Der Aufenthalt am Wasser macht uns automatisch fröhlicher und entspannter. Kein Wunder, man muss dieses Bild vom Attersee nur anschauen und fühlt sich gleich besser.

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Der regelmäßige Aufenthalt in der Natur tut Körper und Geist gut, das zeigen Studien schon seit den 1980er-Jahren. Puls und Blutdruck gehen nach unten, es werden weniger Stress- und mehr Glückshormone produziert, was zu besserem Schlaf, höherer Leistungsfähigkeit und Kreativität sowie mehr Ausgeglichenheit führt. Kinder und Jugendliche profitieren ebenso, denn ihre schulischen Leistungen werden besser, sie arbeiten konzentrierter, das Spielen im Freien mit anderen verbessert ihre soziale Kompetenz.

Allerdings fokussiert sich der überwiegende Teil dieser Untersuchungen auf die grüne Natur, also den Aufenthalt im Wald oder im Park. Immer mehr jüngere Untersuchungen liefern nun Hinweise, dass am Meer oder an der Küste, an einem See oder Fluss verbrachte Zeit dem Körper noch mehr physischen und psychischen Benefit bringen kann.

Frühe Hinweise stammen bereits aus dem Jahr 2013, aus einer Studie der London School of Economics und der Universität of Sussex . Die Forschenden Susana Mourato und George Mackerron suchten sich mehr als 20.000 Personen aus Großbritannien, die sich freiwillig eine App auf ihr Smartphone herunterluden. Sie fragten die Probanden zu zufällig ausgewählten Zeiten, wie sie sich gerade fühlten. Die Forschenden erhielten insgesamt mehr als eine Million Antworten, und da sie die GPS-Daten der Probanden auswerten durften, fanden sie heraus, dass jene durchgehend fröhlicher waren, die sich gerade in der Natur befanden und nicht in der Stadt.

Deutlich höherer Fröhlichkeits-Index

Doch die mit Abstand am meisten mit positiven Emotionen verbundenen Antworten erhielten die Forscher von den Probanden, die sich am Meer oder an der Küste aufhielten. Beim Aufenthalt im Grünen stieg der Fröhlichkeits-Index gegenüber der Stadt um zwei bis drei Punkte, in der Nähe von einem Gewässer war er gleich um sechs Punkte höher als im urbanen Raum.

Die Forscher Michail Georgiou und Sebastien Chastin von der Glasgow Caledonian University in England untersuchten 2021 in ihrer Meta-Analyse alle relevanten Studien zum Thema, die sich mit dem Einfluss von Gewässern auf die Gesundheit befassen, und kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass ein Leben nahe einem Gewässer die körperliche Aktivität erhöht, Stress und Angst senkt und gleichzeitig die Stimmung hebt. Menschen, die in der Nähe eines Gewässers leben, zeigten demnach ein niedrigeres Risiko, vorzeitig zu sterben, hatten weniger häufig Übergewicht und berichteten generell über ein besseres Gesundheitsgefühl.

Andere größere Untersuchungen wie vom internationalen europäischen Forscherkonsortium Blue Health kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie erforschten für die Europäische Union von 2016 bis Ende 2020 in 18 europäischen Ländern und mit über 18.000 Befragten die Auswirkungen von städtischen Wasserstraßen und anderen Gewässern auf die Gesundheit der Bewohner und fanden heraus, dass sich die Leute umso besser fühlten, je öfter sie sich am Wasser aufhielten. Sie empfehlen Städteplanern deshalb, ihren Bürgern einen einfachen und ansprechenden Zugang zu Gewässern im städtischen Umfeld zu ermöglichen, um den besonders auf Bewohner von urbanen Gegenden lastenden mentalen Stress in der Freizeit abzupuffern.

Am Strand aufrollende Wellen

Der Grund für den Zusammenhang ist noch nicht klar. Möglicherweise, so vermuten einige Forschende, hat der Mensch eine tief verwurzelte evolutionäre Bindung zum Wasser. Auch seien im Vergleich zu einem Besuch im Grünen bei einem Aufenthalt am Wasser viel mehr Veränderungen zu beobachten, wie Ebbe und Flut, am Strand aufrollende Wellen oder das Glitzern der Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche. Neben dieser ständigen Bewegung gibt es auch Veränderungen in der Geräuschkulisse und im Lichtspiel, was man im Wald oder im Park so nicht erlebt. Das erzeuge eine Faszination, die unsere Aufmerksamkeit von den Problemen und Gedanken des Alltags weglenke. Zudem beruhige die oftmals blaue Farbe des Wassers. Hinzu kommt, dass Umgebungen mit Wasser vielfältige Möglichkeiten bieten, sich zu beschäftigen, wie im Sand zu spielen, zu schwimmen oder Paddling zu betreiben.

Um die Benefits am Wasser zu erfahren, braucht es jedoch keine weit entfernte und exotische Insel oder einen Urlaub für mehrere Wochen am Meer. Viel wichtiger für das Erleben sei es, sagen die Forschenden, wie stark man sich auf den Ort einlässt, sich dort wohl und damit verbunden fühlt. Der Aufenthalt mit der Familie am Wasser, gemeinsames Spielen mit den Kindern, einfach mal ein wenig relaxen in der Sonne, ein ausgedehnter Spaziergang am See oder entlang eines Flusslaufs oder auch Paddling auf dem Wasser könne selbst auf einem kleinen See ganz in der Nähe oder im Schwimmbad und nur für einen Tag die gleiche positive Wirkung hervorrufen. (Andreas Grote, 12.3.2023)