Warum diese Dame gewählt hat, wie sie gewählt hat? Wir werden es wohl nie erfahren.

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Abseits des blanken Wahlresultats wird über die traditionelle Wahltagsbefragung versucht, den Motiven der einzelnen Bevölkerungsgruppen näher zu kommen – so auch zur Kärntner Landtagswahl 2023. Hier erfahren Sie also Details zum Wahlverhalten nach Alter, Geschlecht, Bildung oder Einkommenszufriedenheit. Wenn nicht anders angegeben, stammen die Ergebnisse der Befragung von Sora/Isa im Auftrag des ORF. Mehr zur Methodik finden Sie am Artikelende.

Frauen hätten Grüne in den Landtag gewählt

Bei den Wahlpräferenzen nach Geschlecht treten altbekannte Muster zutage: Die FPÖ hat bei Frauen einen schwereren Stand, die tendieren stärker zur ÖVP. Einen derartigen "Gender Vote Gap" kennt die SPÖ eher nicht, dafür auch die Grünen: Hätten nur Wählerinnen zur Urne treten dürfen, hätte die Partei wohl die Fünfprozenthürde geknackt.

Ältere Generation hält an SPÖ und ÖVP fest

Als die Generation der heute über 60-Jährigen politisch sozialisiert wurde, gab es, sehr überspitzt ausgedrückt, noch eine rote und eine schwarze Reichshälfte. Heute ist das Bild in den politischen Gremien bunter, die älteren Wahlbeteiligten in Kärnten halten aber eher an den damaligen Verhältnissen fest: SPÖ und ÖVP kommen insgesamt auf knapp 70 Prozent, während diese Koalition bei den unter 30-Jährigen lediglich 46 Prozent der Stimmen erreicht.

SPÖ bei formal niedrig- und hochgebildeten stark

Pflicht- und Hochschulabsolventinnen tendieren besonders zur SPÖ, bei Inhabern aller Bildungsabschlüssen dazwischen schneidet die Landeshauptmannpartei schlechter ab. Ansonsten ergeben sich bekannte Schemata: Die Anteile der grünen wachsen mit höherer formaler Bildung, jene der FPÖ sinken.

Mit dem Einkommen Unzufriedene wählen SPÖ und FPÖ

Menschen, die angeben, mit ihrem Einkommen das Auslangen zu finden, und Menschen, bei denen es finanziell eher knapp ist, wählen gar nicht so unterschiedlich. Das demonstriert das folgende Balkendiagramm, das nur einen Wechsel zwischen FPÖ- und ÖVP-Segmenten kennt: Die Freiheitlichen holen eher letztere ab, die Volkspartei eher erstere.

Meistdiskutierte Themen

Das Thema Corona ist noch nicht ganz aus den Köpfen verschwunden, da müssen die Menschen schon mit den nächsten Krisen zurechtkommen. Nur wenige hundert Kilometer von Kärnten und Österreich entfernt tobt ein Krieg, der die Energiesicherheit infrage stellt und darüber zu einer ungekannten Teuerung führte. Über die Inflation hat auch die Hälfte der Befragten rund um den Wahlkampf diskutiert. Andere Themen erlangten "Reichweiten" von bis zu 30 Prozent, angeführt von Zuwanderung, Sicherheit, Energie- und Gesundheitsversorgung.

Überraschender Nebenaspekt dieser Fragestellung: 33 Prozent der Generation 60 plus haben in den vergangenen Wochen über Klima und Umweltschutz diskutiert, aber nur 30 Prozent der bis 29-Jährigen. (Bei den 30- bis 59-Jährigen waren es mit 22 Prozent allerdings noch weit weniger.)

Untergliedert nach den Antworten der jeweiligen Parteigänger ergibt sich ein differenziertes Bild. Oft sind es FPÖ-Wähler, die überproportional angeben, "sehr häufig" über gewisse Themen diskutiert zu haben. Besonders stark ist das bei Inflation und Zuwanderung der Fall, weniger bei Klima und Umweltschutz.

Eher negative Entwicklung

Die letzte Landtagswahl in Österreich fand erst vor wenigen Wochen statt. Wie nun in Kärnten wurden damals auch die Wahlberechtigten in Niederösterreich gefragt, wie sich das Bundesland ihrer Meinung nach in der abgelaufenen Legislaturperiode entwickelt hat: eher positiv, eher negativ oder weder noch. Nur 22 Prozent nahmen eine positive Entwicklung wahr, 35 Prozent eine schlechte, der Rest sah keine Veränderung oder wollte keine Antwort geben.

