Die gebürtige Tschechin soll ihrem Mann Antidepressiva ins Essen gemischt haben, um ihn müde zu machen.

Foto: APA/KERSTIN SCHELLER

Ried im Innkreis – Am Freitag ist eine 32-Jährige in Ried im Innkreis vor Gericht gestanden, weil sie erst ihren Mann mit Antidepressiva müde gemacht und dem Schlafenden anschließend mit einem Cuttermesser einen Schnitt in den Hals zugefügt haben soll. Die Staatsanwältin sprach von einem geplanten Mord, nur durch Zufall habe das Opfer überlebt. Der Verteidiger hingegen plädierte für einen Freispruch, seine Mandantin sei unschuldig, vielmehr wolle sie ihre Tochter schützen, die die Tat eigentlich begangen habe.

Medikamente in Blutprobe gefunden

Die damals 13-jährige Tochter des Paares will in der Nacht auf den 3. August eine Auseinandersetzung ihrer Eltern gehört haben. Als sie später den verletzten Vater sah, rief sie die Rettung. Beim Eintreffen der Polizei leistete die Mutter erste Hilfe. Laut der Staatsanwältin habe die Mutter gestanden, wegen aufgestauter Wut und Zorn aufgrund langjähriger Eheprobleme die Tat begangen zu haben. Offiziell trennte sich das Paar im September 2021, der Mann zog aus. Doch einige Monate später kam er zurück, da sie sich nicht in der psychischen Verfassung sah, die vier gemeinsamen Kinder allein zu erziehen und gleichzeitig arbeiten zu gehen, meinte die Angeklagte.

Am Tatabend soll die Angeklagte laut Staatsanwältin die Medizin ins Gulasch gegeben haben, worauf der Mann nach dem Essen erst auf der Couch einschlief und später ins Bett ging. Auch in der Blutprobe des späteren Opfers wurden Spuren der Medikamente festgestellt, hielt die Anklagebehörde fest.

Anwalt: "Larifari-Aussagen" kein "eindeutiges Geständnis"

Der Verteidiger strich hervor, dass seine Mandantin bei den Einvernahmen gesagt habe, sie könne sich nicht erinnern, aber sie denke nicht, dass sie ihn töten wollte. Daher gehe sie davon aus, "es nicht gewesen zu sein". Die 32-Jährige erklärte sich auch für nicht schuldig. Der Verteidiger meinte, dass "im Akt Sachen übersehen wurden" und verwies auf unterschiedliche Wahrnehmungen von Polizisten am Tatort. Ein Beamter meinte, die Frau habe beeinträchtigt und sehr müde gewirkt. Einmal habe sie von zwei Stichen am Hals gesprochen. Tatsächlich habe es sich aber um einen 18 Zentimeter langen eher "oberflächlichen Schnitt" gehandelt, so der Verteidiger.

Ihre "Larifari-Aussagen" seien für den Rechtsvertreter kein "eindeutiges Geständnis": "Der schnellste ist nicht immer der richtige Weg", hielt er fest. Er vermutet sogar einen "Irrweg", denn er habe den Eindruck, dass die Frau eine Familienangehörige schützen wolle – und dafür ihr eigenes Leben aufgebe. Die 13-jährige Tochter habe jedenfalls ihren Vater "gehasst", sagte die Angeklagte unter Tränen. Die Tochter sei es gewesen.

Opfer weiß nicht, wer es war

Das Opfer, das erst kurz bevor es in den Zeugenstand trat, erfuhr, dass seine Frau nun offenbar das gemeinsame Kind der Tat bezichtigt, meinte darauf: Bisher sei die Angeklagte mit ihren "Lügengeschichten" – etwa über unzählige lebensbedrohlichen Krankheiten – immer durchgekommen, habe immer Geld von Bekannten geliehen bekommen. Aber: "Verantwortung hat sie noch nie übernommen", sagte er zum Gericht. Nun schiebe sie diese der Tochter zu, die zum Zeitpunkt der Tat noch nicht strafmündig war. Damit habe die inzwischen 14-Jährige nichts für ihr künftiges Leben zu befürchten. Außer, dass sie inzwischen stationär im einem Krankenhaus wegen psychischer Probleme behandelt werde, merkte der Vater an. Grund sei laut ihm das schlechte Mutter-Tochter-Verhältnis.

