Zwei Drittel der Ozeane gehören zur hohen See – und damit nicht zu einem bestimmten Staat.

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New York – Die Uno-Mitgliedsstaaten haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf den Text für das erste internationale Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere geeinigt. "Das Schiff hat das Ufer erreicht", sagte die Leiterin der Uno-Konferenz, Rena Lee, am Samstagabend (Ortszeit) am Sitz der Vereinten Nationen in New York unter dem Beifall der Delegierten. Die Einigung wurde nach einer über 24-stündigen Marathonsitzung erzielt. Eigentlich hätte die Konferenz am Freitag enden sollen.

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen hatten seit mehr als 15 Jahren vergeblich um ein Abkommen zum Schutz der Biodiversität in der hohen See gerungen, erst im August war eine Verhandlungsrunde ohne Ergebnis zu Ende gegangen.

China und Russland als Wackelkandidaten

Der Text, auf den sich die Delegierten nach zwei Wochen intensiver Gespräche einigten, kann nach Angaben von Konferenzleiterin Lee nun nicht mehr wesentlich geändert werden. "Es wird keine Wiederaufnahme oder inhaltliche Diskussionen mehr geben", erklärte Lee den Unterhändlern. Das Abkommen solle formell beschlossen werden, sobald es von Juristen geprüft und in die sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen übersetzt worden sei, kündigte Lee an.

Unklar blieb zunächst, ob Russland und China Teil des Abkommens sein werden. Verhandlerinnen und Verhandler zweifelten wegen der als destruktiv wahrgenommenen Haltung der Delegation aus Moskau daran. Aber auch China galt als Wackelkandidat.

Zuletzt ging es bei den komplizierten Verhandlungen der fünften Konferenz zwischen den Uno-Mitgliedsstaaten in New York zum einen um die Frage, wie künftig festgelegt werden soll, welche Teile der Hochsee als Schutzgebiet definiert werden. Vor allem China und Russland pochten Diplomatinnen und Diplomaten zufolge darauf, dass dies einstimmig geschehen müsse – dann hätte ein einzelnes Land jede Entscheidung blockieren können. Das wurde nun offenbar umgangen: Aus Diplomatenkreisen verlautete in der Nacht auf Sonntag, dass die Schutzgebiete bereits mit einer Dreiviertelmehrheit der Mitgliedsstaaten festgelegt werden können sollen.

Greenpeace sieht "großartigen Erfolg"

Erfreut wurde die Einigung von der Umweltorganisation Greenpeace kommentiert. "Der Vertrag ist ein großartiger Erfolg für den Schutz der Ozeane. Er zeigt, dass Naturschutz über Geopolitik und Profitinteressen triumphieren kann", teilte Greenpeace-Artenschutzexpertin Ursula Bittner der APA mit. Die Vertragsstaaten dürfen sich aber nicht auf dem Erfolg ausruhen, sondern müssten das Abkommen rasch ratifizieren, damit es auch umgesetzt werden könne.

Umweltorganisation hatten auf einen besseren Schutz der Weltmeere angesichts der Gefahren durch Erderwärmung, Verschmutzung und Überfischung gedrängt. Die Ozeane produzieren die Hälfte des Sauerstoffs in der Erdatmosphäre und nehmen einen erheblichen Teil des Kohlendioxids auf, das durch menschliche Aktivitäten ausgestoßen wird.

Hochsee als "rechtsfreier Raum"

Die EU-Staaten wollten bei den Verhandlungen vor allem erreichen, dass künftig mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Zudem sollte ein Verfahren festgelegt werden, um wirtschaftliche Projekte, Expeditionen und andere Aktivitäten in den Meeren auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfen.

Zwei Drittel der Ozeane gehören zur hohen See und sind damit weitgehend rechtsfreier Raum. Als Hochsee oder hohe See werden jene Weltmeere bezeichnet, die nicht unter die ausschließliche Wirtschaftszone eines Staates fallen, da sie weiter als 370 Kilometer von der nächsten Küste entfernt sind. Derzeit wird nur etwa ein Prozent der Hochsee durch internationale Abkommen geschützt.

Zuvor hatte es bei einer anderen Ozeankonferenz in Panama eine Einigung gegeben: Die Teilnehmer sagten fast 20 Milliarden US-Dollar (18,84 Milliarden Euro) für den Schutz der Meere zu. Allein die US-Regierung versprach fast sechs Milliarden Dollar für 77 Projekte. (APA, 5.3.2023)