Der Künstler Christian Eisenberger hat drei überdimensionale Maschinengewehre in den Innsbrucker Dom gestellt.

Foto: Diözese Innsbruck

Lassen Sie lieber die Finger davon. Die drei überdimensional großen Maschinengewehre, aus denen der steirische Künstler Christian Eisenberger vor einem der Seitenaltäre des Innsbrucker Doms eine Feuerstelle errichtet hat, sind nämlich aus geflämmtem Holz gemacht. Wer sie berührt, macht sich die Finger schmutzig.

Kriegstreiber Kirche

Ein sinnfälliges Zeichen für Frieden und Versöhnung? Einerseits, ja. Der Teufel, Pardon, der tiefere Sinn steckt aber in der detaillierteren Auseinandersetzung. Logisch, dass die Gedanken angesichts dieser Waffenattrappen zuallererst zum Krieg in der Ukraine schweifen. Allseits bekannt auch, dass der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche sich von der Kanzel herab als Kriegstreiber betätigt und russischen Soldaten die Absolution verspricht. Man darf (und sollte) das Verhältnis zwischen Kirche und kriegerischen Konflikten aber durchaus breiter denken. Beispiele für Kriege, die im Namen oder allenfalls auch mit dem toxischen Segen fundamentalistischer Religionsführer geführt werden, gibt es genug. Auch in Europa, auch in jüngerer Vergangenheit, siehe etwa Balkankriege und die Rolle des kroatischen Katholizismus und der serbischen Orthodoxie.

Es geht hier also "auch um kirchenpolitische Aspekte", wie Elisabeth Larcher betont. Die Gründerin der Initiative "Kunstraum Kirche" kuratiert seit mehr als 25 Jahren zeitgenössische Kunstinterventionen zur Fastenzeit, dieses Jahr wurde Eisenberger eingeladen – auf Vorschlag des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler, der mit dem Künstler schon zahlreiche Projekt realisiert hat. Bereits 2007 verbrachte Eisenberger vierzig Tage schweigend und fastend auf der Empore der Pfarrkirche St. Andrä in Graz, Glettlers damaliger Wirkstätte.

Zack! Boom! Peng! Wumm!

Still ist es auch im Dom, aber es macht "Zack! Boom! Peng! Wumm!" im Kopf. Was an den martialischen Comic-Lautmalereien liegt, die Eisenberger um seine Feuerstelle drapiert hat. Für die rund 15 Gehminuten entfernte Innsbrucker Servitenkirche schuf der Künstler indes ein Fastentuch, das mit seinen comicartigen Szenen und sehr heutigen Symbolen von Batman bis zum SUV an der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich, aber auch an anderen Unrechtssituationen und am Schicksal geflüchteter Menschen rühren will.

Im Dom hat man mit der Erregung gläubiger Gemüter gerechnet und vorsorglich ein Gästebuch neben Eisenbergers Installation platziert. Darin wird sich stellenweise auch schon kräftig echauffiert, zum Beispiel über die als "letztklassige Tischlerarbeit" bezeichneten Holzgewehre. Schwerer wiegt für manche, dass überhaupt Waffen in einer Kirche gezeigt werden. Ein guter Punkt – und ein genialer Schachzug des Künstlers, mit seiner Feuerstelle eine Diskussion darüber anzufachen. Denn Waffen und Folterinstrumente gibt es im Dom auch ohne sein Zutun genug, etwa am Grabmal Maximilians III. oder in Heiligendarstellungen.

Auf einem Videoscreen lässt Eisenberger unterdessen Hühner ein aus Korn geformtes Gewehr aufpicken. Die Gewaltspirale ist damit aber keineswegs unterbrochen. Denn Kriege werden heute – siehe Russlands Blockaden ukrainischer Getreideschiffe – auch mit Nahrungsmitteln geführt. (Ivona Jelčić, 4.3.2023)