro haben die von der Firma bekommen. Das ist erlaubt. Die sind vor dem medialen Geschrei eingeknickt, weil ich bekannt bin. Es haben auch Leute in der Anstalt angerufen, wenn ich in einem Lokal etwas getrunken habe. Ist der auf der Flucht? Das hat die Justizbeamten geärgert. Die Leute wissen nichts und rufen an. Du müsstest dich verstecken, aber in meinem Geschäft war das nie der Fall. Dann war ich da einmal im Hyatt zum Mittagessen, verhungern wollte ich auch nicht, und ich war schon auf der Titelseite einer Zeitung. Mein Gott.

STANDARD: War das die Geburtstagsfeier?

Kartnig: Nein, nur ein kleines Essen. Die haben halt geschrieben, dass es eine Geburtstagsfeier war. Alkohol habe ich keinen getrunken. Dass ich im Hyatt war, war für die Wiener Generaldirektion schrecklich genug, und dann haben sie mir die Fußfessel weggenommen. Dann musste ich in den Freigang gehen. Wo ich hingekommen bin, war das eh in Ordnung.

"Ich habe eh gesagt: Wenn ich noch einmal rausgehe, ziehe ich mir eine Faschingskleidung an. Damit mich niemand erkennt. Die Bekanntheit kann auch ein Nachteil sein."

STANDARD: Da muss man dann übernachten?

Kartnig: Ja, schlafen gehen und so weiter. Du musst dich diesen Leuten, die Angst haben, beugen. Ich habe eh gesagt: Wenn ich noch einmal rausgehe, ziehe ich mir eine Faschingskleidung an. Damit mich niemand erkennt. Die Bekanntheit kann auch ein Nachteil sein. Ist schon vorbei. Man hat alles durcherlebt in meinem Leben. Ich kann viel erzählen (lacht), andere wissen nichts, ich habe wirklich Gschichtln. Wenn ich mit Leuten zusammen bin, ist es immer ein Spaß. Und die Leute verstehen das auch, wenn du mit ihnen offen und ehrlich sprichst.

STANDARD: Und das tun Sie?

Kartnig: Die Leute sind ja neugierig und wollen wissen, wie es in der Haft war. Die sagen: Der traut sich reden. Aber so gewinnst du die Leute. Es gibt schüchterne, die laufen davon, ich stehe dazu und sage: Ich habe schwarz gezahlt, mich aber selbst nie bereichert. Ich habe das für die Spieler gemacht, wir haben Erfolg gehabt. Ich weiß, dass man es nicht darf, und ein zweites Mal würde ich es nicht machen. Ich mache auch nie mehr einen Verein, so deppert bin ich nicht. Da hast du keinen Dank. Im Erfolg rennen dir alle nach. Es gibt keinen Klub, der ständig im Hoch ist. Das ist bei allen großen Vereinen so. Und dann werden die Menschen bösartig. Du musst aufpassen, dass du nicht gelyncht wirst. Ich bin ausgelernt, heute weiß ich es (lacht).

STANDARD: Und es waren ja auch viele Erfolge dabei.

Kartnig: Ja eh, es waren schöne Zeiten. Ich will sie nicht missen. Man muss das nicht erleben, es ist halt passiert. Ich denke mir oft: Wie habe ich das geschafft? Wenn man die ganzen Menschen sieht, die da im Gefängnis sitzen. Es sind Mörder, Kinderschänder, Vergewaltiger, Giftler. Wumm.

STANDARD: Man kommt in Kontakt?

Kartnig: Na ja, wenn man da im Spital ist, zum Beispiel. Was soll ich mich da unterhalten? Wahnsinn, schrecklich, aber es ist so. So, worüber reden wir noch? Über das Tanzen?

STANDARD: Haben wir schon. Wird Sturm Graz Meister?

Kartnig: Das ist schwer, Salzburg ist zu stark. Sturm braucht zwei, drei gute Spieler. Sie sind am besten Weg, haben einen tollen Manager, einen guten Trainer. Die Jugend gehört mit Topspielern geführt. Die zu bekommen, das kostet viel Geld. Es ist mutig, dass der Nachfolgepräsident das übernommen hat (Christian Jauk, Anm.). Heute einen Verein zu führen, na bumm. Das Geld muss passen, die Leute wollen zufrieden sein. Aber Meister? Ich glaube nicht, Salzburg ist zu stark. Die haben ein Budget, leisten gute Aufbauarbeit mit ihren Akademien. Ich glaube, wenn ich ... na, ich mach das mein Leben nicht mehr, aber mit zwei, drei guten Spielern, da braucht man ein bisschen Geld, dann könnte man sie fordern.

STANDARD: Wenn Sie Präsident wären, würden Sie zwei, drei gute Spieler verpflichten?

