Zwei indigene Hawaiianer sind auf der Insel Maui zu Haftstrafen verurteilt worden, weil sie einen weißen Zuwanderer mit einer Schaufel krankenhausreif geprügelt haben.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Kaulana Alo-Kaonohi und Levi Aki Jr. den Zuzügler Christopher Kunzelman in ihrem Dorf im Jahr 2014 aus rassistischen Motiven attackiert haben. Kunzelman erlitt bei der Attacke durch Faustschläge, Tritte und Schläge mit der Schaufel eine Gehirnerschütterung, eine Schädel-Hirn-Trauma, eine Platzwunde am Kopf und Rippenbrüche. Anwälte erklärten, es sei das erste Mal, dass in den USA indigene Hawaiianer wegen eines Hassverbrechens belangt wurden. Den beiden 33-Jährigen drohten Haftstrafen von bis zu zehn Jahren, Alo-Kaonohi wurde am Donnerstag zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, Aki erhielt vier Jahre und zwei Monate. Sie waren bereits im November schuldig gesprochen worden.

Die Angreifer attackierten den Zuwanderer mit einer Schaufel.
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Als "Haole" beschimpft

Kunzelman und seine Frau Lori hatten sich das renovierungsbedürftige Haus mit Meerblick im Dorf Kahakuloa gekauft, nachdem seiner Frau multiple Sklerose diagnostiziert worden war und sie ihren bisherigen Wohnort in Scottsdale in Arizona verlassen wollte, um sich in der Meeresluft erholen zu können. Lori Kunzelman berichtete, die Angreifer hätten gegenüber ihrem Opfer erklärt, er habe die falsche Hautfarbe, kein "Haole" werde jemals in ihrer Nachbarschaft leben. "Haole" bedeutet im Hawaiianischen "Ausländer" , insbesondere auf Weiße bezogen, und wird kontextabhängig auch pejorativ verwendet. "Es war von Anfang an ein Verbrechen aus Hass", sagt Lori Kunzelman. Auf einem Video des Angriffs, das von einer Kamera in Kunzelmans Auto stammt, ist zu hören, wie Aki sein Opfer als "Haole" beschimpft.

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Auch gegenüber der Polizei hatte Aki den Angriff damit gerechtfertigt, dass Kunzelman ein "reicher Haole" sei, ein "dummer Haole" und ein "typischer Haole, der denkt, dass ihm alles gehört". Er "versuche, die Dinge in Kahakuloa zu ändern", erklärte die Staatsanwaltschaft.

"Die Angeklagten haben einen Mann beinahe getötet, weil sie glaubten, er gehöre wegen seiner Hautfarbe nicht in ihre Nachbarschaft", erklärte die stellvertretende Generalstaatsanwältin Kristen Clarke von der Bürgerrechtsabteilung des US-Justizministeriums.

Kahakuloa ist ein Paradies – das aber nicht unbedingt allen offensteht.
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"Respektlose Haltung"

Vor Gericht erklärten die Angeklagten, es seien nicht die Hautfarbe und Rasse des Opfers gewesen, die sie zu der Tat veranlasst hätten, sondern seine "respektlose Haltung". Aki schrieb in einem Brief an einen Bezirksrichter, er sehe sich nicht als Rassisten: "Nicht nur, dass ich beinahe zur Hälfte kaukasisch bin, sondern auch, weil ich Menschen habe, die ich liebe und die weiß sind."

Die Ortsansässigen hätten befürchtet, dass durch den Zuzug von Weißen das Gebiet gentrifiziert würde und sie letztlich vertrieben würden, erklärten die Verteidiger der Angeklagten. Kunzelman hätte erklärt, er wolle den Einheimischen helfen, ihre Häuser zu modernisieren, um den Wert der Immobilien zu steigern.

Kaulana Alo-Kaonohi mit von ihm gefangenem Fisch.
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Prozess wegen Körperverletzung

Die beiden waren zuvor schon wegen Körperverletzung vor einem Gericht des Bundesstaates gestanden, dabei erhielt Alo-Kaonohi eine Bewährungsstrafe, Aki darüber hinaus noch 200 Tage Haft. Ersterer erhielt wiederum kurz nach dem Angriff auf Kunzelman wegen eines anderen Gewaltdeliktes eine einjährige Haftstrafe. In dem nunmehrigen Prozess vor einem Bundesgericht wurde die Frage behandelt, ob der Angriff auf Kunzelman als Hassverbrechen zu werten sei. Warum die Anklage durch die Staatsanwaltschaft erst im Dezember 2020 erfolgte, ist unklar. Für Alo-Kaonohi forderte die Staatsanwaltschaft neun Jahre Haft, für Aki sechseinhalb.

Levi Aki Jr. wurde bereits wegen Körperverletzung zu 200 Tagen Haft verurteilt.
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Bedrohte Kultur

Der Fall wirft ein Licht auf die rassistischen Spannungen in Hawaii. Auf den hawaiianischen Inseln leben nur rund eineinhalb Millionen Menschen. Nur rund zwanzig Prozent von ihnen sind indigene Hawaiianer. Etwas mehr sind Weiße, fast doppelt so viele haben eine asiatische Abstammung. Manche indigene Einwohner sehen in der Zuwanderung eine Bedrohung für die Kultur und die Traditionen der Inselgruppe.

Die Kunzelmans leben jedenfalls mittlerweile nicht mehr auf Maui – sie haben ihren Lebensmittelpunkt wieder in Arizona respektive auf Puerto Rico. Das Haus in Kahakuloa besitzen sie aber noch. "Wir konnten es nicht verkaufen, weil es nicht sicher ist", sagt Lori Kunzelman. Wegen der Feindseligkeit der lokalen Bevölkerung sei keine Sicherheit gegeben. (Michael Vosatka, 7.3.2023)