Der Frauenanteil in Führungspositionen ist vor allem in Branchen hoch, die als klassische Frauendomänen gelten: Bildungswesen, Sozialwesen, Gesundheitswesen, Essen und Trinken und Lebensmittelgeschäfte.

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Wien – Geht es um die berufliche Chancengleichheit der Frauen oder um deren finanzielle Lage, kann angesichts des Weltfrauentags eines zusammenfassend festgehalten werden: Trotz Fortschritten ist der Weg noch weit.

Beim Zuwachs des Frauenanteils in gehobenen Führungspositionen in den vergangenen fünf Jahren liegt Österreich mit einem Plus von 14 Prozent jedoch klar auf dem ersten Platz. Das geht aus der aktuellen Studie "Women in Business 2023" des Daten- und Analyseanbieters Dun & Bradstreet hervor, für die Daten aus 17 Ländern analysiert wurden. Im Schnitt hat der Frauenanteil auf der Führungsebene von Unternehmen in den betrachteten Ländern seit 2018 um 2,3 Prozent zugenommen.

Bewegung bei Männerdomänen

Gerade bei Unternehmen, die zuvor eine ausschließlich männliche Führungsriege aufgewiesen haben, hat sich seit 2018 mehr getan als anderswo: Hier ist die Quote um Immerhin 7,6 Prozent gestiegen – auch das laut Dun & Bradstreet ein Spitzenwert unter den betrachteten Ländern.

Besonders hoch ist der Frauenanteil in Führungspositionen länderübergreifend dabei weiterhin in Branchen, die als klassische Frauendomänen gelten: Bildungswesen, Sozialwesen, Gesundheitswesen, Essen und Trinken und Lebensmittelgeschäfte. Aber auch in anderen Branchen wurden Zuwächse verzeichnet.

"Die letzten drei Jahre haben in gewisser Weise zu einem Umdenken beigetragen", sagt Silke Schulz, Head of People Central Europe, Dun & Bradstreet. Flexiblere Arbeitsmodelle, wie sie von den jüngeren Generationen gefordert würden, seien auf dem Vormarsch, "und die Pandemie hat auch das Vertrauen in diese Flexibilität gestärkt", sagt Schulz. Vor diesem Hintergrund gebe es neue Möglichkeiten für Frauen, in Führungspositionen zu gelangen.

Mehr Frauen – mehr Nachhaltigkeit

Weitere Ergebnisse der Untersuchung bestätigen zudem, dass Frauen in Führungspositionen dazu beitragen, die Position des Unternehmens in Nachhaltigkeitsaspekten zu stärken. So verfügen 65,3 Prozent der Unternehmen in Österreich mit einer Frauenquote von über 50 Prozent in gehobenen Führungspositionen über ein Governance-Ranking von 1 oder 2, in welchem Kriterien wie Rechenschaftspflicht des Vorstands, Aktionärsrechte, Unternehmenstransparenz, Einhaltung von Vorschriften sowie Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Unternehmens erfasst werden. Dieser Trend ist nicht auf Österreich beschränkt, sondern zeigt sich in einer Großzahl der untersuchten Länder.

Dieser Aspekt ist besonders interessant, denn die Geschlechter-Gleichberechtigung ist als Teil der sozialen Gerechtigkeit nicht nur ein Aspekt von ESG (Environmental Social Governance), sondern auch ein konkretes UN Sustainable Development Goal. Das SDG-Ziel Nummer 5 "Geschlechtergleichheit" sieht vor, dass bis 2030 alle Formen der Geschlechterdiskriminierung beendet werden sollen.

In 300 Jahren ist es geschafft

Dass bei der Beendigung von beruflicher Benachteiligung von Frauen noch Tempo zugelegt werden muss, verdeutlicht eine Berechnung der Vereinten Nationen, wonach es bei dem derzeitigen Fortschrittstempo noch beinahe 300 Jahre dauern würde, bis weltweit eine vollständige Geschlechtergleichheit erreicht wird. Dabei rechnet sich das Engagement von Frauen, denn im Hinblick auf die Investment- beziehungsweise Unternehmensperspektive spielt die Geschlechtergleichheit eine große Rolle.

"Soziale Faktoren wie die faire Behandlung von Mitarbeitern, flexible Arbeitsbedingungen oder Geschlechtervielfalt bestimmen zunehmend den unternehmerischen Erfolg", sagt Katharina Seiler, Fondsmanagerin bei DWS. Eine höhere Geschlechtervielfalt bei Unternehmen, die sich beispielsweise durch eine überdurchschnittlich hohe Frauenquote in Managementpositionen zeige, führe tendenziell zu höheren Eigenkapitalrenditen und geringeren Ertragsschwankungen. Und auch auf die globalen Wachstumsperspektiven würde sich eine Geschlechtergleichheit äußerst positiv auswirken – laut Berechnungen der Weltbank würde das Bruttosozialprodukt pro Kopf um beinahe 20 Prozent höher ausfallen.

Versorgungslücke bleibt

Trotz der besseren Einbettung von Frauen am Arbeitsmarkt und in Führungsetagen bleiben aber eine hohe Versorgungslücke und ein niedriges Engagement von Frauen am Kapitalmarkt. "Trotz der hohen Versorgungslücken ist nur jede achte Frau am Aktienmarkt engagiert, das muss sich ändern", sagt Fondsmanagerin Seiler.

Auch wenn die finanziellen Nachteile von Frauen nach wie vor ausgeprägt sind, gibt es durchaus Lichtblicke: Laut Daten von Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, sind bei jungen, neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Arbeitnehmern die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern deutlich niedriger als bei denen, die schon länger im Berufsleben stehen.

Auch bei der Kapitalanlage scheint ein Umdenken stattzufinden, wie ein Beispiel aus Deutschland zeigt: So haben sich im Jahr 2022 in Deutschland mehr Frauen (482.000) als Männer (338.000) dazu entschieden, mit dem Aktiensparen zu beginnen, berichtet das Deutsche Aktieninstitut. (Bettina Pfluger, 8.3.2023)