Ein ungarischer Lokführer hatte geklagt, weil er vor oder nach freien Tagen oder Urlaubstagen keine Pause von elf Stunden bekam.

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Luxemburg – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Europäischen Union haben auch vor oder nach freien Tagen ein Recht auf die tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden. Tägliche und wöchentliche Ruhezeit seien zwei autonome Rechte, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Es ging um einen Fall aus Ungarn (C-477/21).

Dort hatte ein Lokführer geklagt, weil er vor oder nach freien Tagen oder Urlaubstagen keine Pause von elf Stunden bekam. Laut europäischer Arbeitszeitrichtlinie haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf eine Phase von elf Stunden Ruhe innerhalb von 24 Stunden und außerdem auf mindestens 24 Stunden ununterbrochene Freizeit innerhalb einer Woche. Die Eisenbahngesellschaft argumentierte, dass ihre Angestellten sogar besser gestellt seien, da sie mindestens 42 Stunden ununterbrochene Ruhezeit pro Woche gewähre.

Tägliche Ruhezeit kommt zu wöchentlicher hinzu

Das ungarische Gericht setzte das Verfahren aus und bat den EuGH um Auslegung des europäischen Rechts. Dieser erklärte nun, dass mit der täglichen und der wöchentlichen Ruhezeit zwei unterschiedliche Ziele verfolgt würden. In den mindestens elf Stunden ohne Arbeit könne sich der Betreffende aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen. Die wöchentliche Ruhezeit ermögliche es jede Woche, sich auszuruhen.

Darum müssten beide Rechte gewährt werden. Die tägliche Ruhezeit sei nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit, sondern komme zu dieser dazu. Das gelte auch, wenn die wöchentliche Ruhezeit – wie in Ungarn – länger sei als EU-rechtlich als Mindestanspruch vorgegeben. Im konkreten Fall muss nun das ungarische Gericht entscheiden.

Das Urteil sei eine "wichtige Botschaft für den Gesundheitsschutz von Beschäftigten in Zeiten, in denen das Recht auf Rückzug von der Arbeit und tägliche Zeit für Erholung als nicht mehr zeitgemäß dargestellt werden", erklärte Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung, in einer ersten Reaktion. (APA, AFP, 2.3.2023)