Seit Wochen demonstrieren Drag-Künstler und -Künstlerinnen mit Unterstützern gegen das Gesetz in Tennessee.

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Gouverneur Bill Lee hat seine Unterschrift unter das Gesetz gesetzt.

Foto: AP / Mark Zaleski

Welche Auswirkungen das neue Gesetz genau haben wird, ist noch unklar. Doch die Republikaner im US-Bundesstaat Tennessee heften sich bereits den Schutz der Kinder und Familien an die Fahnen: Ab April dürfen Drag-Künstler und -Künstlerinnen nicht mehr an Orten auftreten, die öffentlich zugänglich sind und damit auch von Kindern besucht werden können.

Die Auftritte seien "schädlich" für die Kleinsten, und der republikanische Abgeordnete Chris Todd stellte sie sogar mit "Kindesmissbrauch" gleich. Die Dragqueens werden im Gesetzestext in einem Atemzug mit "Go-go-Tänzern, exotischen Tänzerinnen und Strippern" genannt.

Foto von Mann in Frauenkleidern

Bevor Gouverneur Bill Lee am Donnerstagabend (Ortszeit) seine Unterschrift unter das Gesetz setzte, wurde er bei einer Pressekonferenz mit einem Foto konfrontiert, das ihn während seiner Highschoolzeit 1977 in Frauenkleidern zeigen soll. Das Bild wurde im Jahrbuch seiner Schule abgedruckt. Ohne zuzugeben oder zu leugnen, dass es sich auf dem Foto um ihn handelt, bezeichnete Lee die Frage als "lächerlich". Und fügte hinzu: "So etwas mit sexualisierter Unterhaltung vor Kindern in Verbindung zu bringen ist ein sehr ernstes Thema."

Das Foto im Jahrbuch soll Bill Lee in Frauenkleidern zeigen.

Anschließend gab es auch noch eine offizielle Aussendung seines Büros: "Der Gesetzesentwurf schützt Kinder ausdrücklich vor obszöner, sexualisierter Unterhaltung, und jeder Versuch, dieses ernste Thema mit heiteren Schultraditionen zu vermischen, ist unehrlich und respektlos gegenüber den Familien in Tennessee."

Hohe Strafen

Die Republikaner brachten das Gesetz mit ihrer Supermehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat des Bundesstaates durch. Von den Gegnerinnen und vor allem aus den Reihen der Demokraten heißt es, dass die Initiative keinen Mehrwert habe. Denn immerhin seien sexualisierte Auftritte vor Kindern in Tennessee bereits verboten.

Drag-Künstlerinnen und -Künstler berichten in Medien, dass nun bereits geplante Auftritte verschoben oder abgesagt werden könnten. Zu unklar sei, wie das Gesetz künftig ausgelegt werde. Immerhin droht bei einer Übertretung eine Haftstrafe von fast einem Jahr und eine Geldstrafe von bis zu 2.500 US-Dollar. Auch die US-weit angebotenen Vorlesestunden für Kinder, bei denen Dragqueens Geschichten in öffentlichen Bibliotheken lesen, sind bedroht.

Laut Pen America – einer Organisation, die sich für Meinungsfreiheit einsetzt – befinden sich in 14 Staaten ähnliche Gesetzesvorlagen in Arbeit. So soll es in South Carolina künftig eine schwere Straftat sein, wenn Kinder zu einer Drag-Show dürfen.

Wenig Behandlung von Transjugendlichen

Ab Juli wird in Tennessee zudem die medizinische Behandlung von Transjugendlichen eingeschränkt. So dürfen nur noch in wenigen Fällen Hormonbehandlungen oder chirurgische Eingriffe an Minderjährigen vorgenommen werden. Ärztinnen und Ärzte, die dagegen verstoßen, können mit einer Strafzahlung von bis zu 25.000 US-Dollar belegt werden. Jugendliche und Kinder unter 18 Jahren, die sich bereits in Behandlung befinden, dürfen diese bis April 2024 fortsetzen.

Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union und die LGBTIQ-Gruppierung Lambda Legal haben bereits Klagen angekündigt. In Alabama und Arkansas wurden ähnliche Gesetze aufgrund von Gerichtsverfahren pausiert. (Bianca Blei, 3.3.2023)