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Leicht war es für Claudia Reiterer am Sonntagabend in ORF 2 nicht, eine Debatte zur Situation der Bundes-SPÖ zusammenzubringen. 20 Absagen seien im Vorfeld für "Im Zentrum" eingetrudelt. Schließlich diskutierten Hans Niessl (ehemaliger Landeshauptmann des Burgenlands, SPÖ), Wolfgang Zwander (Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich), Hannes Swoboda (ehemaliger Präsident im EU-Parlament, SPÖ) und die stellvertretende Chefredakteurin des Nachrichtenmagazins "Profil", Eva Linsinger, über das undurchsichtige Programm der Sozialdemokraten.

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Niessl und auch Zwander stellten dabei recht bald für die Zuseherinnen und Zuseher dar: Erst noch die Salzburg-Wahlen abwarten, bis dahin gibt es keine Kommentare zu Personalien innerhalb der Partei. Das wäre schon vor Kärnten nicht fair gegenüber Peter Kaiser gewesen. Ob er ohne die Debatte Rendi-Wagner versus Doskozil ein anderes Ergebnis erreichen hätte können?

Nun, an Themen fehlt es der SPÖ jedenfalls nicht, wirft Swoboda als einziger emotional etwas aufgewühlter Diskussionsteilnehmer in den Raum. Schluss mit dem Gerede (oder Geschreibe) über Postenbesetzungen und Persönlichkeitswahrnehmungen bei den Roten, es solle endlich wieder um die vielen Inhalte der Partei gehen.

Zwander hat darauf einen Ausblick: Achtet die SPÖ wieder vermehrt auf die untere Mittelschicht, auf Menschen, die besonders unter Inflation und Energiepreisen leiden, und rückt sie die Migration in sein für sie bekanntes Licht der notwendigen Hilfe gegen Fachkräftemangel, dann wird das alles schon wieder mit den Prozenten.

Viele innerparteiliche Defizite

Dafür hatte die Partei aber mehr als vier Jahre Zeit, und zu wenig ist passiert, bemängelt Linsinger. An diesem Abend erscheint sie als die Einzige, die sich traut, konkrete Lösungsvorschläge vorzubringen: mit Thinktanks neue Konzepte ausdenken, eine präsente Opposition leben, die ein starkes Team um die Bundesparteivorsitzende spinnt, und die Mängel der Regierung für sich nutzen. Wie es eben erwartbar gewesen wäre nach dem Fall von Türkis-Blau. "Als größte Oppositionspartei da nicht dazuzugewinnen ist eigentlich ein Kunststück, das man erst zusammenbringen muss", analysiert Linsinger.

Immerhin ergänzt gegen Ende der SPÖ-Mann Niessl auch noch etwas. Als herausgekommen sei, dass die ÖVP Förderungen mit der Gießkanne verteilt habe, hätte sich die SPÖ lautstark gegen die "falsche Wirtschaftspolitik" stemmen können, damit jeder wisse, wofür die Sozialdemokraten überhaupt stehen würden. Einig waren sich die SPÖ-Personen in der Sendung mit Linsingers Feststellung dann doch: Niemand weiß, mit welchen Themen Rendi-Wagner eigentlich verbunden ist.

Wenn die Medien nicht die ganze Zeit die Personaldebatte entfachen würden, gäbe es auch wieder Platz für die Themen, die die SPÖ vertritt, bemängelt Swoboda. Dabei spricht er auch Linsinger an. "Moment!", entgegnet sie. "Das auf die Medien zu schieben erscheint mir hier sehr billig."

Immerhin schafft es Niessl, die Diskussion wieder etwas gerader zu biegen: Spreche man mit Medienvertretern offen, würden diese die wahren Nöte schon verstehen. Die Lösung sieht Swoboda letztlich darin, dass die oder der Geeignete für den Bundesparteivorsitz dies auch offen und breit kommunizieren sollte. Der entscheidende Tag komme nach der Salzburg-Wahl am 24. April. Spätestens im Mai könnte es dann schon einen Wechsel an der SPÖ-Spitze geben, vermutet Linsinger. (Melanie Raidl, 6.3.2023)