Recep Tayyip Erdoğan ist seit 2014 Präsident der Türkei, zuvor war er elf Jahre lang Ministerpräsident.

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Die türkischen Präsidenten- und Parlamentswahlen finden am 14. Mai statt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan teilte am Freitag mit, dass er ein entsprechendes Dekret zur Vorverlegung der Urnengänge unterschrieben habe. Das Dokument werde am Samstag veröffentlicht. Die Verlegung wird offiziell, wenn die Wahlbehörde YSK die Entscheidung bestätigt. Erdoğan will sich bei dem Urnengang um eine weitere Amtszeit bewerben. Umfragen zufolge muss er um seine Wiederwahl bangen.

Die Wahlen hätten eigentlich im Juni stattfinden sollen, doch brachte Erdoğan bereits im Jänner eine Vorverlegung ins Spiel. Nach dem verheerenden Erdbeben im Februar wurde über eine Verschiebung spekuliert. Erdoğan sagte nun, dass es wegen des Erdbebens keine Zeit zu verlieren gebe.

Erdoğan-Umfragewerte im Tief

Als weitere Gründe für die Vorverlegung nannte er etwa zeitliche Kollision mit der Hauptpilgerzeit für Muslime nach Mekka und mit Examen in Universitäten. Beobachter gehen aber auch davon aus, dass Erdoğan die Wahl vorzieht, damit Wahlgeschenke wie etwa die Verdopplung des Mindestlohns vor dem Hintergrund der starken Inflation nicht verfliegen. Seit den schweren Erdbeben muss sich die Regierung zudem scharfer Kritik am ihrem Krisenmanagement stellen.

Für den seit 20 Jahren regierenden Erdoğan dürfte die Abstimmung nicht nur vor dem Hintergrund der Erdbebenfolgen die herausforderndste seiner Karriere werden. Seine Umfragewerte stecken bereits seit längerem in einem Tief. Gleichzeitig können aber auch die einzelnen Oppositionsparteien keine deutliche Mehrheit auf sich vereinen.

Herausforderer Kılıçdaroğlu

Ein Herausforderer steht bereits fest: Kemal Kılıçdaroğlu von der stimmenstärksten Oppositionspartei CHP geht als gemeinsamer Kandidat eines Bündnisses aus sechs Partei ins Rennen.

Im Anschluss an das Präsidialdekret veröffentlicht die Wahlbehörde einen Zeitplan für die Zeit vor der Abstimmung. In den von den Erdbeben betroffenen Regionen werde derzeit die Infrastruktur bewertet, sagte Mehmet Rüştü Tiryaki, YSK-Mitglied der prokurdischen Partei HDP der dpa.

Laut Regierungsangaben wurden durch die Beben 230 000 Gebäude zerstört oder unnutzbar. Mehr als drei Millionen Menschen seien aus der Region evakuiert worden, mindestens 1,5 Millionen lebten in Zelten. Dort sollten etwa Schulhöfe für die Wahl genutzt werden, so Tiryaki.

Die HDP, derzeit zweitstärkste Oppositionspartei im Parlament, gehört dem Bündnis nicht an, hat aber in Aussicht gestellt, Kılıçdaroğlu ebenfalls zu unterstützen. In der Vergangenheit waren es etwa die Stimmen der mehrheitlich kurdischen Wähler der Partei, die über Sieg oder Niederlage entschieden. (APA, red, 10.3.2023)