In Kärnten dagegen gibt es einen positiven Saldo. Trotz Krisenzeiten verspüren 34 Prozent eine Verbesserung und "nur" 28 Prozent eine Verschlechterung. Gegenüber 2018 ist das freilich trotzdem eine Wende zum Pessimismus. Damals sahen noch 45 Prozent eine positive Entwicklung.

Heruntergebrochen auf einzelne soziodemografische Gruppen zeigt sich, dass jene Befragten am positivsten auf die vergangenen Jahre schauen, die SPÖ wählen, die 60 Jahre oder älter sind, die mit ihrem Einkommen gut auskommen beziehungsweise die ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen.

Trotz aller Plattitüden über Politikverdrossenheit scheinen die Kärntnerinnen und Kärntner zuversichtlich zu sein, dass die Politik Antworten auf die Probleme finden wird. 61 Prozent der Befragten sagen, sie vertrauen "sehr" oder "ziemlich" darauf, "dass die Politik in Kärnten gute Lösungen für die kommenden Herausforderungen findet". 35 Prozent sehen das wenig oder gar nicht.

Jedoch ist im zeitlichen Vergleich auch hier ein Rückgang zu verzeichnen. 2018 lautete das Verhältnis noch 76 zu 20 Prozent.

Kaiser und Köfer als Zugpferde

Besonders groß ist das Vertrauen offenbar in die Person des Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ) wie auch in die Person des Spittaler Bürgermeisters Gerhard Köfer (Team Kärnten). Sie waren laut einer Umfrage der Peter Hajek Public Opinion Strategies für etwas mehr als die Hälfte der jeweiligen Parteiwähler ein "sehr wichtiges" Wahlmotiv.

Erwin Angerer (FPÖ) und Martin Gruber (ÖVP) waren jeweils nur für vier von zehn Befragten aus der jeweils eigenen Parteiwählerschaft wichtige Wahlmotive – bei Olga Voglauer (Grüne) und Janos Juvan (Neos) war die Anhängerschaft noch weniger auf die Spitzenpersonen ausgerichtet. Hajek hat seine Analysen für ATV und Puls 24 gemacht und fasst diese in dem Satz zusammen: "Ein blutleerer Wahlkampf lässt die Spitzenkandidaten punkten."

Zu etwas abweichenden Ergebnissen kommt die Sora/ORF-Umfrage, die neben den Spitzenkandidat:innen auch Sachthemen als Wahlmotive heranzieht. Bei der SPÖ kommt der Spitzenkandidat Kaiser auf 27 Prozent, dahinter folgt mit 20 Prozent die bisherige Arbeit der Partei an zweiter Stelle.

  1. FPÖ-Spitzenkandidat Angerer schaffte das Kunststück, von den deklarierten freiheitlichen Wählerinnen und Wählern nicht in die Top Ten der 24 berücksichtigten Wahlmotive gehievt zu werden. Dort befindet sich ganz oben vielmehr "Corona-Haltung der Partei".

Bei der ÖVP ergibt sich ein ähnliches Bild wie zuvor schon bei der Sozialdemokratie: großer Zuspruch für den Spitzenkandidaten – Martin Gruber erreicht 29 Prozent –, danach wurden am öftesten die Standpunkte der Partei genannt.

"Es soll sich etwas ändern", lautete neben dem Spitzenkandidaten Köfer, der Glaubwürdigkeit und der Interessensvertretung eines der Hauptmotive der Sympathisanten des Team-Stronach-Spin-offs Team Kärnten.

Dass die Wählerinnen und Wähler dieser Parteien ihre Favoriten gerne in einer Regierung hätten: selbstredend. Doch wie schaut es jeweils mit den anderen Fraktionen aus? Während man mit manchen Mitbewerbern ganz gut kann, will man andere in keiner Koalition dulden. Sympathien haben die SPÖ-Wähler für die ÖVP – 54 Prozent befürworten eine Partnerschaft –, umgekehrt ist die Anziehungskraft sogar noch höher: 86 Prozent der ÖVP-Wähler können sich etwas Ernstes mit der SPÖ vorstellen.

Gegen die FPÖ herrscht die stärkste Aversion von den schließlich in den Landtag eingezogenen Parteien. Jeweils nur neun Prozent der SPÖ- und der ÖVP- Wähler erteilten einer rot-blaue beziehungsweise schwarz-blaue Koalition ihren Segen. (mcmt, cs, 5.3.2023)