Wer ihm in der Tatnacht "die Kehle durchgeschnitten hat", konnte der Zeuge nicht sagen. Als er den Schnitt bemerkte, habe er im Dunklen nur eine Gestalt "weghuschen gesehen und schnaufen gehört", erinnerte er sich. Als der Verletzte auf dem Weg ins Wohnzimmer seine Frau fragte, warum sie das gemacht habe, soll sie mit "nassen Augen" gesagt haben: "Ich war es nicht, ich will nicht, dass du stirbst." Die Tatwaffe, wohl ein Cuttermesser, wurde bisher nicht gefunden.

In der kontradiktatorischen Einvernahme, deren Videoaufzeichnung vor Gericht gezeigt wurde, berichtete die Tochter von einem normalen Verhältnis zu beiden Elternteilen. Am Tatabend hätte man gemeinsam zu Abend gegessen, später sei der Vater "nach unten" ins Schlafzimmer gegangen. Sie hätte Handy gespielt, ihre Mutter sei später aus dem Raum gegangen. Dann sei "es eh passiert", sagte sie.

Sie habe "den Papa schreien gehört", danach sah sie, wie die Mutter den Vater, der auf der Stiege zum Erdgeschoss war, zurück ins Bett gelegt habe. Als das Mädchen nach unten ging, sei ihr "vom vielen Blut schlecht geworden". Daher sei sie in den ersten Stock zu ihren schlafenden Geschwistern gegangen. Davor habe sie noch die Rettung gerufen, "weil es die Mama gesagt hat".

Hauptschlagader knapp nicht getroffen

Der behandelnde Arzt aus dem Klinikum Passau, in das der Schwerverletzte in der Nacht eingeliefert wurde, sprach zwar von keinen lebensgefährlichen Verletzungen. Aber wäre der Schnitt "einen Millimeter tiefer" gegangen, wäre die Hauptschlagader getroffen worden. Letztendlich sei die Wunde noch in der Nacht "unter Vollnarkose versorgt worden".

Am Ende des ersten von zwei Verhandlungstagen stellte die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner klar, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der Tag zurechnungsfähig gewesen sei. "Es liegt keine schwerwiegende körperliche oder psychische Beeinträchtigung vor." Ihr depressiver Erschöpfungszustand konnte mit Medikamenten, die "nicht einmal die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen" würden, gut behandelt werden. Bei einem gesunden Menschen – wie es das Opfer am Tatabend war – würden die Arzneien aber durchaus zu Müdigkeit und Erschöpfung führen.

Auch eine nachhaltige schwere seelische Störung sei nicht erkennbar, eher eine "Akzentuierung". So attestierte sie der Angeklagten eine gewisse "Bindungsstörung" aufgrund ihrer familiären Vorgeschichte. Deren Mutter kümmerte sich mehr um sich als um die neun Kinder. Die "wechselnde Nähe zur Wahrheit" könnte auch damit zusammenhängen, dass sie erhöhte Aufmerksamkeit und Anerkennung suche, meinte Kastner. Selbstkritik sei bei ihr "nicht sehr ausgeprägt".

Darauf angesprochen, warum die Angeklagte im Prozess die Schuld von sich wies, erklärte die Psychiaterin: "Das könnten durchaus prozesstaktische Überlegungen sein, um die für sich günstigste Variante zu erzielen." Um quasi "ihre eigene Haut zu retten, die Tochter zu opfern" – wie es die Staatsanwältin formulierte – bezeichnete die Gutachterin als ein "extrem egozentrisches Verhalten", das im vorliegenden Fall aber "eine Frage der Beweismittel" sei.

Der Prozess soll am Dienstag fortgesetzt werden. Dann ist auch ein Urteil geplant. (APA, red, 10.3.2023)