Kartnig: Na ja, ich würde Sponsoren auftreiben, die die Spieler finanzieren. Schwarz zahle ich die nicht mehr (lacht). Das sicher nicht. Aber es ist möglich, man muss unterwegs sein. Man kann schon Paroli bieten. In Wien ist es das Gleiche. Was passiert da? Nichts. In einer Millionenstadt.

STANDARD: Sieht man Sie noch öfter bei den Sturm-Heimspielen im Stadion?

Kartnig: Ins Stadion gehe ich nicht. Ich schaue es mir im Fernsehen an. Weißt, ich will nicht in den Klub runtergehen, da sind dann betrunkene Leute. Du kannst nie sicher sein, ob dich nicht einer beschimpft. Das will ich nicht provozieren. Sie laden mich zwar ins Stadion ein, aber da habe ich was anderes vor (lacht).

STANDARD: Es wird auch noch Zuspruch geben, oder?

Kartnig: Ja, mit den alten Spielern bin ich noch im Kontakt, auch mit den Trainern. Ab und zu tun wir tischgarieren, da passt alles.

STANDARD: Gibt es noch einen Lieblingsspieler von damals? Ivica Vastic zum Beispiel?

Kartnig: Da gibt es einige. Markus Schopp, Günther Neukirchner, Ranko Popovic. Das waren alle meine Lieblinge. Auch wenn es ab und zu schwierig war. Zuckerbrot und Peitsche haben sie von mir bekommen. Ich habe sie geschimpft, aber auch gelobt. Das haben sie gebraucht. Wenn er nicht gerannt ist, habe ich gesagt: Ivo, bist du deppert, du stiehlst mir die Marie, du rennst nicht. Und der Mählich ist dahergekommen und hat gesagt: Schimpfen Sie nicht, der schießt uns die Tore. Sage ich: Okay, dann rennst du für ihn, ist auch wurscht (lacht).

Hannes Kartnig und Ivica Osim. Das ungleiche Duo führte Sturm Graz zu zwei Meistertiteln und drei Teilnahmen an der Champions League.
Foto: Gepa Pictures/Franz Pammer

STANDARD: Das war die Aufgabenteilung zwischen Ihnen und Ivica Osim, dem Trainer: Sie haben geschimpft?

Kartnig: Ja, da war eine Geschichte. Einmal hat mich die Polizei angerufen und gesagt: Sie, Ihre Spieler sind um fünf Uhr in der Früh gegen die Einbahn gefahren. Ich gehe zum Trainer, zum Osim, und sage: Jetzt müssen Sie einmal den Spielern sagen, dass es so nicht geht. Die Polizei hat mich angerufen. Machen Sie einen Wirbel. Sagt er: Präsident, hören Sie mir gut zu: Das müssen Sie machen. Sie haben ein besseres Organ. Dann bin ich erst draufgekommen, dass ich die böse Drecksarbeit gemacht habe, er ist immer gut dagestanden.

Wenn du mit den Spielern schimpfst, sind sie ja böse, angefressen. Wenn er schimpft, dann spielen sie gegen den Trainer. Mich haben sie akzeptieren müssen, weil sie das Geld von mir bekommen haben. Der Osim war ein Sir, ein guter Mann, ein Philosoph. Er ist auf den Platz gekommen, ist dort gestanden, und alle haben Respekt gehabt. Bei anderen Trainern haben sie geblödelt, aber bei ihm war alles gut. Und er hat so geredet: Ich habe Ihnen gesagt, spielen Sie den Ball schneller. Wenn Sie nicht gut drauf sind, gehen Sie duschen. Ist ja nicht schlecht, vielleicht haben Sie heute keinen Kopf für Fußball. So hat er geredet, er war weltklasse, das hat mir gefallen. Ein Sir. Was haben wir noch, junger Mann?

STANDARD: Liegt Ihnen noch etwas am Herzen?

Kartnig: Der ORF ist ein tolles Unternehmen. Momentan haben sie finanzielle Probleme. Sie müssen tolle Sachen bringen, die Konkurrenz ist da, jetzt muss man ihnen helfen. Bei uns wird alles teurer. In Spanien nicht, da ist das Benzin billig, Strom ist genug da. Das ist eine andere Welt. Wenn man hier um 100 Euro isst, isst man unten um 50 Euro. Mörderische Unterschiede sind das. Ich weiß nicht, was da los ist. Ich will mich aber nicht mehr darum kümmern. Du bist eh machtlos, wir sind zu klein. Damit müssen sich die Politiker auseinandersetzen. Aber so arm sind die Österreicher auch nicht, sie fliegen ja alle fort und auf Urlaub. (Oliver Mark, 3.3.2023)