Die EU-Staaten werden in den kommenden Wochen die unter gemeinsamer EU-Flagge versprochenen Lieferungen von schweren Waffen und Munition an die Ukraine verstärken. Zur Verteidigung gegen russische Angriffe auf Städte im Osten des Landes braucht die Regierung in Kiew im Moment vor allem zwei Dinge: Artilleriegranaten des Kalibers 155 Millimeter, wie der Außenbeauftragte Josep Borrell beim Treffen der Verteidigungsminister am Mittwoch in Stockholm betonte. Und – ebenso wichtig – Raketenabwehrsysteme.

Die Lieferung ist aber schwierig. Europas Rüstungsindustrie produziert viel weniger, als die Ukraine brauchen würde. Noch im März soll es daher zu Produktionsaufträgen kommen, die aus dem gemeinsamen EU-Budget der Friedensfazilität finanziert werden sollen, koordiniert nicht zuletzt, um die Preise niedrig zu halten.

Josep Borrell mit Schwedens Verteidigungsminister Pal Jonsson in Stockhlm.
Foto: Epa/Olsson

Tanner vor Ort

Daneben werden die Trainingsprogramme für ukrainische Soldaten in mehreren EU-Staaten fortgesetzt. Bisher wurden 11.000 Männer und Frauen ausgebildet, bis Jahresende sollen es insgesamt 30.000 Soldaten sein.

Aus der Ukraine reiste Verteidigungsminister Oleksij Resnikow an. Österreich war durch Klaudia Tanner vertreten. Die EU-Ministerinnen und -Minister nutzen ihre Zusammenkunft zu einem Gedankenaustausch sowohl zur aktuellen militärischen Lage in der Ukraine als auch zur mittelfristigen Strategie.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Militärausschusses der Europäischen Union – General Robert Brieger, ein Österreicher – versuche die russische Armee im Moment, Geländegewinne um jeden Preis zu erzielen. Dies geschehe im Wortsinn ohne Rücksicht auf Verluste an Soldaten, mit Infanterie. Dem gegenüber stehe eine ukrainische Armee, die zahlenmäßig kleiner, aber besser ausgebildet ist.

Exemplarisch dafür steht Bachmut. Laut Lageberichten der EU und aus Kiew ist die Stadt inzwischen praktisch total zerstört, "eine Ruine", was den Verteidigern aber auch Vorteile biete. Sie gewinnen Zeit, binden russische Kräfte. Diese Zeit soll genutzt werden für eine effiziente Umstrukturierung der ukrainischen Verbände bzw. den Aufbau von Munitionslagern.

Bangen um Getreidedeal

Unterdessen besuchte UN-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew, um über eine Verlängerung des Getreideabkommens zu reden, das am 19. März ausläuft. Der Deal zwischen der Ukraine und Russland ermöglicht die Ausfuhr ukrainischen Getreides. Moskau fordert für sein Ja das Ende von Sanktionen, die russische Exporte behindern. Guterres unterstrich in Kiew die Bedeutung des Deals für die globale Ernährungssicherheit. (Thomas Mayer aus Stockholm, 9.3.2023)