Gary Lineker gab am Samstag keine Stellungnahme ab.

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London – Der Führung der BBC fällt ihre Disziplinarmaßnahme gegen Fußballmoderator Gary Lineker auf den Kopf. Nachdem der Ex-Profi wegen eines Tweets, in dem er die Sprache der harschen geplanten Einwanderungsbestimmungen der britischen Regierung mit dem Deutschland der 1930er verglich, von der Highlightsendung "Match of the Day" abgezogen wurde, verweigern zahlreiche Kollegen die Arbeit rund um den Premier-League-Spieltag.

Den Anfang machten Linekers "MotD"-Kollegen Ian Wright und Alan Shearer schon am Freitag, der Rest der Studio-Expertenrunde und zahlreiche Highlight-Kommentatoren kündigten wenig später an, nicht bei der Sendung am Samstag mitzuarbeiten. Die BBC gab bekannt, die Show werde sich nun ohne Studioprogramm auf die "Match-Action" konzentrieren. Die Sendungen Football Focus, Final Score und Fighting Talk mussten komplett aus dem Programm genommen werden, nachdem ihre Moderatoren aus Solidarität mit Lineker die Arbeit verweigert hatten.

Die BBC hat sich am Samstag für die infolge der Suspendierung von TV-Moderator Gary Lineker entstandenen Lücken in der Fußballberichterstattung entschuldigt. "Wir arbeiten hart an einer Lösung für die Situation und hoffen, dass es bald klappt", hieß es in einer Mitteilung am Samstagnachmittag.

Regierungskritik

Als Grund für Linekers erzwungenes Aussetzen hatte die BBC ihre Unparteilichkeits-Bestimmungen angeführt. "Dies ist eine unermesslich grausame Politik, die sich gegen die am stärksten gefährdeten Menschen richtet, in einer Sprache, die der von Deutschland in den 1930er Jahren nicht unähnlich ist", hatte Lineker am Dienstag getwittert. Laut dem Sender solle der 62-Jährige erst wieder auf Sendung, wenn man sich auf eine Position bezüglich seiner Nutzung sozialer Medien geeinigt habe.

Laut Medienberichten soll Liverpool-Trainer Jürgen Klopp planen, der BBC-Sendung das nach dem Spiel übliche Interview zu verweigern. Etwaigen Spielerboykotts kam der Sender zuvor: Die Spielergewerkschaft PFA gab bekannt, dass die Spieler informiert wurden, dass sie nach den Spielen am Samstag nicht zum Interview für "Match of the Day" gebeten werden.

Solidarisierung

Die Causa schlägt über die Fußballwelt hinaus Wellen. Der britische Musiker Fatboy Slim blendete bei einem Auftritt ein Foto Linekers ein und twitterte "IMWithGary". "Die BBC hat sich in ein Schlamassel manövriert", sagte Lucy Powell, die Labour-Schattenministerin für Kultur.

Kritisiert wird vor allem der BBC-Vorsitzende Richard Sharp. Der Ex-Banker war bei Goldman Sachs der Chef des britischen Premierministers Rishi Sunak und spendete 400.000 Pfund an die konservative Partei. Zudem fädelte er einen 800.000-Pfund-Kredit für den damaligen Premierminister Boris Johnson ein, während er sich um den BBC-Chefposten bewarb. Nun beharrt er streng auf die "Überparteilichkeit" der von ihm geführten Sendergruppe.

Im Sender selbst, der gewöhnlich auch in eigener Sache hart berichtet, sorgte die Debatte einstweilen für fast bizarre Szenen. Der Sender BBC News musste in seiner Nachrichtensendung erklären, man habe die BBC um eine Stellungnahme gebeten, aber bisher keine erhalten. Später teilte ein Sprecher mit, man arbeite "mit Hochdruck an einer Lösung der Situation".

Premierminister Rishi Sunak meldete sich am Samstagabend in der Sache zu Wort. Er hoffe, dass die "aktuelle Situation zwischen Gary Lineker und der BBC zeitnah gelöst werden kann". Die Regierung spiele dabei keine Rolle, betonte er. Seine Asylpolitik verteidigte Sunak jedoch. Es gehe darum, die gefährlichen Überfahrten mit kleinen Booten am Ärmelkanal zu stoppen. "Das ist nicht nur fair und moralisch richtig, sondern auch mitmenschlich das Richtige", sagte Sunak einer Mitteilung zufolge. (Martin Schauhuber, APA, 11.3.2023)